Werder Bremen News: Marco Bode sprach bei Sky90 über den Abstieg
Bode stellt sich nach Super-GAU: Daran ist Werder gescheitert
24.05.2021 | 18:09 Uhr
An der Weser herrscht an Pfingsten Trauer. Werder Bremen ist nach 41 Jahren Bundesliga zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte abgestiegen. Aufsichtsrat Marco Bode bezog bei Sky90 Stellung.
Obwohl Werder Bremen Anfang März noch zwölf Punkte Vorsprung auf Platz 17 hatte, erspielten sich die Bremer einen Abstieg mit Ansage. Nur ein einziger Punkt sprang für die Norddeutschen aus den vergangenen zehn Spielen heraus. Von einer bundesligatauglichen Leistung war selten etwas zu spüren. Bei Sky90 - Die Unibet Fußballdebatte stellte sich Aufsichtsratschef Marco Bode den Fragen der Runde.
Matthäus: "Ein Teil der Bundesliga geht"
"Gestern ist ein sehr trauriger Tag gewesen und heute ist der Tag bislang noch nicht besser", fasst Marco Bode seine Gefühlslage und die vieler Werder-Fans rund um den Globus zu Beginn der Sendung zusammen. "Es fühlt sich sehr schmerzhaft an."
Doch es ist nicht nur traurig für die Bremer selbst. "Ein Teil der Bundesliga geht", sagt Sky Experte Lothar Matthäus, der selbst viele packende Spiele gegen Werder in seiner Karriere bestritten hat. "Ich habe nicht nur Schlachten in Bremen gespielt, sondern auch begeisternden Bremer Fußball am Fernseher geschaut", womit Matthäus an frühere und erfolgreichere Zeiten unter Thomas Schaaf oder Otto Rehagel anspielt. Den Abstieg der Bremer bezeichnet der Rekordnationalspieler als "verdient". Man habe viele Möglichkeiten gehabt "sich freizuschwimmen". Bode stimmt zu.
Wog sich Bremen zu früh in Sicherheit?
Doch wieso tat Werder dies nicht? "Etwas ist in die völlig falsche Richtung gelaufen", sagt der Werder-Boss. "Wir sind in einen Negativlauf gekommen, die Mannschaft hat immer mehr Selbstvertrauen verloren, ist immer ängstlicher geworden." Das desolate Spiel gegen Gladbach nannte Bode als "sinnbildlich" dafür, dass der Mannschaft etwas fehlte. "Vor allem eine Robustheit im mentalen Bereich, vielleicht auch die Führung, die du in solchen Momenten brauchst auf dem Platz", nennt Bode mögliche Erklärungsansätze, ergänzt aber, dass es aktuell noch keine endgültige Aufklärung geben kann.
Doch Bode fügt noch einen möglicherweise entscheidenden Aspekt zu seiner Analyse hinzu: "Vielleicht muss man auch feststellen, dass wir uns zu früh in Sicherheit gewogen haben, obwohl jeder im Klub nach Außen und nach Innen formuliert hat, dass wir noch nicht durch sind. Das Unterbewusstsein ist eben auch stark."
Schmidt: "Nicht das Gefühl gehabt, dass Bremen etwas gewinnen wollte"
PSV-Trainer Roger Schmidt schaut ebenfalls in die Köpfe der Werderaner, findet jedoch einen anderen Ansatz dafür, dass die Bremer seit dem Sieg gegen Bielefeld am 10. März kein Ligaspiel mehr gewinnen konnten. "Man hatte das Gefühl, dass Werder Angst hatte, etwas zu verlieren und nicht mehr das Gefühl hatte, die wollen 'den Klassenerhalt gewinnen'."
