Premier Liga News: Spartak Moskau nach Tedesco-Abgang mit zähem Machtkampf

Nach Tedesco-Abgang: Versinkt Spartak Moskau im Chaos?

Acht Spiele, fünf Niederlagen: Spartak Moskau hat unter Trainer Rui Vitoria einen enttäuschenden Start hingelegt. Dabei ist das nicht einmal das größte Problem.
Image: Spartak Moskau hat unter Trainer Rui Vitoria einen enttäuschenden Start hingelegt. Dabei ist das nicht einmal das größte Problem.  © Imago

In der russischen Liga sind gerade einmal sechs Spieltage absolviert, doch für Spartak Moskau sieht es in sportlicher Hinsicht nicht gut aus. Die Ursachen für den enttäuschenden Start liegen dabei jedoch nicht nur auf dem Platz, denn auch abseits des Feldes scheint es beim russischen Rekordmeister aktuell drunter und drüber zu gehen. Eine Spurensuche.

Als Ex-Schalke-Coach Domenico Tedesco im Oktober 2019 das Traineramt übernahm, stand Spartak - weit hinter den eigenen Ansprüchen - auf dem zwölften Rang der Liga. Es musste sich schleunigst etwas verändern. Denn immerhin konnte man sich noch zwei Jahre zuvor als russischer Meister krönen und nahm in den Jahren darauf an der Champions sowie der Europa League teil - eben bis zur verkorksten Saison 2019/20.

Tedesco konnte den zehnmaligen Meister bis zum Ende der Spielzeit immerhin noch auf den siebten Platz hieven und damit Schlimmeres verhindern. Schnell war dabei bereits zu erkennen: Tedesco brachte einen neuen Schwung in die Mannschaft. Die Hoffnung kehrte zurück in den Nordwesten Moskaus.

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Erik Stoffelshaus, ehemaliger Sportdirektor von Lokomotive Moskau, über die Transferperiode in Russland. (Videolänge: 5:53 Minuten)

"Es sind die kleinen Dinge, die zu positiven Veränderungen führen"

Denn der 35-Jährige zeigte sich geduldig und setzte auf kleinschrittige Veränderungen. Er wollte neue Strukturen in die Abläufe des Vereins bringen und der Mannschaft so wieder neues Leben einhauchen: "Auf den ersten Blick waren es eher banale Dinge. Wann trifft man sich auf dem Vereinsgelände. Dass vor dem Training gemeinsam gefrühstückt und danach gemeinsam Mittag gegessen wird. Wenn wir elf gegen elf trainieren, brauchen wir einen Schiedsrichter und zwei Linienrichter. Es sind die kleinen Dinge, die zu positiven Veränderungen führen.", berichtete der Deutsch-Italiener im vergangenen April gegenüber der SportBild.

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Damals hatte Spartak in Tedescos zweiter Saison sogar noch Chancen auf den Meistertitel. Mit vier Punkten Rückstand lagen die Rot-Weißen sechs Spieltage vor Ablauf der Spielzeit hinter Tabellenführer Zenit St. Petersburg. Am Ende blieb es beim dennoch überraschenden und eindrucksvollen zweiten Rang. Tedesco wurde für seine fast schon sensationelle Leistung sowohl vom Klub als auch von den Fans gebührend gefeiert.

Die Freude hielt jedoch nicht besonders lange. Frühzeitig gab Tedesco bekannt, seinen auslaufenden Vertrag aus familiären Gründen nicht zu verlängern. Am letzten Spieltag verabschiedete er sich dann schließlich auch auf sehr emotionaler Art und Weise auf dem Spielfeld von den Fans: "Ich bereue niemals etwas. Ich habe lange über diese Entscheidung nachgedacht. Es fällt mir sehr schwer, den Klub zu verlassen, weil wir viel aufgebaut haben. Ich liebe Spartak!"

Machtkampf in der Führungsetage

Wie sehr der Abgang Tedescos Spartak tatsächlich schmerzen sollte, lässt sich mit Blick auf das Hier und Jetzt erkennen: Nach der Vizemeisterschaft läuft es bei den Moskauern nicht nur fußballerisch drunter und drüber. Auch in der Führungsetage bahnt sich derzeit ein handfester Machtkampf an. Spartak hat vor wenigen Tagen die Verpflichtung des belgischen Innenverteidigers Maximiliano Caufriez bekanntgegeben. Die Moskauer konnten den 24-Jährigen für eine Ablösesumme von 2,5 Millionen Euro nach Russland holen. Ein scheinbar ganz normaler Transfer, oder?

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Nicht wirklich, denn infolge des Transfers spielte sich eine kuriose Szene ab. Spartak-Geschäftsführer Evgeniy Melezhikov kommentierte die Verpflichtung wie folgt: "Vielleicht war das ein Fehler, aber wir sollten uns jetzt nicht selbst fertigmachen. Ja, er hat weniger Qualität als Sam (Samuel Gigot, französischer Abwehrspieler bei Spartak, Anm. d. Red.), aber warten wir es ab".

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Melezhikov scheint offensichtlich nicht wirklich angetan und überzeugt von dem Transfer zu sein. Dieser vermeintlich kleine Kommentar spiegelt aber zum Leidwesen aller Spartak-Fans das aktuelle Bild des russischen Erstligisten durchaus passend wider. Klubbesitzer Leonid Fedun hatte in der Vergangenheit immer wieder Transfers blockiert und auf der anderen Seite Dinge im Alleingang durchgezogen, ohne sich mit den eigentlichen Zuständigen abzusprechen.

