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Rafael van der Vaart zu Mario Götze, Golden Boys & der Bundesliga

Van der Vaart: "Besser für Schalke, dass keine Fans da sind"

Rafael van der Vaart spricht im exklusiven Sky Interview über Mario Götze, die Golden-Boy-Chancen für die Bundesliga-Talente und den Hamburger SV.
Image: Rafael van der Vaart spricht im exklusiven Sky Interview über Mario Götze, die Golden-Boy-Chancen für die Bundesliga-Talente und den Hamburger SV.  © Imago

Niederländer in der Bundesliga, Deutsche in der Eredivisie - das hat Tradition. Rafael van der Vaart hat in beiden Ligen gespielt und diese nach seinem Karriereende genau verfolgt. Sky Sport hat mit dem ehemaligen Oranje-Star über die beiden Wettbewerbe, den Golden Boy und den HSV gesprochen.

Sky Sport: Die Eredivisie hat in den vergangenen Jahren eine starke Entwicklung gemacht. Ajax Amsterdam schlägt sich in den letzten Jahren extrem gut in der Champions League, Talente aus den Niederlanden sind in ganz Europa begehrt. Wie schätzen Sie die niederländische Liga ein?

Rafael van der Vaart: Ich habe immer gesagt, die Eredivisie ist die perfekte Liga für junge Talente und alte Säcke, die da noch ein, zwei Jahre spielen können (lacht). Die Liga hat kein absolutes Top-Niveau. Man hat ein paar gute Mannschaften oben, aber in der unteren Tabellenhälfte sind dann auch wirklich schwache Mannschaften. Aber die Liga entwickelt sich.

In Holland erwartet man viel von ihm, hier wurden alle nervös, als es hieß: Der Weltmeister kommt. Das habe ich jetzt bestimmt 100.000 Mal gehört.
Rafael van der Vaart über Mario Götzes Wechsel zu PSV

Sky Sport: Die Ankunft von Mario Götze wurde in den niederländischen Medien regelrecht gefeiert. Was bedeutet es für die Liga, wenn sich ein namhafter Spieler wie er für PSV entscheidet?

Van der Vaart: Das ist ein gutes Zeichen, wenn Spieler wie Götze hierhin wechseln. Das hat mich sehr gefreut. Auch Davy Klaassen von Werder Bremen ist jetzt hier und wir haben ein paar deutsche Trainer dabei. Das ist gut für die Aufmerksamkeit aus Deutschland oder allgemein in der Welt. Das spricht für die Eredivisie.

Sky Sport: Glauben Sie, dass Spieler wie Götze in der Eredivisie wieder zu absoluter Top-Form finden können? Immerhin ist Götze erst 28 Jahre alt und hat noch ein paar Jahre Zeit.

Van der Vaart: Es hat mich ehrlich gesagt ein wenig gewundert, dass Götze noch so jung ist. Ich dachte, er wäre schon ein wenig älter, aber das ist gut für ihn. Er sieht zudem topfit aus. Sein erstes Spiel war ordentlich, er hat direkt ein Tor gemacht. Man hat gemerkt, dass er schon eine Menge Erfahrung hat. Er ist ruhig am Ball, hat eine gute Übersicht und ist passsicher. In Holland erwartet man viel von ihm, hier wurden alle nervös, als es hieß: Der Weltmeister kommt. Das habe ich jetzt bestimmt 100.000 Mal gehört. Aber man darf auch nicht übertreiben. Er hat lange nicht wirklich gespielt. Das letzte Mal, dass er bei einer Mannschaft wirklich dominiert hat, war seine erste Phase bei Dortmund. Danach war er eigentlich nie Stammspieler. Das Tor 2014 war super für Deutschland, aber er hat danach nicht mehr so viel zu Stande gebracht. Ich hoffe für ihn, dass PSV der richtige Verein ist, um nochmal auf ein Top-Level zu kommen.

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Sky Sport: Kann es unter Umständen nach seinen zwei Jahren bei PSV nochmal für eine ganz große Mannschaft reichen?

Van der Vaart: PSV ist für mich schon eine große Mannschaft, die jetzt gut zu ihm passt. Man darf nicht an morgen denken. Es ist ein sehr langer Weg, vor allem wenn du ein paar Jahre nicht mehr richtig gespielt hast. Es war gesundheitlich nicht immer top und dann tut ein Neuanfang vielleicht einfach gut. Auch die Entscheidung, aus Deutschland wegzugehen, tut ihm bestimmt gut. In Holland kann er einfach Mario sein. Und nicht Götze, der vor ein paar Jahren dieses wichtige Tor gemacht hat.

Sky Sport: So viel zu den Deutschen in der Eredivisie. Wie sieht es mit den Niederländern in der Bundesliga aus? Früher spielten große Namen wie Arjen Robben, Ruud van Nistelrooy oder Mark van Bommel in Deutschland. Solche Stars fehlen momentan. Wie kommt es, dass Spieler wie Frenkie de Jong oder Sergino Dest sich nicht mehr für Deutschland entscheiden?