Das beste Spiel in den vergangenen Wochen sei das Pokalspiel gegen Leipzig gewesen. "Da hatten sie diese Alles-oder-Nichts-Mentalität. Diese Einstellung hätte man in einem dieser zehn Spiele zeigen müssen und diesen einen Matchball damit verwandeln müssen", bilanziert Schmidt. Dass es Bremen an Führung auf dem Platz gefehlt habe, wie es Bode bereits ansprach, nannte auch Schmidt als möglichen Aspekt des Niedergangs.
Bremen hatte sich zuletzt das Leben immer wieder selbst schwer gemacht. Da sei unter anderem die Rote Karte von Christian Groß gegen Augsburg zu nennen, als Bremen gerade selbst in Überzahl war oder die vergebene Großchance von Davie Selke gegen Borussia Mönchengladbach beim Stand von 0:1 in der 19. Minute. Hätte Bremen in diesen Situationen besser gehandelt, "wäre Bremen besser im Spiel gewesen und hätte es vielleicht einen positiven Effekt gegeben", analysiert Matthäus. "Diese Momente haben sie nicht für sich genutzt, sondern sich immer wieder geschwächt."
Veränderungen in der sportlichen Führung?
Hätte Bremen diese Effekte möglicherweise durch eine frühere Trennung von Florian Kohfeldt erreichen können? "Ich kann nur sagen, dass wir diese Entscheidung und auch alle anderen Entscheidungen, die wir diese Saison getroffen haben, auch was die Kaderzusammenstellung betrifft, nicht leicht gemacht haben", so Bode: "Alles andere wäre jetzt hypothetisch", bleibt der Aufsichtsratschef einer klaren Antwort schuldig. Die Bremer Philosophie sei sich nicht leichtfertig von einem Trainer zu trennen. "Natürlich müssen wir festhalten, dass er es mit der Mannschaft im letzten Drittel der Saison nicht hinbekommen hat, da nochmal die Wende zu schaffen.
Bezüglich der Zukunft des bei den Fans in die Kritik geratenen Sportdirektors Frank Baumann will man bei Werder keine voreiligen Schlüsse ziehen. Bode zähle sich und Baumann sowie die gesamte sportliche Führung zum selben Boot.
"Wir tragen die Verantwortung für diese Situation und trotzdem halte ich es für völlig falsch, es nur daran festzumachen: Wer hat Schuld? Was müssen jetzt für Köpfe rollen?" Heute sei nicht der Zeitpunkt eine Entscheidung zu verkünden, so Bode. Dem stimmt Sky Experte Matthäus zu: "Aus diesen Emotionen heraus Entscheidungen zu treffen, wäre total nicht Bremen und es wäre auch nicht richtig."
Bode selbst werde "nicht davonlaufen". Ob er bei der Aufsichtsratswahl im September kandidiere, ließ er jedoch noch offen.
Keine Insolvenz bei Werder - Schmidt macht Mut
Bode will mit Bremen den Weg zurück in die Bundesliga finden. Das könnte jedoch für den finanziell klammen Klub aber schwierig werden. Immer wieder kursierte das Gerücht, dass den Bremern bei einem Abstieg die Insolvenz drohe. Dem schob Bode jedoch einen Riegel vor. "Es droht hier keine Insolvenz", so Bode, betonte aber, dass die finanzielle Situation "nicht komfortabel" sei.
Roger Schmidt, der noch zu Schaaf-Zeiten zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts bei Bremen hospitierte, macht den Bremen-Fans trotz der bescheidenen Situation Mut. "Ich glaube, dass die Struktur von Werder Bremen eine Stärke ist in diesem Moment." Schmidt spielt auf die Besonnenheit der sportlichen Führung an und spricht aus eigener Erfahrung: "Die Atmosphäre in Bremen ist fantastisch und man hält sehr stark zusammen."
Bei seiner Hospitanz 2011 sei es das erste Mal gewesen, dass Bremen strauchelte, man habe trotzdem "immer das Gefühl gehabt, dass alle an einem Strang ziehen. Der Verein Werder Bremen mit der Kultur, wie sie den Fußball leben, ist ganz klar eine Stärke in dieser schwierigen Situation."