Kruse, Karius & Co. - Union überrascht mit "Big City Transfers"
04.11.2020 | 12:04 Uhr
Mit Torhüter Loris Karius vom FC Liverpool kommt nach Max Kruse bereits ein zweiter spektakulärer Name an die Alte Försterei. Der ehemalige Zweitligist rüstet in Sachen Transfers ordentlich auf – und macht der Hertha Konkurrenz.
Union Berlin ist ein Arbeiterverein. Nicht der Hauptstadtklub oder der "Big-City-Club", sondern einfach der Verein für die Berliner: Im Stadion an der Alten Försterei gehört es zur Grundhaltung eines jeden, für den Verein einzustehen. So lesen sich die Leitworte des Vereins, die von Fans, Spielern und Mitarbeiter gelebt werden.
Gerade deswegen überraschen die Transfers zur neuen Saison ein wenig: Mit Max Kruse und Loris Karius wurden zwei Spieler mit Glamour-Faktor und bewegender Fußballvergangenheit zu den Eisernen gelockt. Aber passt Glamour überhaupt zu Union?
Im Osten Berlins stationiert, zeichnete Union in den letzten Jahren immer eine kantige Außendarstellung aus, geprägt von leidenschaftlicher Fanliebe. Mit dem Aufstieg in die Bundesliga vor über einem Jahr verschaffte sich Union auch auf der nationalen Fußballebene mehr Sichtbarkeit.
Diese Sichtbarkeit (außerhalb Berlins) hat zwar nicht erst mit dem Aufstieg begonnen, diese aber gefördert. So wechselten bereits 2018/19 mit Neven Subotic und Christian Gentner zwei gestandene Bundesliga-Akteure nach Berlin.
Dieses Jahr nun der nächste Schritt: Kruse zum Beispiel wurde nach seinem Abschied aus der Türkei von einigen Bundesligisten umworben - entschied sich jedoch bewusst für die Eisernen. "Für mich war es wichtig, zu einem Klub zu wechseln, der mich komplett überzeugt und fordert. Bei den Gesprächen mit den Verantwortlichen von Union habe ich mich direkt wohlgefühlt, deshalb habe ich mich für Union entschieden", so der Ex-Nationalspieler damals.
Ähnliche Worte nun von Karius, der für eine Saison vom FC Liverpool ausgeliehen wird: "Ich freue mich auf meine neue Aufgabe in Berlin und bin glücklich, wieder in der Bundesliga spielen zu können. Union ist ein spezieller Verein, der sich nicht erst mit dem Aufstieg in die Bundesliga viel Respekt erarbeitet hat", so der 27-Jährige.
Während Hertha BSC auch nach Klinsmann versucht, sein Profil mit teuren Transfers zu schärfen, schafft Union dies fast ohne Absicht. Hertha hat auf dem Transfermarkt groß investiert und in den vergangenen Transferperioden über 100 Millionen Euro investiert, während Union immer nur wenige Millionen ausgab.
Und nicht nur durch durchdachte Transfers glänzen die Unioner. Auch bei der Wahl des Ausrüsters gelang Union im Januar 2019 ein echter Coup: Seit der Saison 2019/20 ist der deutsche Sportartikelhersteller adidas neuer Ausrüster des Bundesligisten. In der ersten Saison stellte adidas nur die Schuhe, seit der laufenden Spielzeit kommen auch Trikots und Trainingsanzüge vom Unternehmen in Herzogenaurach.
Dieser Deal überrascht aus Sicht des Ausrüster-Giganten, denn adidas wollte sich im Zuge einer neuen Strategie eigentlich "noch stärker auf Partnerschaften mit jungen, aufstrebenden Spielern sowie auf Kooperationen mit ausgewählten Top-Vereinen" konzentrieren, wie Adidas-Sprecher Oliver Brüggen 2018 betonte.
Tatsächlich stattet der Hersteller in der Bundesliga sonst nur noch Rekordmeister FC Bayern München aus. Auch in den europäischen Top-Ligen setzt man größtenteils auf Schwergewichte wie Manchester United, Real Madrid oder Juventus. Allesamt - wie der FC Bayern hierzulande - Rekordmeister.
Und doch entschied sich adidas für ein Engagement bei den Eisernen. "Wir haben uns den 1. FC Union lange angeschaut und gesehen, dass für den Verein nicht nur die Fußballkultur der Stadt im Vordergrund steht, sondern dass der Kosmos, der sich um ihn herum entwickelt hat, auch zahlreiche Aktionen auf den Weg gebracht hat, die über den Profifußball hinausgehen", erklärt Key-City-Manager Wendelin Hübner im August die Beweggründe in der Berliner Zeitung.
Einige Fans schüttelten nach Bekanntwerden des Deals noch ungläubig den Kopf und dachten eher an einen PR-Gag. Die Zusammenarbeit macht jedoch deutlich, dass der Klub mit seiner Art und Weise zwar nicht zwingend zu den anderen, perfekt funktionierenden Profiklubs passt, aber durch seine spezielle Art und die enthusiastischen Fans doch zu den Großen gehört. Die Big-City-Transfers Kruse und Karius verdeutlichen das.