Van der Vaart: Schwierige Frage. Ich persönlich fand immer, dass Spieler wie Frenkie de Jong oder Donny van de Beek mit ihrer Spielweise gut in die Liga und perfekt zum FC Bayern passen würden. Aber die Bayern haben ihren eigenen Weg gefunden, der funktioniert. Sie geben mittlerweile auch jungen Spielern eine Chance und haben Erfolg damit. Und bei allem Respekt, Dortmund ist dann schon nicht mehr der absolute Traumverein, für viele Spieler. Die gehen dann lieber zum FC Barcelona, Manchester United oder Chelsea.

Sky Sport: Warum haben Sie sich damals für die Bundesliga entschieden? Es gab ja sicher auch andere Möglichkeiten.

Van der Vaart: Ich wollte auch nicht unbedingt nach Deutschland. Aber dann ist der Hamburger SV auf mich zugekommen und ich hatte ein sehr gutes Gefühl. Im Nachhinein war das wohl die beste Entscheidung ever. Deshalb ist es ist es schade, dass nicht mehr so viele holländische Top-Spieler in die Bundesliga gehen. Ich glaube, dass man in Deutschland sehr gute Erfahrungen machen kann.

Ich glaube, im Moment ist es für Schalke sogar besser, dass keine Fans da sind!
Rafael van der Vaart vor dem Revierderby

Sky Sport: Als Sie sich für die Bundesliga entschieden haben, gehörten Sie zu den Top-Talenten in Europa. Zwei Jahre vor dem Wechsel wurden Sie zum ersten Golden Boy gewählt. Nach der letzten Kandidaten-Kürzung in diesem Jahr sind noch drei Bundesliga-Youngster dabei. Erling Haaland, Jadon Sancho und Alphonso Davies. Hat einer von ihnen die Chance auf diesen Award?

Van der Vaart: Auf jeden Fall! Ich habe zwar gerade nicht alle Nominierten im Kopf, aber wenn man sich die drei Spieler anguckt, haben sie das Potenzial dazu unbedingt. Erling Haaland schießt beinahe jedes Spiel ein Tor, das ist ganz stark. Er muss nur auf dem Boden bleiben und darf nicht abheben. Immer weiter arbeiten und Tore für die Mannschaft schießen. Jadon Sancho ist technisch super und unfassbar schnell, das ist so wichtig mittlerweile. Er läuft die 100 Meter gefühlt in sechs Sekunden. Genau wie Alphonso Davies. Alles überragende, junge Spieler.

Sky Sport: Die beiden Dortmunder Youngster mussten in der Champions League gegen Lazio Rom zum Auftakt eine Pleite hinnehmen. Allgemein tut sich der BVB in der aktuellen Saison noch schwer. Könnte der BVB auch im Derby gegen Schalke am Samstag (18:30 Uhr live und exklusiv auf Sky Sport 1 HD) Probleme bekommen?

Van der Vaart: Schalke ist aktuell natürlich sehr verunsichert. Ich glaube, im Moment ist es für Schalke sogar besser, dass keine Fans da sind. Sie spielen nicht gut, auch wenn es letzte Woche schon ein wenig besser war. Aber man kennt auch kaum noch jemanden bei Schalke. Früher haben so viele große Namen dort gespielt, heute sind sie einfach nicht mehr so groß, wie früher. Ich glaube deshalb, dass das eine eindeutige Sache für den BVB wird. Ich tippe auf ein 3:1.

Beim HSV muss man ganz vorsichtig sein! Man sagt immer: 'Dieses Jahr schaffen sie den Aufstieg' - und dann verkacken sie es wieder.
Rafael van der Vaart über seinen Ex-Klub

Sky Sport: Ein anderer Klub der in den letzten Jahren eher für negative Schlagzeilen gesorgt hat, ist wieder im Aufwind. Was sagen Sie zur aktuellen Situation bei ihrem Ex-Klub Hamburg?

Van der Vaart: Beim HSV muss man ganz vorsichtig sein! Man sagt immer: 'Dieses Jahr schaffen sie den Aufstieg' - und dann verkacken sie es wieder (lacht). Aber sie haben gut angefangen und auch wieder die schwierigen Spiele gewonnen. Es gab Partien, die waren total schlecht. Am Ende hat der HSV dann trotzdem gewonnen. Das ist wichtig.

Sky Sport: Glauben Sie denn an den Aufstieg?

Van der Vaart: Wenn man sich die Konkurrenz anguckt, muss man einfach sagen: Wenn nicht dieses Jahr, dann nie wieder Bundesliga. Sie haben einige gute Spieler, der Trainer macht einen guten Eindruck, es muss dieses Jahr endlich passieren.

Sky Sport: Sie erwarten den Aufstieg beim HSV, was können wir von Ihnen in Zukunft noch erwarten?

Van der Vaart: Ich kümmere mich viel um meine Familie und arbeite regelmäßig für das holländische Fernsehen. Ab und zu bin ich auch in Deutschland im TV tätig, spiele weiterhin Darts. Mir gefällt das Leben aktuell so sehr gut. Ich mache einfach die Dinge, auf die ich Lust habe. Das habe ich immer gemacht - und das mache ich weiter.

Das Interview führte Lars Pricken

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