Kimmich hinten rechts? "Könnte die Lösung für Tuchel & Nagelsmann sein"
07.11.2023 | 11:00 Uhr
In seiner Kolumne "So sehe ich das“ spricht Lothar Matthäus über das von Thomas Tuchel abgebrochene Interview nach dem Sieg des FC Bayern in Dortmund. Der Sky Experte sieht das Spiel auch als Zeichen in Bezug auf die Position von Joshua Kimmich im Verein und in der Nationalmannschaft.
Die Sache vom Samstag ist für mich vergessen, auch für meinen Arbeitgeber Sky. Es gibt kein Nachpoltern und kein Nachhaken, kein Draufhauen und kein Beleidigtsein. Thomas Tuchel hat reagiert. Ob es richtig oder falsch war, das sollen andere entscheiden und das ist auch nicht das, was ich wollte.
Jeder kann sich sein Bild machen. Für mich ist es wie als Spieler oder Trainer nach einem Sieg oder einer Niederlage: Nicht zu lange feiern, nicht zu lange darüber reden, sondern auf das nächste Spiel konzentrieren.
Ich kenne den Fußball seit etwa 50 Jahren. Kritik gehört dazu. Thomas Tuchel gibt ganz sicher sein Bestes. Keiner verliert gerne und Thomas ist erfolgsorientiert. Natürlich ist man ab und zu im Tunnel. Bisher hat er seine Interviews immer sehr gut gemacht in den letzten Monaten, wo auch nicht immer alles so gelaufen ist, wie es sich der FC Bayern, bzw. Tuchel vorgestellt hat.
Nach dem Spiel war meine Kritik positiv, nur die Leistung des FC Bayern ist leider viel zu wenig gewürdigt worden. Man hat über diesen glanzvollen Sieg, über das beste Spiel des FC Bayern in dieser Saison, bis heute wenig gesprochen. Das tut mir leid für die Mannschaft und für die Spieler, denn sie hätten es verdient gehabt, für ihre tolle Leistung richtig gelobt zu werden. Das war Fußball, wie man ihn sich vom FC Bayern wünscht.
Bei Bayern München legt man die Messlatte sehr hoch an, und ich habe in den letzten sechs, sieben Monaten nicht den großen Unterschied gesehen zu vorher. In mehreren Spielen wie zum Beispiel gegen Mainz, Kopenhagen oder Istanbul war nicht die Überlegenheit, Leichtigkeit, Spielfreude und Kompaktheit wie am Samstag in Dortmund zu sehen.
Goretzka ist aufgeblüht, auch Laimer hat in Dortmund ein Riesenspiel gemacht, die Vier vorne bringen alles mit: Torgefährlichkeit durch Kane, gutes taktisches Verhalten und Wechselspiele zwischen Musiala und Kane, zwischen Coman und Sane, was die Seiten betrifft. Geschwindigkeit, große technische Qualität, Dribblings, Abschlüsse. So etwas muss man in Europa suchen.
Wenn man solche Spieler hat, die der FC Bayern seinem Trainer zur Verfügung gestellt hat, auch wenn nicht alle seine Wünsche erfüllt wurden, sollte man solche Spiele wie am Samstag häufiger erwarten dürfen.
Es gibt natürlich auch andere wichtige Dinge, gerade mit Blick auf die Zukunft des FC Bayern: Ich glaube, dass man am Samstag durch Kimmichs Sperre möglicherweise zu seinem Glück gezwungen werden könnte. Die neue Doppelsechs mit Laimer und Goretzka hat sehr gut funktioniert, das Mittelfeld wurde sehr schnell und konzentriert überbrückt, das Spiel wurde präziser und schneller nach vorne getragen. Die Balleroberung, das aggressive Dagegengehen und das Umschaltspiel haben mir sehr gut gefallen.
Goretzka konnte mit seinen Läufen und Vorstößen befreiter als in den vergangenen Wochen und Monaten aufspielen, da er Kimmich nicht absichern musste. Vor Jahren habe ich schon gesagt, dass Leon ein Box-to-Box-Spieler mit offensiven und defensiven Qualitäten ist. Am Samstag hat das gezeigt, was ihn stark gemacht hat.
Goretzka und Laimer waren überragend, und durch ihr Zusammenspiel hat der Trainer vielleicht auch eine Möglichkeit im Kopf, die er schon im nächsten Spiel umsetzen könnte - mit Kimmich auf der rechten Abwehrseite.
Kimmich hat dort vor einiger Zeit schon Weltklasse gespielt und vielleicht hat man mit ihm als Außenverteidiger zumindest die Option, die man vor der Saison gesucht hat. Man hat Probleme auf der rechten Abwehrseite und wollte für diese Position im Sommer einen neuen Spieler haben.
Ich bin ein Fan von Kimmich, er hat in den vergangenen Jahren auf zwei Positionen Weltklasse verkörpert: Als rechter Außenverteidiger mit seinen Flanken und seinem Abwehrverhalten. Auch auf der Sechs hat er sehr gut gespielt, auch wenn es in letzter Zeit vielleicht nicht mehr so gut geklappt hat.
Das Spiel am Samstag war möglicherweise auch ein Zeichen für Julian Nagelsmann. Der Nationaltrainer weiß, dass Kimmich und Gündogan zusammen nicht so funktioniert haben, wie man es sich vorgestellt hat, man erinnere sich an die Weltmeisterschaft in Katar. Auch in der Nationalmannschaft gibt es Probleme auf der rechten Außenverteidigerposition. Möglicherweise ist es auch für das DFB-Team eine Option, dass Kimmich vom Zentrum auf die Außenposition wechselt.
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