VfB Stuttgart: Alexander Wehrle im Exklusiv-Interview bei Sky
Sky exklusiv || VfB-Boss Wehrle über Labbadia, Guirassy, Mercedes & VAR
16.02.2023 | 17:10 Uhr
Der VfB Stuttgart steht nach 20 Spielen mit nur 16 Punkten auf Tabellenplatz 17. Auch mit dem im Dezember verpflichteten Trainer Bruno Labbadia stecken die Schwaben im Abstiegskampf. Im Interview spricht VfB-Boss Alexander Wehrle über die Arbeit von Labbadia und die Planungen des Klubs.
Sky Sport: Herr Wehrle, unter Bruno Labbadia ist der VfB Stuttgart weiter im DFB-Pokal, hat in der Bundesliga aber nur zwei Punkte aus fünf Spielen gesammelt. Wie bewerten Sie die ersten gut zwei Monate unter dem neuen Coach?
Alexander Wehrle: Fünf Spiele, zwei Punkte ist zu wenig, keine Frage. Aber dennoch muss man die Spiele im Gesamten betrachten. Da sind gute Ansätze dabei, die Mannschaft agiert als Team und defensiv sehr stabil. Aber sie belohnt sich nicht. Das Momentum ist nicht auf unserer Seite. Ich bin fest davon überzeugt, wenn es weiter über die Mannschaft geht, dass wir das Momentum erzwingen und die Punkte einfahren werden.
Sky Sport: Würden Sie die Entscheidung für Labbadia und gegen Wimmer heute noch einmal so treffen?
Wehrle: Ja würde ich. Die Entwicklung und Ansätze sieht man ganz klar. Nur die Mannschaft belohnt sich nicht. Das müssen wir wieder erzwingen. Ich bin fest davon überzeugt, dass das gelingen wird.
Sky Sport: Sie haben bei der Vorstellung gesagt: Am Ende zählen die sportlichen Ergebnisse. Wie viel Zeit bekommt Bruno Labbadia noch, um die einzufahren?
Wehrle: Wir haben noch 14 Spiele. Am Ende wird abgerechnet. Mehr gibt es nicht zu sagen.
Sky Sport: Heißt Labbadia bleibt auf jeden Fall bis zum 34. Spieltag Trainer, komme was wolle?
Wehrle: Wir wollen mit Bruno Labbadia das Ziel Klassenerhalt schaffen und ich bin fest davon überzeugt, dass wir es hinbekommen.
Sky Sport: Ist der Kader gut genug für den Klassenerhalt?
Wehrle: Ja, wir haben sehr gute individuelle Spieler. Jetzt gilt es, daraus ein Team zu machen. Da ist Bruno auf einem richtig guten Weg, das hinzubekommen. Das einzige - und darum geht es im Fußball - ist, dass die Ergebnisse nicht passen. Gegen Hoffenheim warst du klar besser und kriegst dann den Ausgleich. Der Spielverlauf gegen Freiburg war auch unglücklich. Wir waren aber mehr als auf Augenhöhe, haben mindestens einen Punkt verdient, verlieren es aber am Ende. Das sind die Ergebnisse, die zählen. Trotzdem ist es am Ende zu kurz gedacht, nur auf das Ergebnis zu gehen. Fußball ist ein Ergebnissport, keine Frage. Dennoch sollte man die Situation so annehmen, wie sie ist. Wir haben noch 14 Spiele zu spielen. Deshalb verstehe ich nicht, warum Fragen gestellt werden, wie lange wir noch mit Bruno Labbadia zusammenarbeiten.
Sky Sport: Haben Sie eine Erklärung, dass der VfB sich immer wieder selbst ins Knie schießt?
Wehrle: Die Leistung über 90 Minuten ist in Summe okay. Und die Entwicklung und das Team, das auf dem Platz steht, ist auch zu sehen. Es ist natürlich blöd, wenn individuelle Fehler Punkte kosten. Das gilt es abzustellen. Daran arbeitet Bruno mit seinem Trainerteam täglich und gibt den Jungs auch das Selbstvertrauen zurück, das sie benötigen.
Sky Sport: Schauen wir aufs Wochenende: Der VfB spielt gegen Köln. Welche Gefühle kommen bei Ihnen denn hoch, gerade wenn Sie an die Last-Minute-Rettung der letzten Saison denken?
Wehrle: Das war ein extrem emotionales Spiel. Es ging um den Klassenerhalt. Du kannst eigentlich kein besseres Drehbuch für die Fußballfans schreiben, vor allem, wenn es positiv ausgeht. Das hat eine emotionale Explosion gegeben im Stadion, das habe ich selten erlebt davor. Man sieht, dass die Schwaben für einiges gut sind. Aber das ist schon weit weg. Jetzt gilt es den Fokus auf Samstag zu setzen. Es wird wahrscheinlich wieder ein sehr enges Spiel. Einzelne Momente werden entscheiden. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir das Momentum wieder erzwingen werden.
Sky Sport: Wie sehen Sie denn die finanzielle Situation des VfB aktuell?
Wehrle: Die ist herausfordernd. Zweieinhalb Jahre Corona haben erheblichen Umsatzverlust bedeutet, über 90 Millionen. Das ist ein Einschnitt. Das Eigenkapital ist geschmolzen. Auf der anderen Seite haben wir durch den Stadionumbau auch Mindereinnahmen. Wir müssen das Eigenkapital stärken. Trotzdem ist es wichtig, immer die sportliche Wettbewerbsfähigkeit im Hinterkopf zu haben. Deshalb haben wir uns entschieden, nicht alle Angebote, die wir für Spieler in der Wintertransferperiode bekommen haben auch anzunehmen.
