Torsten Mattuschka im Interview über den HSV, Köln, Schalke, Hertha & Union Berlin
Die 2. Bundesliga ist so spannend wie vielleicht noch nie. Zwischen Tabellenführer Hamburger SV und dem Tabellensechsten Paderborn liegen nur vier Punkte.
27.02.2025 | 15:00 Uhr
Sky Experte Torsten Mattuschka verrät im exklusiven Interview mit skysport.de, welche zwei Mannschaften seiner Meinung nach aufsteigen. Zudem spricht er auch über Schalke, die Hertha und seinen Ex-Klub Union Berlin, nachdem die Eisernen zuletzt beim BVB untergingen.
skysport.de: Hallo Tusche, der Hamburger SV war der große Gewinner des letzten Spieltags! Klappt es dieses Mal endlich mit dem Aufstieg?
Torsten Mattuschka: Es scheint, dass der HSV es in diesem Jahr durchziehen kann. Unter Merlin Polzin haben sie auch noch kein Spiel verloren. Aber es sind noch elf Spiele und die heiße Phase kommt noch. Und im Endspurt war der HSV in der Vergangenheit schon öfter nicht so gut. Sie haben allerdings einen guten Lauf, einen guten Kader und verlieren ihre Spiele nicht.
skysport.de: Die nächsten Aufgaben haben es in sich. Wie viel Punkte sollte der HSV bei den Verfolgern in Paderborn, gegen die Fortuna und in Magdeburg holen?
Mattuschka: Fünf bis sieben Punkte wären gut. Es sind wichtige Spiele, denn es geht gegen direkte Konkurrenten, aber in dieser verrückten Liga weiß man eh nie, was passiert. Fünf Zähler sollte man aber schon holen, dann wären in Hamburg wohl alle zufrieden, auch wenn man sicher alle drei Spiele gewinnen will.
skysport.de: Hamburgs Erfolgsgarant ist aktuell Davie Selke, der wie am Fließband trifft und mittlerweile auch die Torjägerliste anführt. Überrascht, wie gut er in Hamburg funktioniert?
Mattuschka: Nein, denn Davie hat einfach eine gewisse Qualität und hat nicht umsonst schon Bundesliga gespielt. Er zeigt jetzt das, was er draufhat, und hat derzeit natürlich einen mega Lauf. Er spielt statistisch wahrscheinlich seine beste Saison und der HSV kann froh sein, so einen Stürmer zu haben, der nach dem Ausfall von Robert Glatzel abliefert.
skysport.de: Glatzel wird bald zurückerwartet. Könnte das dann Ärger geben, wenn einer der beiden auf der Bank sitzt?
Mattuschka: Das glaube ich weniger. Bobby (Robert Glatzel, Anm. d. Red.) wird ja erstmal eine gewisse Zeit brauchen, um seinen Rhythmus zu finden und wenn er wieder voll da ist, kann man auf Schwächephasen besser reagieren oder vielleicht auch mal mit zwei Stürmern spielen. Ich bin sicher, dass jeder froh ist, wenn Bobby wieder da ist.
skysport.de: Bei Selke wird seit Wochen darüber spekuliert, ob er beim HSV über die Saison hinaus bleibt. Was sagt dein Bauchgefühl?
Mattuschka: Er hat ja offenbar eine Klausel, dass sich der Vertrag verlängert, wenn der HSV aufsteigt und er auf eine gewisse Anzahl von Spielen kommt. Daher stellt sich die Frage möglicherweise nicht. Und wenn es nicht klappt, wird man sehen müssen. Davie ist jetzt 30 Jahre alt und da will man sicher nochmal für drei Jahre unterschreiben. Der nächste Vertrag ist wahrscheinlich auch der letzte Große. Er hat viele Argumente auf seiner Seite und es gibt sicher einen Markt für ihn. Ablösefrei, Erster der Torschützenliste mit am Ende wohl über 20 Toren. Da suchen genug Mannschaften einen Neuner.
Wer steigt neben dem HSV noch direkt auf?
Mattuschka: Für mich Köln, auch wenn sie aus den letzten beiden Spielen nur einen Punkt geholt haben. Dennoch haben sie für mich - zusammen mit dem HSV - den besten Kader. Auch in der Breite.
skysport.de: Im Jahr 2025 erzielte der Effzeh nur in Braunschweig zwei Tore, ansonsten war maximal nur ein Treffer drin. Könnte diese Offensivschwäche zum Problem werden?
Mattuschka: Ich denke nicht, denn diese Mannschaft weiß, wie man enge Spiele gewinnt und sie haben dennoch das Vertrauen, dass sie vorne schon irgendwie ein Tor machen. Und hinten sind sie eben kaum zu knacken. Sie stellen ja auch die zweitbeste Defensive. Und vorne werden auch wieder die Spiele kommen, in denen sie zwei oder drei Tore schießen.
skysport.de: Hamburg und Köln gehen also direkt hoch - wer schafft es in die Relegation?
