Wechsel-Panne nur der Gipfel: Wölfe steuern auf erste Krise zu
17.08.2021 | 16:46 Uhr
Durch einen Wechselfehler im Pokalspiel gegen Münster droht dem VfL Wolfsburg trotz eines 3:1-Sieges nachträglich das Aus. Nach einer schwachen Vorbereitung steuern die Wölfe unter Mark van Bommel auf die erste Krise der Saison zu. Und das noch vor dem 1. Spieltag.
Dass Ex-Trainer Oliver Glasner nach der Champions-League-Qualifikation in der letzten Spielzeit sportlich nur schwer zu ersetzen sein würde, dürfte den Fans und Funktionären in Wolfsburg bei der Trennung klar gewesen sein. Langsam deutet sich jedoch an, dass das Erbe noch größer sein könnte, als angenommen.
Seit der Übernahme durch den neuen Coach van Bommel läuft es sportlich nicht mehr rund bei den Niedersachsen. Das erste Testspiel gegen Erzgebirge Aue gewann die Elf unter dem Niederländer noch knapp mit 2:1. Danach folgte eine ganze Serie von Pleiten, bei denen die Wölfe alles andere als eine gute Figur machten.
Beim zweiten Test gegen Hansa Rostock unterlag der Bundesligist mit 0:3. Besonders in der Offensive fehlte es an Ideen und Durschlagskraft. Von der defensiven Stabilität, die den VfL in der vergangenen Saison noch ausgezeichnet hatte, war kaum etwas zu sehen. Das bemerkte auch van Bommel nach der Partie, der seine Mannschaft öffentlich für ihr Engagement kritisierte.
"Die erste Halbzeit fand ich noch nicht schlecht, da war der Einsatz noch da. In der zweiten Halbzeit habe ich mich geärgert. Es fehlten Einsatz und Niveau. Und Einsatz muss es immer geben", monierte der verärgerte Coach und machte dabei vor allem den gestandenen Profis und Führungsspielern Vorwürfe. "Da muss man mehr erwarten. Mentalität, Körpersprache. Das müssen wir offen und ehrlich besprechen", meinte van Bommel abschließend. Die Talente der Wölfe nahm der Niederländer in Schutz.
Feurige Stimmung gleich zu Beginn. Emotionalität, für die sich die Wolfsburger bereits entschieden hatten, als sie den ehemaligen Abräumer des FC Bayern engagierten. Doch auch nach den harten Worten des Trainers wurden die Leistungen auf dem Platz nicht besser.
Nach der herben 0:3-Klatsche gegen Rostock folgten Niederlagen gegen Holstein Kiel (0:1), Olympique Lyon (1:4), die AS Monaco (1:2) und Atletico Madrid (1:2). Gerade der letzte Test unterstrich die neue Spielphilosophie beim VfL: Es geht ruppiger zu, als noch unter Glasner. Mit van Bommel zeigen sich die Wolfsburger physischer, zögern in Zweikämpfen nicht, auch mal ein Foul zu ziehen.
Das Problem: Der Spielwitz leidet unter der neuen Einsatzbereitschaft. Lösten die Wölfe in der Vorsaison enge Räume spielerisch auf, wird aktuell eher mal hingelangt. Beim Test gegen Atletico kam es in der zweiten Halbzeit sogar zur Rudelbildung. "Wenn wir nur auf das Ergebnis gucken, ist es nicht gut", fasste van Bommel nach der Partie nüchtern zusammen. Gleichzeitig merkte er aber auch gute Chancen durch Wout Weghorst und Daniel Ginczek an, die nicht den Weg ins Tor fanden.
Die ernüchternde Bilanz unter dem neuen Chef-Trainer vor dem ersten Pflichtspiel: ein Sieg, fünf Niederlagen, 5:13 Tore. Für das Pokalspiel am Samstag hätten die Sterne durchaus besser stehen können. Wie auf Ansage tat sich der Champions-League-Teilnehmer auch gegen Regionalligist Preußen Münster enorm schwer.
Bis zur 90. Minute führte der Viertligist gegen die Van-Bommel-Elf, die zwar das dominante Team war, aber unterm Strich zu wenig gegen den deutlich schwächeren Gegner zeigte. Am Ende schoss ausgerechnet Josip Brekalo den VfL in die Verlängerung. Der Kroate hat die Wolfsburger unlängst um Freigabe gebeten, ist auf der Suche nach einem neuen Klub und verpasste mehrere Testspiele. Im Pokal war der Joker dann unverzichtbar.
In der Verlängerung drehte plötzlich Preußen Münster nochmal auf. Gleich mehrere Chancen zur 2:1-Führung blieben ungenutzt, sodass die Wolfsburger das Spiel dank Weghorst per Kopf drehten. Am Ende machte Ridle Baku den Sack zu, nachdem der Viertligist den Ausgleich schon auf dem Fuß hatte. Die Wölfe zitterten sich so in die 2. Runde des Pokals. Oder doch nicht?
Van Bommel unterlief beim Pokal-Duell ein großer Fehler. Der Coach wechselte sechsmal. Erlaubt sind trotz Verlängerung allerdings nur die üblichen fünf Wechsel. Ein solcher Fehler könnte zum nachträglichen Ausschluss aus dem DFB-Pokal führen. Der Supergau gleich zu Beginn der Amtszeit des neuen Coaches würde tiefe Wunden hinterlassen, die nicht zuletzt das Vertrauen in van Bommel enorm einschränken könnten.
Derzeit prüft Münster noch die Möglichkeit Einspruch gegen die Partie einzulegen. Dazu bedarf es wohl rechtlicher Unterstützung, denn die Lage ist nicht ganz eindeutig. Ausgeschlossen ist eine Disqualifizierung der Wölfe allerdings nicht.
Unabhängig vom Ausgang dieser Panne erhöht sich der Druck auf van Bommel, der bislang auch sportlich nicht die beste Figur gemacht hat. Bei einem Ausscheiden stünden die Niedersachsen vor der ersten handfesten Krise - sogar noch vor dem ersten Spieltag in der Bundesliga.
Lange dürfte es dann nicht dauern, bis die ersten Stimmen gegen van Bommel lauter werden. Das einzige, was dem Trainer übrig bleibt, ist Leistung zu zeigen. Gewinnt der Coach die ersten Spiele in der Bundesliga souverän, kann man in ein paar Wochen vielleicht über die jetzt schon legendäre Wechsel-Panne lachen.
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