Sky Sport: Bisher ist der VfB auf Transferüberschüsse angewiesen. Wie wollen Sie es schaffen, dass sich das mittelfristig ändert?
Wehrle: Dadurch, dass wir die Eigenkapitalsituation stärken. Wir sind in Gesprächen mit Interessenten, die Anteile am VfB erwerben wollen. Genussrechte sind auch ein Instrument, damit wir in der sportlichen Wettbewerbsfähigkeit mehr Substanz bekommen, dass wir eben nicht auf Strecke jedes Jahr mehrere Leistungsträger abgeben müssen. Da müssen wir wieder hinkommen. Auf Strecke dürfen wir nicht zu sehr abhängig von Transfereinnahmen sein. Da arbeiten wir Tag und Nacht dran, dass wir diese Abhängigkeit mindern.
Sky Sport: Der VfB hat einen Vermarktungsdeal mit Sportfive über fünf Jahre abgeschlossen. Wie viel Geld erwarten Sie sich durch die Kooperation?
Wehrle: Das sind Vertragsinhalte. Über Zahlen spreche ich nicht. Aber wir haben die außergewöhnliche Situation, dass wir im Sommer 2024 über eine der modernsten Fußballarenen im Businessbereich verfügen. Wir haben 8000 m² zusätzliche Vermarktungsfläche bekommen. Es muss also Drittveranstaltungen geben, da muss man in den Vertrieb einsteigen. Wir hätten Leute einstellen müssen. Wir haben uns dazu entscheiden, mit Sportfive Experten dazu zu holen. Auf der anderen Seite haben wir auch eine gewisse Umsatzgarantie bekommen. Das hilft uns in Gespräche mit Sponsoren einzusteigen und minimiert das Risiko. Es ist ein Abschluss, der uns hilft, im Sommer auch anders agieren zu können.
Sky Sport: Außerdem droht das Aus der Mercedes-Benz-Bank als Trikotsponsor. Wie laufen denn die Verhandlungen?
Wehrle: Nach wie vor sehr vertrauensvoll und konstruktiv. Das ist ein langjähriger Partner und Ankerinvestor. Wir sind seit mehreren Monaten in Gesprächen, wie und in welcher Konstellation wir dieses Vertragsverhältnis weiterführen wollen. Aber das ganz klare Signal von Mercedes ist, dass sie auf alle Fälle dabeibleiben wollen. Jetzt müssen wir schauen, wie die Konstellation aussieht.
Sky Sport: Auch als Trikotsponsor?
Wehrle: Darüber sprechen wir ja.
Sky Sport: Serhou Guirassy hat diese Saison mehrfach gezeigt, wie wichtig er für die Mannschaft ist. Können Sie sich eine feste Verpflichtung überhaupt leisten?
Wehrle: Ja.
Sky Sport: Gehen Sie davon aus, dass er beim VfB bleibt?
Wehrle: Am Ende geht es darum, dass sich der Spieler auch vorstellen kann, beim VfB zu bleiben. Jeder hat gesehen, dass er mit seinen Leistungen in das Team passt. Er hat Erfahrung, einen guten Abschluss, kann den Ball gut abschirmen. Jeder hat gesehen, dass das ein guter Transfer ist. Sicherlich beschäftigen wir uns auch intensiv mit der Zukunft von Serhou.
Sky Sport: Fußballdeutschland diskutiert mal wieder über den Videoassistenten. Wie stehen Sie dazu?
Wehrle: Der VAR wird mir immer unsympathischer. Ich habe es bislang so wahrgenommen, dass der Videoschiedsrichter dann eingreift, wenn es eine klare Fehlentscheidung war. Alles andere obliegt der Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters auf dem Feld. Wenn man die 84. Minute [gegen Freiburg] anschaut, dann hat er eine ganz klare Sicht auf den Spieler und sagt: Weiterlaufen lassen. Dann gibt es den Hinweis vom Videoassistenten "Klare Fehlentscheidung", sonst hätte er ja den Hinweis nicht gegeben. Dann schaut sich der Schiedsrichter das ganze 2 Minuten 43 an. So klar kann die Fehlentscheidung also nicht gewesen sein. Und da haben wir ein Problem, da haben wir wirklich ein massives Problem. Dann passt es zwischen Schiedsrichter und Videoschiedsrichter nicht mehr. So macht es auf Dauer keinen Sinn. Da müssen sich alle Verantwortlichen hinterfragen, ob es im Sinne des Fußballs und der Fans ist. Und so habe ich keine Lust mehr drauf.
Sky Sport: Was muss man tun, um ihn zu verbessern?
Wehrle: Indem sich jeder ganz klar an die Regeln hält. Sonst kann man auch sagen, der Videoassistent schaut sich jede Kleinigkeit an. Aber wenn es so gewesen wäre, hätten die Verantwortlichen dem Videobeweis wahrscheinlich nicht zugestimmt. Es hat ja auch positive Eigenschaften, dass klare Fehlentscheidungen zu einem positiven Ergebnis kommen. Aber 50:50-Entscheidungen, wenn der Schiedsrichter eine klare Sicht hat, da kann ich nichts mit anfangen. Das ist auch nicht im Sinne des Fußballs.
Sky Sport: In Köln ist wieder Karneval. Vermissen Sie das eigentlich und was für Erinnerungen haben Sie denn an den Effzeh-Karneval?
Wehrle: Das waren sieben Jahre wunderbare Erinnerungen. Auch die Effzeh-Karnevalssitzung war immer ein Highlight. Ich wünsche den Kollegen viel Spaß. Sie sollen alle miteinander möglichst viel feiern und dann sehen wir uns am Samstag wieder.
Das Interview führte Dennis Bayer
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