Mattuschka: Das ist unmöglich vorherzusehen. Diese verrückte Liga kann man weder vor der Saison tippen noch zur Winterpause und auch nicht nach 23 Spieltagen. Nürnberg auf Platz neun liegt nur vier Punkte hinter dem Dritten. Ich glaube, das bleibt bis zum letzten Spieltag spannend, denn es ist einfach zu ausgeglichen. Aber das richtig gut für uns zum Berichten und auch für die Liga. Für die Vereine ist es vielleicht nicht so schön, aber für den neutralen Beobachter gibt es doch nichts Geileres.
skysport.de: Schalke wird mit dem Aufstieg nichts zu tun zu haben. Zuletzt gab es dort Wirbel um das Rücktrittsangebot von Trainer Kees van Wonderen. Wie wärst du als Spieler mit so etwas umgegangen?
Mattuschka: Für mich hätte das keinen Unterschied gemacht, denn am Ende sind es ja die Spieler selbst, die auf dem Platz stehen. Natürlich gibt es einen Trainer mit seiner Spielidee, aber ich glaube auch nicht, dass dieses Angebot nur auf die Mannschaft gemünzt war. Es ging mehr um die Gesamtgemengelage bei Schalke 04 mit vielen Baustellen und ständig brennt es irgendwo. Am Ende wollen die Jungs einfach eine vernünftige Saison spielen, aber das haben sie jetzt wieder nicht geschafft. Natürlich wird es Spieler geben, die sich denken 'der will nicht hier sein, der muss weg', aber beim Großteil ist das kein Thema - spätestens dann, wenn angepfiffen wird.
skysport.de: Kann es für Schalke nochmal eng werden?
Mattuschka: Wirklich gut sieht es ja nicht aus. Sie sind erstmal im Abstiegskampf, denn sechs Punkte sind schnell verspielt. Sie sind einfach zu inkonstant. Sie kommen nie wirklich mal in einen Flow rein, warum auch immer. In der Rückrunde haben sie auch schon wieder drei Mal verloren und etwa zehn Punkte sollten sie noch holen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass sie nochmal unten reinrutschen. Vor allem zu Hause mit 60.000 im Rücken auf Schalke in der Veltins Arena sollten sie genug Punkte holen. Daher denke ich, dass es reichen wird, aber das ist natürlich nicht der Anspruch.
skysport.de: Sogar noch einen Punkt weniger hat Hertha BSC auf dem Konto. Wie siehst du dort die Lage?
Mattuschka: Auch Abstiegskampf. Aus den letzten fünf Spielen haben sie einen Punkt geholt. Ja, da waren ein paar Kaliber wie der HSV oder Lautern dabei, aber eben auch Regensburg. Aber auch hier denke ich, dass sie es packen. Mit Leitl haben sie einen Trainer, der die Liga kennt, der die Mannschaft defensiv stabilisieren wird und nach vorne haben sie genug Qualität. Aber der Negativlauf macht was mit den Spielern. Das ist im Kopf drin. Jetzt spielt die Hertha in Elversberg, wo es eklig ist und dann lass mal Braunschweig zu Hause gegen Ulm gewinnen und Münster punkten. Dann sind es plötzlich nur noch zwei Punkte auf den Relegationsplatz und die Rübe kommt richtig dazu.
skysport.de: Bleiben wir in der Hauptstadt, gehen aber eine Liga höher. Dein Ex-Klub Union ging in Dortmund mit 0:6 unter. Wie siehst du die Konstellation dort mit Steffen Baumgart? War das ein einmaliger Ausrutscher oder ein Warnsignal?
Mattuschka: Ich hoffe beides. Die letzten 20 Minuten waren schwer anzuschauen. Da darfst du definitiv nicht vier Gegentore kriegen in der Schlussphase. Das müssen die Spieler besser wegverteidigen. Das tut jetzt weh, auch wegen des Torverhältnisses. Und zu Baumi (Steffen Baumgart, Anm. d. Red.): Er hat jetzt auch nur sieben Punkte aus den acht Spielen geholt. Das ist nicht gut, aber du musst versuchen, einigermaßen aus dieser Saison rauszukommen. Du hast neun Punkte Vorsprung und das muss reichen, um drinzubleiben. Und dann musst du Baumi mit Horst Heldt zusammen die Chance geben, den Kader nach seinen Vorstellungen umzubauen, damit er seine Spieler für seinen Fußball zur Verfügung hat.
skysport.de: Erwartest du gegen Kiel eine Reaktion?
Mattuschka: Darum wird es gehen. Man kann einen großen Schritt gehen gegen Kiel. Freitag erfährt man, ob man den Punkt gegen Bochum behalten darf und bei einem Sieg am Sonntag hätte man 27 Punkte. Dann sieht es gut aus, dass man nächstes Jahr das siebte Jahr in Folge in der Bundesliga spielt. Das ist ein Sechs-Punkte-Spiel.
skysport.de: Kann es nochmal eng werden, wenn es gegen Kiel schief geht? Danach stehen Frankfurt, Bayern und Freiburg auf dem Programm...
Mattuschka: Klar, kann das passieren, denn die anderen Teams können auch punkten, aber: Du hast neun Punkte Vorsprung bei elf Spielen! Die darfst du einfach nicht verspielen.
Das Interview führte Robert Gherda
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