Verstoß gegen 50+1? Hannover-96-Boss Martin Kind äußert sich
Zwei Gutachten sorgen für Aufregung
04.11.2017 | 17:28 Uhr
Hat Hannover 96 gegen die 50+1-Regel verstoßen? Zwei Gutachten belasten den Aufsteiger laut Medienberichten schwer. Verzögert sich die Übernahme des Klubs durch Martin Kind?
Die Bild berichtet von einem Geheimgutachten bereits aus dem Jahr 2008, wonach der Verein gegen 50+1 verstoßen haben soll. Die Übernahme der Mehrheitsanteile durch Präsident Martin Kind könnte sich bei Hannover 96 daher verzögern.
Auslöser des Gutachtens war offenbar ein Lizenzverstoß des FC Augsburg, der konsequenterweise auch bestraft wurde. Weitere Klubs wurden anschließend auf Verfehlungen gecheckt. Bei den Niedersachsen kam das Guthaben zu einem klaren Resultat:
"Nach unserer Auffassung sprechen gute Gründe für einen Verstoß der bei Hannover 96 vorgefundenen gesellschaftsrechtlichen Struktur gegen die 50+1-Regelung." Und weiter: "In der vorhandenen Struktur wäre es dem Mutterverein nicht möglich, ...seinen Willen in personeller und/oder sachlicher Sicht der Kapitalgesellschaft durchzusetzen."
Kind: Lizenzunterlagen immer sauber eingereicht
Demnach hätte 96 zwischen 2004 und 2008 keine Lizenz erhalten dürfen. Martin Kind weiß davon nichts, wie er exklusiv gegenüber Sky Sport erklärt: "Ich kenne das Gutachten inhaltlich gar nicht. Von daher kann ich gar nichts sagen. Wir haben die Lizenzunterlagen immer sauber und umfassend eingereicht und die Lizenz bekommen. Da kann nur die DFL was zu sagen."
Diese beurteilt den Sachverhalt laut der Bild anders als die ausstellende Kanzlei und erklärte gegenüber der Zeitung: "Die Konstruktion ist mit 50+1 noch vereinbar, weil das Letztentscheidungsrecht beim Mutterverein verbleibt. Der Mutterverein kann als Alleingesellschafter den Gesellschaftsvertrag jederzeit so abändern, dass dem Aufsichtsrat Aufgaben entzogen, seine Zusammensetzung verändert oder er insgesamt aufgelöst wird."
Ob dieses Gutachten Auswirkungen hat auf den Antrag Kinds, der seit Monaten zu erheblichen vereinsinternen Spannungen führt, ist unklar. Sky Reporter Marc Behrenbeck geht aber nicht von Sanktionen aus und sagt: "Etwaige Konsequenzen sind schwer abschätzbar, aber die DFL hat Hannover die Lizenz erteilt, von daher ist erstmal alles im grünen Bereich."
Der Unternehmer wird auch bei den Heimspielen des Aufsteigers regelmäßig beschimpft. Überdies beteiligen sich die Ultras in der WM-Arena am Maschsee nicht mehr an der Unterstützung der 96-Profis.
Auch aktuelles Gutachten sorgt für Ärger
Für Ärger sorgt auch ein ein von der Vereinsopposition aktuell in Auftrag gegebenes Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, das dem Spiegel vorliegt. Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass sich Kind "sittenwidrig einen erheblichen Vermögensvorteil" verschafft.
Das Papier setzt den Wert der Anteile auf mindestens zehn Millionen Euro an, Kind will hingegen lediglich 12.750 Euro bezahlen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will sich in der kommenden Woche mit dem Gesuch des 73-Jährigen beschäftigen. Gemäß einer Ausnahmeregelung der 50+1-Regel darf ein Investor Anteile von mehr als 50 Prozent übernehmen, wenn er über mehr als 20 Jahre ununterbrochen Förderer des jeweiligen Klubs war.
Aber auch innerhalb der vier Gesellschafter gibt es juristischen Streit. Mitgesellschafter Matthias Wilkening will sich die Rendite künftig auszahlen lassen, Kind, Dirk Rossmann und Gregor Baum wollen das Geld in das 96-Nachwuchsleistungszentrum investieren. Die Parteien treffen sich am 21. November vor dem Landgericht Hannover.