WM-Phänomen Ochoa! DFB-Albtraum schlägt auch gegen Lewy zu
22.11.2022 | 23:21 Uhr
Alle vier Jahre wieder: Kult-Keeper Guillermo Ochoa hat schon im ersten Spiel der Mexikaner bei der Weltmeisterschaft gezeigt, dass er seine berühmt-berüchtigte WM-Form erreicht hat.
Die deutsche Nationalmannschaft wurde lange Zeit als "Turniermannschaft" bezeichnet. Damit wurde der Annahme Respekt gezollt, dass sie zu Beginn von Welt- und Europameisterschaften über Jahre hinweg immer in Topform gewesen sei und diese Turniere meist erfolgreich gestaltete. Hinzu kam, dass das DFB-Team in den Spielen zwischen den Turnieren dagegen wenig Unterhaltung bot. Der Begriff Turniermannschaft" ist demnach schon jahrelang als Begriff in der Sportberichterstattung etabliert. Der Begriff "Turniertorwart" aber noch nicht.
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Das beste Beispiel für einen Turniertorwart scheint Francisco Guillermo Ochoa Magana, kurz: Guillermo Ochoa, zu sein. Der mexikanische Keeper taucht in beinahe beängstigender Regelmäßigkeit alle vier Jahre im - zugegebenermaßen europäischen - Fokus auf und wird für seine Leistungen abgefeiert.
So auch am Dienstag, als er zum Albtraum für Star-Torjäger Robert Lewandowski avancierte und beim 0:0 einen Strafstoß des Polen vereitelte. Das machte ihn, der ohnehin schon Kultstatus besitzt, nicht nur zum "Spieler des Spiels", sondern auch zum ersten mexikanischen Torhüter, der bei einer WM einen Elfmeter parierte (Elfmeterschießen ausgeschlossen). "Wir haben daran gearbeitet in den letzten Wochen mit dem Torwarttrainer Gustavo. Es ist immer schwierig bei einem Elfmeter von Lewandowski. Du schaust dir 15-20 Elfmeter von ihm an und weißt nicht, welche Seite du auswählen sollst", sagte Ochoa nach dem Spiel in Doha. "Am Ende bin ich glücklich, diesen Elfmeter gehalten zu haben. Ich bin froh, die Null gehalten zu haben." In Deutschland kann man ein Lied davon singen, wie der "Hexer" ein ganzes Land zur Verzweiflung bringen kann.
Ausgerechnet gegen die Turniermannschaft schlechthin legte Ochoa 2018 wohl seine bisher beste WM-Leistung hin. Im ersten Gruppenspiel hatte Ochoa entscheidenden Anteil am überraschenden 1:0-Erfolg der Mexikaner gegen den damals amtierenden Weltmeister. Neun Bälle parierte er alleine gegen das DFB-Team, 25 insgesamt - Bestwert in Russland und das trotz des Ausscheidens im Achtelfinale. Und noch ein Topwert: Betrachtet man die "expected Goals", dann habe der Mann mit der kultigen Mähne laut The Athletic während seiner WM-Spiele fünf Tore mehr verhindert als es von einem durchschnittlichen Torwart zu erwarten wäre.
133 Spiele hat der 37-Jährige bisher für die mexikanische Nationalmannschaft absolviert, neun davon bei Weltmeisterschaften. Es hätten einige mehr sein können, wäre er schon 2006 (!) in Deutschland und 2010 in Südafrika zum Einsatz gekommen. Damals war der Fänger, aktuell für den mexikanischen Traditionsverein Club America zwischen den Pfosten, jedoch nur Ersatzkeeper. Für den Rekord reicht es trotzdem: Wie Lothar Matthäus, Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo nahm Ochoa bisher an fünf WM-Endrunden teil. Mehr schaffte noch kein Spieler in der Geschichte.
Ob Samuel Eto'o mit Kamerun, Neymar mit Brasilien, Thomas Müller mit Deutschland oder nun Robert Lewandowski mit Polen - Top-Perfomances lieferte Ochoa gegen diese Granden des Fußballs. Niemand von ihnen konnte die richtige Mauer Mexikos überwinden. Und der nächste Superstar wartet schon. Am kommenden Samstag könnten die Mexikaner und ihr Kult-Keeper für das Vorrunden-Aus der Argentinier und Lionel Messi sorgen (26.11., 20 Uhr).
Der Hype im Netz ist schon entbrannt. Twitter ist für einen wie "Memo" wie geschaffen, entweder wird dort in guter alter verschwörerischer Manier gemunkelt, dass man den ewig jungen Ochoa zwischen den Weltmeisterschaften wohl in einer Kältekammer konserviere und er nur zu den Turnieren aufgetaut werde. Schaut man ihn sich an, man könnte kaum widersprechen, denn seine 37 Lenzen sind ihm nicht anzusehen. Oder er wird mit Pop-Star Mariah Carey verglichen, die schließlich auch nur zu Weihnachten auftauche und dann gefeiert werde.
Einen eigenen Hashtag hat Ochoa schon. #NoMemoNoParty schrieb der Keeper unter einen eigenen Post nach der Partie gegen Polen, in dem er unter anderem seinen Freunden und seiner Familie dankt. Auf dem Bild dazu ist zu sehen, wie er gerade den Strafstoß gegen Lewandowski hält. "Für solche Tage lohnt es sich alles zu opfern", so Ochoa.
Die Party, die es ohne "Memo" nicht geben soll, könnte noch ein ganzes Stück länger gehen. Nicht nur, dass die Mexikaner das Achtelfinale erreichen können, "Memo" möchte auch 2026 nochmal dabei sein. Vor eigenem Publikum, wenn die Weltmeisterschaft in den USA, Kanada und Mexiko ausgetragen wird, würde er sich dann den WM-Rekord holen. Im Stadium 974 gegen Polen gaben die mexikanischen Fans schon eine Kostprobe der Stimmung, die sie entfachen können. Bringt der ewige Ochoa zu Hause eine ähnliche Leistung mit dann 40 beziehungsweise 41 Jahren, sie würden ihm wohl ein Denkmal bauen.