SC Freiburg: Ex-Trainer Robin Dutt im Interview über Erfolgsgeheimnis und Europa League

Dutt: "Freiburg Deutscher Meister? Chancen in dieser Saison etwas größer"

Robin Dutt trainierte von 2007 bis 2011 den SC Freiburg.
Image: Robin Dutt trainierte von 2007 bis 2011 den SC Freiburg.  © Imago

Für Robin Dutt ist der Höhenflug des SC Freiburg mehr als nur eine Momentaufnahme. Im Sky Interview erklärt Christian Streichs Vor-Vorgänger das Erfolgsgeheimnis der Badener.

Pokalfinalist, Europa League-Teilnahme und aktueller Tabellenführer der Bundesliga - der SC Freiburg befindet sich derzeit auf dem Höhepunkt seiner Vereinsgeschichte.

Diesen Höhepunkt erreichte der Klub mit viel Kontinuität auf dem Trainerposten. Vor Christian Streich waren nur drei weitere Coaches in der Bundesliga seit 1993 im Amt: Volker Finke, Robin Dutt und Oliver Sorg.

Bis auf Sorg können auch Streichs Vorgänger auf ein erfolgreiches Wirken im Schwarzwald zurückblicken. Robin Dutt übernahm den SC 2007 und führte den Verein aus der 2. Bundesliga innerhalb von vier Jahren ins gesicherte Mittelfeld der Bundesliga. In Deutschland folgten noch Trainerstationen bei Bayer Leverkusen, Werder Bremen und beim VfL Bochum. Darüber hinaus war Dutt als Sportdirektor des DFB und Sportvorstand beim VfB Stuttgart tätig. So lange wie in Freiburg war er jedoch nie im Amt.

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Seit 2021 trainiert der 57-Jährige den österreichischen Erstligisten Wolfsberger AC. Vor dem Duell der Freiburger mit Mönchengladbach (17:30 Uhr im LIVETICKER) erklärt er im Interview mit skysport.de erklärt er das Erfolgsgeheimnis des SC Freiburg und spricht über ein mögliches Meister-Wunder.

skysport.de: Herr Dutt, Sie waren zwischen 2007 und 2011 beim SC Freiburg als Trainer tätig. Welche drei Wörter kommen Ihnen am ehesten in den Kopf, wenn Sie an den Sport-Club denken?

Robin Dutt: Familiär, professionell, nahbar.

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skysport.de: Sie haben sich damals kontinuierlich mit dem SC Freiburg verbessert, Christian Streich arbeitet dort seit vielen Jahren erfolgreich. Was macht es für einen Trainer so besonders, im Breisgau zu arbeiten?

Dutt: Es hat ganz viel mit Vertrauen zu tun, das man in Freiburg als Trainer spürt. Und damit, wie im Umfeld gearbeitet wird. Nach Misserfolgen analysiert man gemeinsam, was es zu optimieren gilt. Ich würde es mal so formulieren: Wo anders macht ein Trainer vielleicht den Verein besser. Aber in Freiburg macht der Verein auch den Trainer besser.

Robin Dutt bei seinem Abschied aus Freiburg 2011 nach vier erfolgreichen Jahren.
Image: Robin Dutt bei seinem Abschied aus Freiburg 2011 nach vier erfolgreichen Jahren.  © Imago

skysport.de: Hat es auch viel damit zu tun, dass man in Freiburg immer auf dem Boden bleibt? Christian Streich interessiert zum Beispiel die aktuelle Tabellenführung nach eigenen Worten überhaupt nicht.

Dutt: Man kann ja vor der Bundesliga-Saison eine Tabelle nach der zu erwartenden Performance erstellen. Das heißt, aufgrund von Faktoren wie Marktwert des Kaders, zu erwartenden Einnahmen aus Sponsoring und TV-Einnahmen, Stadiongröße etc. objektiv zu beurteilen, wie der jeweilige Verein anhand dieser Zahlen abschneidet. Hier würde Freiburg im Mittelfeld rauskommen. Freiburg setzt sich letztlich einfach nur jedes Jahr das Ziel, seine zu erwartende Performance zu erfüllen. Wenn ihnen das gelingt, landen sie auf einem Mittelfeldplatz. Und wenn einer der größeren Klubs nicht voll performt, landen sie weiter oben.

"Freiburg arbeitet im Hier und Jetzt"

Der Unterschied zu manch anderen Klubs liegt darin, dass in Freiburg großer Wert auf Nachhaltigkeit gelegt wird. Wobei nachhaltig nicht heißt, dass man in Freiburg nicht auch ehrgeizig ist. Dort wird auch jeden Tag hart gearbeitet. Aber es herrscht nicht diese Aufgeregtheit wie bei anderen Klubs. Christian Streich hatte ja auch schon mal Misserfolg und ist mit Freiburg abgestiegen. Aber man hat weiter an ihm festgehalten. Anderswo kommt im Schnitt alle 14 Monate wieder ein neuer Trainer, der dann wieder eine ganz andere Philosophie als sein Vorgänger mitbringt, aber vielleicht auch keinen Erfolg hat. Es hat auch viel mit der Erwartungshaltung zu tun. Viele Traditionsklubs hängen immer noch im Gestern und der großen Historie des Klubs fest. In Freiburg arbeitet man im Hier und Jetzt.

