Der Fluch des Erfolgs: Ajax vor Ausverkauf - Lösung parat?
01.09.2020 | 11:46 Uhr
Im Frühjahr 2019 gelang Ajax Amsterdam mit dem Einzug ins Halbfinale der Champions League ein kleines Wunder. Auf großen Jubel folgte harte Arbeit in Sachen Zusammenstellung und Erhalt des Kaders.
Ajax Amsterdam gehört seit Generationen zu den erfolgreichsten Ausbildungs-Vereinen in Europa. Talente, die gekauft und geformt oder gleich aus dem Nachwuchsleistungszentrum "De Toekomst" in den Profifußball gebracht werden, hält es allerdings oft nicht lange in der heimischen Eredivisie.
Schon lange kämpfen die Niederländer mit dem Problem, die besten Spieler schnell abgeben zu müssen. Seit dem Halbfinal-Wunder von 2019 hat sich die Abgangswelle noch einmal verschärft. Die Liste der abgewanderten CL-Helden wird immer länger.
Frenkie de Jong (FC Barcelona), Mathijs de Ligt (Juventus) und Kasper Dolberg (OGC Nizza) verschlug es bereits im vergangenen Sommer quer durch Europa. Mit Hakim Zyiech, der für rund 40 Millionen Euro zum FC Chelsea gewechselt ist, steht bereits der Abgang eines Leistungsträgers in diesem Jahr fest. Zwei weitere werden aller Voraussicht nach folgen.
Spielmacher Donny van de Beek hat sich nach Sky Informationen am Montag bereits von seinen Teamkollegen verabschiedet und wird in naher Zukunft einen bis 2025 datierten Vertrag bei Manchester United unterschreiben. Für den 23-Jährigen, der seit seinem elften Lebensjahr bei Ajax spielt, werden rund 50 Millionen Euro fällig.
Schon im vergangenen Jahr wollte das Eigengewächs den nächsten Schritt gehen, erhielt aufgrund der anderen namhaften Abgänge allerdings kein grünes Licht von den Verantwortlichen. Für den jungen Lenker und Denker des Ajax-Spiels geht mit dem Wechsel auf die Insel ein Traum in Erfüllung. Zusammen mit Bruno Fernandes könnte der Niederländer auch im System der Red Devils zum Spielgestalter werden.
Für den niederländischen Rekordmeister ein herber Verlust. Auch der durchaus zu erwartende Abgang von Sergino Dest würde schwer ins Gewicht fallen. Der Rechtsverteidiger stammt ebenfalls aus der Jugendakademie des Liga-Primus und avancierte in dieser Saison zum unangefochtenen Stammspieler und Wunschobjekt einiger Top-Klubs. So sind nach Sky Informationen zwei Klubs aus der Premier League sowie der FC Bayern noch immer hinter dem Defensiv-Akteur her.
Dest selbst würde gerne zum Triple-Sieger wechseln. Der schielt allerdings auch zu Premier-League-Absteiger Norwich City. Dort will mit Max Aarons ein ganz ähnlicher Spielertyp gerne nach München. Doch auch wenn es eine Absage vom FCB gibt, mangelt es nicht an Alternativen für Dest.
Wie will Ajax das Wegbrechen dieser wichtigen Säulen kompensieren? Die Ansage ist klar: weitermachen. Es ist nicht das erste Mal, dass der Champions-League-Teilnehmer solche Abgänge kompensieren muss. Im vergangenen Jahr machten die Verantwortlichen bereits einen starken Job.
Eigene Talente wie Ryan Gravenberch oder eben Dest wurden hochgezogen, funktionierende Ersatzleute wie Quincy Promes oder Edson Alvarez für vergleichsweise kleines Geld geholt. Selbst ohne die prognostizierten Ablösen von van de Beek (rund 50 Millionen Euro) und Dest (rund 20 bis 25 Millionen Euro) kommen die Niederländer seit letztem Sommer auf ein Transferplus von insgesamt 174 Millionen Euro.
Geld für neue Spieler wäre also reichlich vorhanden. Geld, das eventuell gar nicht großartig von Nöten ist. Geht die steile Entwicklung von Gravenberch weiter und schlägt Youngster-Neuzugang Mohammed Kudus ein (für neun Millionen Euro von Nordsjaelland gekommen), stünden bereits zwei Zentrumsspieler parat, um van de Beek zu ersetzen.
Auch auf den Abgang von Ziyech hat Ajax bereits mit der Verpflichtung von Antony von Sao Paolo reagiert. Ein Coup, bedenkt man, dass auch Borussia Dortmund und RB Leipzig ihre Fühler nach dem 20-jährigen Flügelstürmer ausgestreckt hatten.
Sollte Dest den Verein verlassen, steht mit dem 22-jährigen Noussair Mazraoui sogar schon ein integrierter Ersatz aus der eigenen Jugendschmiede im Kader. Ajax ist also trotz rauer See weiterhin voll auf dem Kurs, der seit einigen Jahren gefahren wird.
Sollten auch die Ersatzleute durchstarten und nach Höherem streben, setzt Ajax weiter auf dieses Erfolgskonzept aus jungen Eigengewächsen und neu-entdeckten Stars.