Schalke 04: Timo Hildebrand zur Torwart-Diskussion

Hildebrand: Situation auf Schalke nicht optimal für Nübel und Schubert

Markus Schubert (r.) hat Alexander Nübel als Nummer eins im Schalker Tor abgelöst.
Image: Markus Schubert (r.) hat Alexander Nübel als Nummer eins im Schalker Tor abgelöst.  © Imago

Der ehemalige Schalker Schlussmann Timo Hildebrand spricht im Interview bei Sky Sport über die aktuelle Torwart-Problematik bei den Königsblauen und ist voll des Lobes für seinen ehemaligen Teamkollegen Ralf Fährmann.

Herr Hildebrand, unser Sky Experte Lothar Matthäus schrieb in seiner Bundesliga-Kolumne "So sehe ich das": "Der Wechsel von Alexander Nübel nach München mit all seinen Begleitumständen hat der ganzen Mannschaft und vor allem den beiden Schlussmännern geschadet. Beiden geht das Ganze zu sehr an die Substanz und sie patzen seit Wochen im Gleichschritt." Wie ist Ihre Meinung dazu?

Timo Hildebrand: Ich glaube, es ist ihnen jetzt klar geworden, dass das Ganze nicht förderlich ist. Alexander Nübel hat die Entscheidung getroffen nach München zu wechseln, das mag der eine für gut empfinden, der andere sieht darin keinen Sinn, dass er sich bei Bayern auf die Bank setzt. Die Situation hat ihn natürlich beschäftigt, es entstand einfach zu viel Druck. Und wenn man dann auch noch nicht gut hält, gibt man der ganzen Geschichte ein bisschen Nahrung. Schade, dass Markus Schubert auch nicht überzeugen kann. Ich glaube, es ist einfach insgesamt eine gewisse Unsicherheit drin. Anfang der Saison hat Schalke super performt, aber schon vor der Corona-Krise hat nicht mehr viel funktioniert. Das ist natürlich auch nicht zuträglich für die Torhüter.

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Es soll auch nicht der Eindruck entstehen, dass es nur bei den Torhütern nicht läuft. Aber spiegelt die Situation der Keeper ein bisschen das Gesamtbild auf Schalke wider?

Hildebrand: Ich glaube, dass befruchtet sich gegenseitig. Dadurch, dass die Mannschaft nicht wirklich funktioniert und das Torhüter-Thema immer wieder aufkommt.

Vor der Saison hat man denken können, Schalke sei mit den letzten beiden U-21-Nationaltorhütern gut aufgestellt. Warum hat das Ganze dann so eine Eigendynamik entwickelt und reicht die Problematik rund um den Nübel-Wechsel als Erklärung für die Schalker Krise?

Hildebrand: Das weiß ich nicht. Man hat lange nicht gespielt und Markus Schubert hat ein, zwei Fehler gemacht. Das kann immer passieren, aber es ist klar, dass es nach dem verlorenen Derby wieder ein Thema ist. Die Gesamtsituation ist in diesem Fall einfach nicht optimal für einen Torhüter.

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Bei Markus Schubert kam zuletzt für einige die Körpersprache nach Fehlern eher negativ rüber. Ist das etwas, was man durch die schwierige Situation erklären kann?

Hildebrand: David Wagner hat sich zwar für den Rest der Saison auf Schubert festgelegt, aber es schwingt auch immer so ein bisschen mit: Eigentlich würde er nicht spielen, weil Nübel da ist. Schubert muss performen, damit er auch in der nächsten Saison spielt. Hinten dran wartet eventuell noch Ralf Fährmann. Es gibt viele Unsicherheitsfaktoren, einige Dinge sind sehr vage.

Haben Sie selbst früher eine ähnliche Situation erlebt?

Hildebrand: Ich kenne das aus meiner Zeit bei Schalke: Ich habe als Nummer drei angefangen, dann war ich Ersatztorwart, dann habe ich gespielt, dann war ich wieder auf der Bank. Auch Ralf Fährmann hat das alles so ähnlich mitgemacht. Als ich Schalke verließ, habe ich über Ralf gedacht: Okay, er wird jetzt die nächste Vereinslegende. Doch dann kam ein junger Torhüter, der ihn verdrängt hat.

Alexander Nübel war plötzlich beim damaligen Trainer Domenico Tedesco die Nummer eins, Ralf Fährmann, der gerade erst seinen Vertrag verlängert hatte, ging nach England zu Norwich City und wurde von dort nach Norwegen weiterverliehen. Aktuell trainiert er auf Schalke mit. Würden Sie ihm zutrauen, in der nächsten Saison die Probleme zu lösen?

"Schalke hätte damals gut daran getan, weiter auf Fährmann zu setzen."
Timo Hildebrand über Ralf Fährmann:

Hildebrand: Ralf war ein richtig guter, stabiler Bundesligatorhüter. Tedesco hat ihn damals vielleicht rausgenommen, weil Nübel spielerisch ein bisschen besser ist. Schalke hätte damals gut daran getan, weiter auf Fährmann zu setzen. Ralf ist ein super Typ, er hat sich immer top verhalten, gegenüber den anderen Torhütern und gegenüber dem Verein. Vielleicht bekommt er ja noch einmal eine Chance. Man muss sehen, wie die nächsten Spiele laufen und was Schalke in der nächsten Saison plant.

Ralf Fährmann ist 1,97 Meter groß und hatte eine entsprechende Ausstrahlung, Markus Schubert ist zehn Zentimeter kleiner. Bringt er alles mit, was ein Top-Torwart braucht?

Hildebrand: Ja, sonst wäre er nicht auf Schalke oder hätte nicht in der U-21-Nationalmannschaft gespielt. Die Größe ist auch kein Argument für mich. Es gibt genügend Welttorhüter, die kleiner waren als 1,90 Meter. Für mich ist das Wichtigste, dass ein Torwart komplett ist.

Schubert ist 21 Jahre alt, Nübel ist 23. Beide kamen aus der 2. Liga zu Schalke. Wie lange braucht ein Torhüter heutzutage, bis er auf hohem Niveau ein Rückhalt für seine Mannschaft sein kann?

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Hildebrand: Ich glaube, dass es gut ist, immer mal wieder Täler zu durchschreiten. Daran wächst man. Aber natürlich lebt ein Torwart auch von der Erfahrung und von der Akzeptanz im Verein. Ich glaube, dass man heutzutage ab Mitte Zwanzig mit all der Erfahrung ein stabiler Rückhalt sein kann.

Wagner hatte sich in der Corona-Pause auf Schubert als seine Nummer eins festgelegt. Sollte er dabei bleiben?

Hildebrand: Wenn er es gesagt hat, dann auf jeden Fall. Klar ist Fußball ein Ergebnissport. Aber ich finde es gut, dass der Trainer sich festgelegt hat und diesem Torwart sein Vertrauen ausgesprochen hat.

Das Interview führte Thorsten Mesch

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