Das Ende der Neustart-Spirale! Freiburg entwächst eigenem Image
03.05.2022 | 15:41 Uhr
Der SC Freiburg ist aktuell drauf und dran vom kleinen Breisgau-Klub zur großen Nummer in der Bundesliga zu werden. Nach den sportlichen Erfolgen in dieser Saison könnte der Streich-Klub mit einem Transfer von Matthias Ginter endgültig aus der Transfer-Spirale ausbrechen.
Die Bekanntmachung von Nico Schlotterbecks Wechsel zu Borussia Dortmund kurz vor Ende der aktuellen Spielzeit dürfte beim SC Freiburg böse Erinnerung an manch vergangene Spielzeit wecken. Trainer Christian Streich hat wieder einmal den Klassenerhalt mit seiner Truppe geschafft und kaum darf gejubelt werden, verlassen die Leistungsträger den Breisgau für einen größeren Klub.
Doch etwas am Abgang von Schlotterbeck ist anders, als in den Jahren zuvor. Nicht nur, weil der Wechsel nach den immer wieder öffentlich gemachten Verhandlungen kein Schock mehr für den SCF war. Auch, weil alle im Verein daran glauben, diesen Abgang kompensieren zu können.
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Dass sich Jahr für Jahr Top-Klubs beim SC Freiburg bedienen, darf als Nachweis für die gute Arbeit angesehen werden, die im Klub geleistet wird. Dieser Fakt ist wohl für die wenigsten Fans ein echter Trost. Roman Bürki, Admir Mehmedi, Vladimir Darida, Maximilian Philipp, Rückkehrer Vincenzo Grifo, Caglar Söyüncü, Marc Oliver Kempf, Luca Waldschmidt, Robin Koch, Alexander Schwolow - all diese Abgänge musste Freiburg allein in den letzten sechs Jahren verkraften.
Vor jeder neuen Saison muss sich ein neues Team finden und einspielen. Das braucht seine Zeit und hat keine Garantie auf Erfolg. Der Grundstein dafür, aus dieser ewigen Transfer-Spirale des Neuaufbaus auszubrechen, wurde in Freiburg allerdings schon letzten Sommer gelegt. Mit Baptiste Santamaria ging lediglich ein Leistungsträger, der überraschend mit dem ehemaligen DFB-Kicker Maximilian Eggestein ersetzt wurde. Sonst blieb die Truppe, die schon in der letzten Saison zwischenzeitlich mit den europäischen Plätzen geliebäugelt hatte, zusammen.
Aus dieser Mannschaft ist nun ein schlagkräftiges Bundesliga-Team erwachsen, das zwei Spieltage vor dem Saisonende auf dem vierten Tabellenplatz steht. Stand jetzt wären die Freiburger fix für die Champions League qualifiziert. Schafft der Breisgau-Klub diese Sensation, ginge es in der kommenden Saison vielleicht zum FC Liverpool, Real Madrid oder Inter Mailand. Ein Gedankenspiel, bei dem vielen Freiburg-Fans schwindelig werden dürfte.
Doch die Königsklasse würde nicht nur ein phänomenales Jahr für die Anhänger aus dem Schwarzwald bedeuten, sondern ebenso ein attraktives Angebot für die Spieler. Wer international spielen will, muss Freiburg nicht verlassen. Obendrein bedeutet eine CL-Qualifikation fixe 15,6 Millionen Euro Startprämie plus TV-Gelder, erfolgsabhängige- sowie Sponsoren-Boni.
Sollte es am Ende "nur" für die Europa League reichen, wäre das für den SCF noch immer ein Meilenstein. Aktuell hat die Streich-Elf vier Punkte Vorsprung auf einen Nicht-Qualifikationsplatz. Zusätzlich besteht am 21. Mai die historische Chance auf den Gewinn des DFB-Pokals, durch den eine EL-Teilnahme garantiert ist. Dort treten die Freiburger gegen RB Leipzig an - gelten nach zwei 1:1-Remis in dieser Saison nicht einmal als klarer Underdog (21. Mai, live ab 20:00 Uhr auf Sky Sport 1 und mit Sky Ticket im Stream).
Als wären diese sportlichen Errungenschaften nicht genug Argumente pro SC Freiburg, ist der Klub zusätzlich drauf und dran das wohl größte Transfer-Ausrufezeichen der Vereinsgeschichte zu setzen. Nach Sky Informationen steht DFB-Kicker und Gladbach-Abwehrchef Matthias Ginter kurz vor einer Rückkehr in seine Heimat. Nicht Inter Mailand, nicht der FC Chelsea, nicht der FC Bayern.
Mit einer Verpflichtung des Innenverteidigers würde der Tabellenvierte mehr erreichen, als nur die Schlotterbeck-Lücke qualitiativ ebenbürtig zu schließen. Ganz davon abgesehen, dass der SC Freiburg rund 20 Millionen Euro für Schlotterbeck einheimst und Ginter ablösefrei kommen würde, ist der Noch-Gladbacher ein eindeutiges Signal an jene Spieler im Team, die doch über einen Wechsel nachdenken. Die Ambitionen im Breisgau haben sich verändert.
Zusätzlich holt man damit eine Identifikations-Figur, die noch extrem tief in der Region verwurzelt ist. Die Matthias Ginter Stiftung finanziert zahlreiche soziale Projekte rund um Freiburg. Bei seinem Heimatverein SC March ist der 28-Jährige regelmäßig zu Gast im - wie sollte es anders sein - Matthias Ginter Sportpark. Schon in der Sky Sendung Meine Geschichte kündigte Ginter an, eines Tages zurück in den Breisgau kehren zu wollen.
"Meine Frau und ich kommen beide aus dem selben Dorf in der Nähe von Freiburg. Deshalb wollen wir auf jeden Fall wieder zurück nach Freiburg", erklärte Ginter im April letzten Jahres, fügte aber noch hinzu: "Nach der Karriere." Nun könnte es doch früher passieren. Ganz zur Freude von Trainer Streich. Der Innenverteidiger hat noch immer ein gutes Verhältnis zu seinem Entdecker und Förderer, mit dem er in der kommenden Saison Vereinsgeschichte auf der großen Bühne schreiben will.
Das Ganze vor einer großen Kulisse. Neben sportlichem Erfolg, dem jährlichen Hochziehen und Entwickeln von Talenten, Transfergeschick und dem Kult rund um Trainer Streich haben die Freiburger einen Schritt gewagt, der das neue Standing des Klubs zusätzlich unterstreicht.
Seit letztem Oktober laufen die Breisgauer im neuen und modernen Europa-Park Stadion auf. Im Vergleich zur ehemaligen Wirkungsstätte Dreisamstadion beziehungsweise Schwarzwald-Stadion fasst der Neubau 34.700 statt 24.000 Plätze. Die direkte Nähe zum Freiburger Flughafen ist ein zusätzlicher Bonus, bedenkt man die Möglichkeit von Reisen quer durch Europa im kommenden Jahr sowie den Empfang namhafter Gegner.
Die Sympathien für den bescheidenen Sport-Club bleiben zweifelsfrei weiter bestehen. Doch mit der Teilnahme am internationalen Geschäft, der Verpflichtung eines aktiven DFB-Kickers und Weltmeisters sowie dem Neubau eines modernen Stadions wären die Freiburger dem Image des idyllischen, kleinen Breisgau-Klubs spätestens zur neuen Saison entwachsen.
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