Klopps goldrichtige, schmerzhafte Entscheidung
11.03.2024 | 12:05 Uhr
Sky Kommentator Florian Schmidt-Sommerfeld blickt in seiner Kolumne auf das Duell der Duelle zwischen Liverpool und City zurück. Es war ein hochklassiges, rasantes Match und der letzte Tanz in der Premier League zwischen Jürgen Klopp und Pep Guardiola.
Ich war noch absolut überwältigt von diesem Spiel, zu frisch diese vielen Eindrücke: Die fußballerische Klasse, das durchgehend ohrenbetäubende Stadion, die Wendungen in Halbzeit eins, die Liverpooler Dominanz in Halbzeit zwei - und vor allem die Intensität über 90 Minuten. Bedingungslos. Rastlos. Atemlos.
Und dann kam mir schon auf dem Weg runter aus unserer Kommentatoren-Box ins Studio die Frage: Wer soll uns das jemals wieder bringen? Denn es war in der Premier League ja das letzte Mal Jürgen Klopp gegen Pep Guardiola.
Es ist DAS Duell unserer Zeit (seit Match-of-the-Week-Einführung 2019) und wie ich noch im Guardian gelesen habe, auch für die englischen Kollegen eine "Ära im englischen Fußball". Natürlich wird es neue Rivalitäten, Top-Trainer, außergewöhnliche Teams geben - nach Ferguson und Wenger war die Premier League ja auch nicht beendet.
Und trotzdem: FC Liverpool gegen Manchester City mit Jürgen Klopp und Pep Guardiola an der Seitenlinie war eine Garantie für Kracher. Diese Anspannung schon Tage vor dem Spiel. Wie sich alles in diesen 90 Minuten entlädt. Auch wenn die Meisterschaft sich nie in zwei Spielen pro Saison entscheidet - man hatte immer genau dieses Gefühl.
Weltklasse-Fußball wie auf Knopfdruck. Die Garantie für etwas Besonderes, etwas Großes, etwas, das im Kopf bleibt. Wunderschön. Ich freue mich mit Jürgen Klopp, wie sehr er es genießen konnte. Obwohl das 1:1 aus Liverpool-Sicht eher "zu wenig" war, ein Sieg verdient gewesen wäre, ihnen dazu der nicht gegebene Elfmeter nach Dokus Einsteigen in der 99. Minute (für mich ein klarer Strafstoß) die Chance auf einen möglichen Siegtreffer genommen hat - wie wäre Anfield da explodiert?
Klopps Lockerheit beim letzten Shakehands mit Pep in der PL und im Interview danach, sein schelmisches Grinsen bei Raphael Honigstein am Sky Mikrofon - wow. Seitdem habe ich null Zweifel: Jürgen Klopp hat für sich die goldrichtige Entscheidung getroffen.
Sein Team hat den großen Rivalen, der fünf Mal in sechs Jahren im Kampf um die englische Krone die Nase vorne hatte in der zweiten Halbzeit fußballerisch dominiert wie noch nie. Und Klopp wirkte einfach nur stolz und glücklich.
Kein Zähne-Fletschen nach dem ausbleibenden Pfiff, kein Bedauern der übertrieben formuliert "liegen gelassenen" zwei Punkte, dem Verlust der Tabellenführung, keine Wehmut, dass dieses Duell der Duelle so in der Liga niemals wieder kommt (vielleicht noch einmal im FA Cup).
Klopp geht als glücklicher Mann, unabhängig davon, was die Saison noch an Titeln abwirft - kein Zweifel! (Zur PL-Tabelle)
Klopp und Guardiola haben uns acht lange Jahre verwöhnt. Und in keiner Sekunde habe ich das für selbstverständlich genommen. Ich war für diesen einen ganz besonderen Tanz jedes Mal so dankbar. Manchmal weiß man erst, was man hat, wenn es nicht mehr da ist. Das war hier nie der Fall.
Aber jetzt, wo der letzte Tanz hinter uns liegt, beginnt für mich der Abschiedsschmerz. Im Wissen, dass „mein" Spiel der Spiele so nie wieder kommt…
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