Liverpool frisst United auf! Die Reinkarnation des Fußball total
06.03.2023 | 15:43 Uhr
Toni Tomic blickt in seiner Kolumne auf den 7:0-Kantersieg des FC Liverpool gegen den großen Rivalen Manchester United.
Das Stadion stand auf und sang "always look on the bright side of life" in Richtung des noch halb gefüllten Gästeblocks von Manchester United .
Ich blickte in Gesichter von ungläubigen Journalisten. Sie tippten wie wild Texte in ihre Notebooks oder rangen nach Superlativen für ihre Notizblöcke.
Expect the unexpected wenn du nach Anfield kommst!
Nur 10 Tage nach dem unerwarteten 2:5 gegen Real Madrid jetzt dieses unerwartete 7:0 gegen den Erzrivalen Manchester United. Historisch.
Von Demütigung zu sprechen, wäre untertrieben, es war nicht mal eine Kapitulation. Es war eine Hinrichtung. Lebendig aufgefressen.
Es ist nicht so, dass die jüngere Vergangenheit nicht Warnzeichen gesendet hatte. Was wurde alles geschrieben, als Liverpool vergangene Saison 5:0 im Old Trafford und 4:0 in Anfield gewann. United war auf den Knien. Ein Trümmerhaufen.
Aber nicht gegen dieses United. Das nur eins der letzten 22 Spiele verloren hatte. Das letzte Woche den Ligacup gewonnen hatte. Das im Sommer aufgepimpt worden war um Weltmeister und Champions League Sieger.
Ein Jahr später, dasselbe Bild. 21 Tore in den letzten fünf Duellen gegen Liverpool zu kassieren, ist erbärmlich.
Es gibt grundlegende Dinge in so einem Derby, die die Fans sehen wollen: Kampf. Wille. Leidenschaft. Wehrhaftigkeit, Widerstandsfähigkeit. Alles Fehlanzeige. Kein Herz, keine Seele.
Wenn der eigene Kapitän seine Auswechslung fordert, Stefan Bajcetic vor dem 6. Tor aufhört hinterherzulaufen, seine Mitspieler anpöbelt, mit billigen Schwalben Elfmeter provozieren will und dem Schiedsrichter-Assistenten auf den Rücken schlägt ist alles gesagt.
Bruno Fernandes sollte nicht nur dafür im Nachhinein von der Liga gesperrt werden. Er sollte dieses heilige Trikot nie wieder anziehen.
Oder glauben Sie, ein Roy Keane hätte als damaliger Kapitän in so einem Derby so etwas abgezogen? Er, der am Sonntag davon sprach, er würde sich monatelang verstecken nach solch einem Ergebnis.
Ich weiß nicht, ob Erik ten Hag mitlaufen wird. So wie ein Tag nach dem 0:4 im August gegen Brentford. Die 13,7 km als Differenz zur damaligen Laufstrecke des Gegners. Aber der Niederländer ist nicht zu beneiden.
Vor einer Woche holte er noch den ersten Titel seit 2017. Jetzt geht er in die englische Fußballgeschichte als der Trainer ein, der die höchste Niederlage gegen den Erzrivalen Liverpool kassiert hat. Es ist wie eine Tätowierung, die du für immer tragen wirst.
Von einem Extrem ins andere. In sieben Tagen. Fortsetzung folgt.
Eine Fortsetzung wird es für ihn ab Sommer nicht geben. Roberto Firmino. Das strahlendste Lächeln am Mersey River wird den Klub nach acht Jahren verlassen. Er wird gehen als Legende.
Als einer von ihnen. Vom Kop. Und dieser Kop forderte nach dem 6:0 noch lautstark ein 7. Tor - und bekam es. Von ihm. Sie sangen seine Einwechslung herbei noch bevor er den Rasen betrat.
Mit diesem eigens für ihn gewidmeten Song: "Si senor. Give the ball to Bobby and he will score."
Dass ausgerechnet er es war, der den finalen Nagel in Uniteds Sarg hämmerte, war die Geschichte der Woche, des Spiels. Auf Vorlage von: natürlich Salah.
Er, der mit Mo Salah und Sadio Mane eines der famosesten Trios der Fußballgeschichte formte. Die Geschichte des Abends war aber auch, dass der Wandel beim LFC vollzogen ist. Cody Gakpo und Darwin Nunez sind unweigerlich die Zukunft. Diogo Jota und Luis Diaz nicht zu vergessen.
Und Mo Salah thront über allen in diesem Klub. Mit seinem 129. Premier League Tor für den LFC jetzt auch statistisch. Damit hat er gestern offiziell Robbie Fowler überholt.
In einem würdigen und denkwürdigen Rahmen. In dem der LFC zeigte, dass er immer noch einer der besten Klubs der Welt ist. Trotz Problemen, Verletzungen und Missgeschicken in dieser Saison.
Dieses Team hat allen gezeigt, mit welcher Wucht sie Fußball spielen können. Welchen Rausch sie entfachen können. Größer als es Manchester City jemals konnte.
Liverpools Fußball ist die Reinkarnation des Fußball total. Ohne Zwänge, ohne Handschellen. Gibst du ihnen den kleinen Finger, nehmen sie die ganze Hand.
Liverpool ist zurück. Mit einem Knall. Keine gute Nachricht für die letzten 13 Gegner dieser Saison.
Frag nach in Manchester.