Mino Raiola: Aus der Pizzeria an den Verhandlungstisch
01.05.2022 | 10:22 Uhr
Der wohl berühmteste Spielerberater der Welt ist tot. Mit 54 Jahren erlag Mino Raiola einer schweren Lungenkrankheit. Mit seinen Methoden sorgte er bei den Klubs für Verzweiflung, seine Spieler schätzten ihn dafür.
Es ist schon eine besondere Geschichte, dass Erling Haaland am Samstag gegen den VfL Bochum mit seinem Dreierpack gerade einen neuen, vielleicht für die Ewigkeit geltenden Bundesliga-Rekord aufstellte, während die Nachricht über den Tod des berühmt berüchtigten Spielerberaters Mino Raiola die weltweite Runde machte. Schließlich ist der BVB-Stürmer neben Kylian Mbappe aktuell nicht nur der wohl am heißesten begehrte Stürmer auf dem Markt, er ist auch ein Klient von Raiola gewesen und steckt mitten in seinen Zukunftsplanungen.
Der 21-jährige Norweger dürfte Raiola und seine Kumpanen in den vergangenen Monaten mit am meisten beschäftigt haben. Zumindest ist an Haaland derzeit mit am meisten Geld zu verdienen. Und so zeigten sich sowohl Haaland selbst als auch sein Vater Alf Inge tief betroffen nach der Nachricht über den Tod des 54-jährigen gebürtigen Italieners nach seiner schweren Lungenkrankheit. Alle persönlichen Verbindungen vorausgesetzt, versprachen sich die Haalands von dem Spielerberater auch den nächsten großen Deal.
Für diese war Raiola, der in frühester Kindheit mit seiner Familie von Italien in die Niederlande auswanderte, bekannt. Als "Scheißkerl" bezeichnete ihn Manchester-United-Legende Sir Alex Ferguson einst, BVB-Sportdirektor Michael Zorc müsse ihn "gehasst" haben, sagte der Italiener selbst einmal. Raiola wurde gefürchtet und mehr als nur einmal beschimpft von verärgerten Managern. Streit und Konfrontation waren zwei gewichtige Attribute während seiner Verhandlungen. "Wenn die Leute mich hassen, dann bin ich froh. Dann weiß ich, dass ich gute Arbeit gemacht habe", sagte er vor einiger Zeit gegenüber Sport1. Aufgrund seiner Methoden war Raiola einer der wohl Umstrittensten, aber ziemlich sicher auch einer der Erfolgreichsten seines Berufszweigs.
Er verlangte nach eigenen Angaben keine Verträge mit den Profis. "Wenn ein Zahnarzt mich bitten würde, vorher einen Zweijahresvertrag zu unterschreiben, würde ich das auch nicht machen. Wenn er denkt, er findet einen besseren, dann sollte er gehen", sagte er einmal.
In Verhandlungen mit Vereinen konnte er ebenso unnachgiebig wie unvorhersehbar sein. Für seine Spieler - und dank der Provisionen auch für sich selbst - handelte Raiola aber regelmäßig fantastische Deals aus. Beim damaligen Rekordtransfer von Paul Pogba von Juventus zu Manchester United für 105 Millionen Euro soll Raiola im Jahr 2016 Berichten zufolge rund 25 Millionen Euro kassiert haben.
Begonnen hatte alles in einer Pizzeria vor den Toren Amsterdams. Aus Süditalien waren die Eltern 1968 in die Niederlande ausgewandert, als Raiola gerade ein Jahr alt war. In Haarlem betrieben sie dann ein Restaurant, und der Sohn half mit, Er putzte, spülte Teller und brachte das Essen.
Irgendwann fing er an, als junger Erwachsener ein Auge auf die Finanzen des Geschäfts zu werfen, studierte zudem ein paar Semester Jura und lernte zahlreiche Fremdsprachen. Es war der Beginn seines Aufstiegs.
Im Familienunternehmen soll er erste Kontakte in die Fußballwelt geknüpft haben, die ihn Anfang der 1990er-Jahre erst zum Sportdirektor des HFC Haarlem werden ließen, dann zum Spielerberater. Auf seinen ersten Transfer, dem des niederländische Nationalspieler Bryan Roy von Ajax Amsterdam nach Foggia, folgten später die ganz großen Namen.
Sie alle haben sich Raiola als Berater ausgesucht, weil er für sie und für sich kämpfte und Millionen rausschlug. "Ich bin bereit, für meine Spieler in den Krieg zu ziehen. Ich bin bereit, alles für sie zu machen. So wie für meine Söhne."