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skysport.de: Das Hier und Jetzt heißt bei Freiburg auch Europa League. Könnte die Dreifach-Belastung für Freiburg zum Problem werden und den kurzfristigen oder nachhaltigen Erfolg gefährden?

Dutt: Ich finde es grundsätzlich immer schwierig, von einer Mehrfachbelastung zu sprechen. Man hat das ganze Jahr hart dafür gearbeitet, um in den Europacup zu kommen und sich für eine starke Saison zu belohnen. Das sollte man dann nicht als Belastung sehen. Die vergangene Saison hat es ja gezeigt: Vereine, die die Europa League positiv angehen, die sich diesem Wettbewerb voll verschreiben, die haben auch Erfolg. Eintracht Frankfurt war das beste Beispiel. Wenn man den Wettbewerb aber schon mit einem negativen Wort angeht und das Ganze als Belastung sieht, wird man auch keinen Erfolg haben. Als Trainer kann man den Rhythmus durch eine angepasste Trainingsgestaltung auch sehr gut steuern. Es wird nur zum Problem, wenn man viele Verletzte hat, weil die Spieler dann für Bundesliga und Europacup ausfallen und man weniger Alternativen zur Rotation hat.

skysport.de: Neben dem SC Freiburg begeistert derzeit mit Union Berlin auch ein zweiter kleinerer Verein Fußball-Deutschland. Teams wie Schalke, Stuttgart, Hertha oder Wolfsburg tun sich dagegen seit geraumer Zeit schwer, ein Traditionsklub wie der HSV ist nur noch zweitklassig. Hat sich in der Rangordnung etwas getan oder ist das nur eine Momentaufnahme?

Dutt: Was Freiburg angeht, ist das sicher mehr als nur eine Momentaufnahme. In der vorhin angesprochenen zu erwartenden Performance-Tabelle war Freiburg vor ein paar Jahren wahrscheinlich nur auf Rang 15. Jetzt liegen sie auf Platz sieben oder acht. Das heißt, man verbessert sich wirklich kontinuierlich. Bei Union Berlin muss man dagegen abwarten, was passiert, wenn der Erfolg mal ausbleibt. Wenn Union absteigt, hält der Verein dann auch an Urs Fischer fest, so wie es Freiburg mit Christian Streich getan hat? Diese Prüfung hat Union noch zu bestehen.

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Vincenzo Grifo imitiert bei ''Meine Geschichte'' seinen Trainer Christian Streich und beschreibt sich selbst als Klassenclown. Die komplette Sendung gibt es ab 21 Uhr auf Sky Sport Bundesliga und auch am Sonntag um 22:30 Uhr auf Sky Sport News.

skysport.de: Sie sind derzeit Trainer des Wolfsberger AC. Es ist Ihre erste Auslandsstation. Wird in Österreich anders gearbeitet als in Deutschland?

Dutt: Der Wolfsberger AC ist so ein bisschen der SC Freiburg Österreichs. Hier kommt man als Trainer wieder zurück zu seiner eigentlichen Tätigkeit als Trainer und muss sich nicht mit zu vielen Themen abseits des Platzes beschäftigen. Im ersten Jahr lief es sehr gut und es hat wieder mit der Qualifikation für den Europacup geklappt. Vor dieser Saison gab es allerdings einen großen Umbruch mit elf neuen Spielern. Deshalb war der Start etwas holprig. Es gibt in Österreich aber auch Vereine, in denen es nicht so ruhig zugeht. Nehmen wir mal Rapid Wien als Beispiel.

skysport.de: Rein theoretisch gefragt: In England gab es vor ein paar Jahren mal ein Wunder durch Leicester. Kann der SC Freiburg auch ein solches Wunder schaffen und Deutscher Meister werden?

Dutt: Das wäre schon fast mehr als ein Wunder. In Deutschland ist es ja vor etwas längerer Zeit, 1998, dem 1. FC Kaiserslautern gelungen. Aber die Chancen, dass so etwas in der Bundesliga nochmal vorkommt, sind äußerst gering. Da müsste der FC Bayern mal ein schwächeres Jahr haben, dann ist aber Borussia Dortmund da, die auf eine solche Gelegenheit nur warten. Und dahinter lauern auch noch zwei, drei andere Klubs. Vielleicht sind die Chancen in dieser Saison etwas größer, da RB Leipzig und Bayer Leverkusen schlecht gestartet sind. Aber die Chancen, dass der SC Freiburg das schafft, sind wirklich minimalst.

Mehr zum Autor Andreas Kloo