Drei Entlassungen innerhalb von zwei Jahren

Besonders mit dem mittlerweile ehemaligen Sportdirektor Dmitri Popov kam Fedun einfach nicht auf einen gemeinsamen Nenner - oder wollte es schlichtweg nicht. So soll Popov im Sommer beispielsweise mit einem Kauf des argentinischen Außenverteidigers Gonzalo Montiel geplant haben, doch Fedun lehnte das Vorhaben kurzerhand ab. Kein Einzelfall in der Direktion Spartaks. Die Konsequenz: Montiel läuft mittlerweile im Dress des FC Sevilla auf und Sportdirektor Popov verkündete vor wenigen Wochen seinen Abschied bei den Moskauern.

Klubbesitzer Leonid Fedun.
Image: Klubbesitzer Leonid Fedun.  © Imago

Der 54-Jährige war damit bereits der dritte Sportdirektor innerhalb von zwei Jahren, der den Verein verließ. Zuvor wurde Shamil Gazivov nach nur fünf Monaten im Amt entlassen und auch Ex-Sportdirektor Tomas Zorn gab nach nur etwas mehr als einem Jahr seinen Posten ab. Dabei ist die Lage brenzliger als sie womöglich im ersten Moment scheint. Denn eine weitere wichtige Personalie kommt neben Fedun an dieser Stelle ins Spiel.

Klubbesitzer-Frau zieht wohl Fäden im Hintergrund

Ein Nachfolger für das Amt des Sportdirektors wurde bislang immer noch nicht vorgestellt, was womöglich daran liegen könnte, dass die Ehefrau des genannten Klubbesitzers offenbar selbst seit längerer Zeit zusammen mit ihrem Berater Franco Camozzi im Hintergrund die Fäden bei Spartak zieht. Zarema Salikhova heißt die gute Dame, die ebenfalls jüngst den umstrittenen Transfer von Caufriez eingefädelt und abgeschlossen haben soll.

Leonid Fedun und seine Frau Zarema Salikhova.
Image: Leonid Fedun und seine Frau Zarema Salikhova.  © Imago

Salikhova soll Ex-Sportdirektor Popov vor seinem Abgang im Sommer dazu geraten haben, Victor Moses zu verkaufen. Der eigentliche Plan lautete, Moses nach Ablauf seiner Leihe vom FC Chelsea fest zu verpflichten, um die Mannschaft zu verstärken. Das bestätigte der Spartak-Pressesprecher Yaroslav Kulemin gegenüber der russischen Nachrichtenagentur TASS bereits im vergangenen Mai.

Es bestand ohnehin eine Kaufpflicht für Moses, wenn der Klub am Ende der Saison unter den drei besten russischen Vereinen landen sollte - was letztendlich unter Tedesco bekanntermaßen auch gelang. Salikhova schien dennoch nicht dem Offensivspieler zu planen und wollte ihn sofort weiterreichen. Am Ende konnte sich jPopov edoch trotzdem durchsetzen und einen Verkauf Moses' verhindern.

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Salikhova spricht sich gegen Trainer aus

Und apropos Moses: Der Ex-Chelsea-Star ist neben dem bereits angesprochenen Caufriez der bislang einzige "Neuzugang" in diesem Sommer. Auf der anderen Seite verließen acht Spieler den Verein - darunter auch der bei der Euro durchaus auffällige Tscheche Alex Kral, der fortan leihweise für West Ham United in der Premier League auflaufen wird. Das Transferfenster ist in Russland noch bis zum kommenden Dienstag geöffnet. Falls sich aus Sicht Spartaks in sportlicher Hinsicht schnell etwas verbessern soll, werden die Verantwortlichen bis dahin noch einmal schleunigst aktiv werden müssen.

Denn in acht Spielen hat Tedesco-Nachfolger Rui Vitoria erst zwei Siege mit seiner Mannschaft holen können. Auf der anderen Seite stehen fünf Niederlagen zu Buche. Darunter auch das Ausscheiden in der Champions-League-Qualifikation gegen Vitorias ehemaligen Verein Benfica. Der portugiesische Trainer hatte dabei auch abgesehen vom schwachen Saisonbeginn keinen guten Start bei Moskau. Noch vor seiner Anstellung im Juni hatte sich Salikhova öffentlich gegen ihn ausgesprochen und Vitoria fehlende Charakterstärke attestiert.

Acht Spiele, fünf Niederlagen: Spartak Moskau hat unter Trainer Rui Vitoria einen enttäuschenden Start hingelegt.
Image: Spartak Moskau steht aktuell auf Rang Zehn der Premier Liga.  © Imago

Vitoria wohl bereits nach drei Monaten vor dem Aus

Und auch vom Trainer selbst ließ sich Salikhova in Sachen Transfers offenbar nicht reinreden. Der Portugiese soll sich seinen ehemaligen Benfica-Schützling Gabriel gewünscht haben. Zu einer Verhandlung oder geschweige denn einer Verpflichtung soll es mit dem Mittelfeldakteur nie gekommen sein.

Spartak bekleidet aktuell den zehnten Rang der Liga und die Gerüchte um eine Entlassung von Vitoria kochen nach nur drei Monaten im Amt hoch. Übrigens: Mit Paulo Fonseca (ehemals AS Rom und Shakhtar Donezk) soll Salikhova angeblich bereits einen Nachfolger im Visier haben.

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Doch selbst mit neuem Trainer und einem möglichen sportlichen Aufschwung dürfte sich die allgemeine Lage um Spartak in naher Zukunft vorerst nicht beruhigen. Die durch Tedesco entfachte Euphorie gehört bereits wieder der Vergangenheit an.

Denn die Führungsetage des Rekordmeisters liefert sich aktuell einen erbitterten Machtkampf - statt Euphorie stehen Egoismus, Ansprüche und Chaos an der Tagesordnung bei Spartak Moskau. Ganz zum Unmut Tedescos.

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