Im exklusiven Sky Interview hat BVB-Trainer Nuri Sahin über den viel benutzten Begriff des "Schattentrainers" gesprochen und seinen Plan mit Serhou Guirassy und Niclas Füllkrug verraten.
Nuri Sahin ...
… auf die Frage, ob er der "Schattentrainer" von Edin Terzic war: "Ich weiß, dass über das Thema Schattentrainer und Ähnliches spekuliert wurde. Natürlich ist es für jeden Trainer ein Traum, Borussia Dortmund zu trainieren. In den letzten sechs Monaten habe ich bewiesen - und Edin [Terzic] kann das am besten beurteilen - dass ich mein Bestes gegeben und mich voll engagiert habe. Dass darüber spekuliert wird, ist verständlich, aber ich hatte diesen Plan nicht. Edin weiß auch, dass ich von Anfang an gesagt habe, dass ich die Rolle des Co-Trainers nicht mein Leben lang ausüben möchte. Das ist keine Rolle, die mich die nächsten zehn, fünfzehn Jahre begleiten wird, weil ich auch Cheftrainer war und weiß, wie die Emotionen sind, wie es sich anfühlt. Deswegen war es für mich klar, dass es eines Tages wieder in diese Richtung geht. Dass es jetzt dazu kommt, war eine schöne Überraschung für mich."
… über die Unterschiede zwischen Co-Trainer und Cheftrainer: "Der Hauptunterschied ist, dass man die letzte Entscheidung trifft. Alles andere - wenn man sich jetzt als Mensch verändern würde, vom Trainer zum Cheftrainer - wäre es nicht gut für die Spieler. Das habe ich meinen Jungs am ersten Tag gesagt. Das würde bedeuten, dass ich ein schlechter Mensch bin, wenn ich in Rollen hineinschlüpfe, die nicht zu mir passen. Natürlich muss ich jetzt auch die letzte Entscheidung treffen, und diese wird auch unangenehm sein für den einen oder anderen, das müssen die Spieler wissen."
… über Respekt und Umgang im Team: "Das sollte auch im Leben so sein. Das gilt nicht nur speziell für mich, sondern für alle: dass man Respekt voreinander hat, man vernünftig miteinander umgeht, man denjenigen, egal in welcher Rolle er ist, erstmal als Mensch respektiert. Aber das ist jetzt nichts Neues nur für mich, das ist die Basis für alles. Ich gehöre zu einer anderen Generation. Ich bin erst 35, aber ich habe einen 13-jährigen Sohn und ich weiß, dass die kommende Generation anders ist. Da muss man sie vielleicht schon mal daran erinnern, dass man beim Abendessen nicht unbedingt mit Latschen kommen sollte, wo ich die Zehen von den Spielern sehe."
BVB mit Guirassy und Füllkrug?
… über die Zusammenarbeit mit Lukasz Piszczek: "Ich bin sowohl menschlich als auch fachlich extrem von ihm überzeugt. Piszczek und ich machen unsere Analysen schon seit 2015. Manchmal habe ich seine Mannschaft in Polen analysiert und er meine. Sven Bender war fast unmöglich zu ersetzen. Dafür gab es für mich nur zwei Kandidaten, und einer von ihnen war Lukasz Piszczek und sein Gesamtpaket ist genau das, was ich in meinem Trainerteam haben möchte. In Antalya gab es mal eine Situation, da hat der Gegner ein bisschen anders aufgebaut. Da habe ich zwei, drei Vertraute - einer von ihnen war Lukasz - angerufen und gefragt, was er darüber denkt. Unsere Verbindung war über die Jahre einfach da, und ich weiß, wie gut er taktisch ist und wie er über Fußball denkt. Deswegen war es mir wichtig, ihn dabei zu haben."
… über den Verbleib und die Bedeutung von Niclas Füllkrug für das Team: "Fülle weiß, was ich über ihn denke. Wir hatten über den Sommer viel Kontakt. Er war auch mein Mitspieler in Bremen, und er weiß, wie ich über ihn denke und welche Wertschätzung er von mir bekommt. Wir wollen die bestmögliche Mannschaft haben und da spielen Niclas Füllkrug und Serhou Guirassy eine zentrale Rolle in meinen Planungen. Ich brauche nicht den Typen, der die ganze Zeit aneckt und andere Meinungen haben muss. Aber ich brauche Charaktere, die ihren Mann stehen und in Drucksituationen den Ball fordern und auch in der Kabine eine Wertigkeit haben, wenn es unangenehm wird. Ein Trainerteam alleine kann nicht die Kultur und die Standards in einer Mannschaft hochhalten. Dafür ist die Mannschaft zuständig, dafür sind die Leistungsträger und Führungsspieler zuständig, dass jeden Tag abgeliefert wird. Das ist die Grundlage für unsere Arbeit. Da erwarte ich von einem Niclas Füllkrug genauso wie von den anderen, dass sie vorangehen."
… über den Austausch mit Serhou Guirassy: "Sehr gut und sehr ehrlich. Ich habe einen offenen, ehrlichen Jungen erlebt. Natürlich war es suboptimal mit der Situation, die wir mit seinem Knie hatten. Doch in dem Moment, als Serhou unterschrieben hat, war ich extrem glücklich, dass er bei uns ist."
… über die Rolle von Serhou Guirassy im Team: "Er ist natürlich eine andere Art von Spielertyp als Füllkrug oder Moukoko oder Adeyemi. Er bringt noch mal etwas anderes mit. Er kommt an den Ball, verbindet nach außen, verbindet nach innen, kann kurze Laufwege geben. Er hat alle Arten von Toren geschossen. Das Gesamtpaket ist einfach top. Wir wollen uns sehr gut aufstellen mit Qualität und Serhou gehört zu den Topspielern in der Liga."
Sahin spricht über Kapitänsfrage
… auf die Frage, ob Emre Can Kapitän bleibt: "Es ist nicht anders vorgesehen, ehrlich gesagt. Es bringt jetzt auch nichts, über die Kapitänsfrage zu sprechen, wenn gerade zehn bis elf Spieler im Urlaub sind. Die Frage wurde mir gestellt, als ich Julian Brandt zum Kapitän gemacht habe beim Spiel, ob das ein Zeichen ist. Es ist kein Zeichen. Erstmal rede ich mit meinen Spielern und danach kommuniziere ich das. Ehrlich gesagt habe ich jetzt keinen Gedanken daran verschwendet, die Kapitänsfrage zu klären."
… über die Hierarchie im Team: "Ja, die Hierarchie wird schon mitgestaltet vom Trainer. Das ist wichtig. Ich muss Sachen vorgeben, und die müssen dann ausgelebt werden. Da werde ich auch Entscheidungen treffen. Die werden erst intern kommuniziert und danach in die Öffentlichkeit."
… über das erste Heimspiel der Saison: "Der 24. August ist auch der Geburtstag meiner Tochter. Das ist ein Tag, auf den ich mich extrem freue. Es ist jetzt schon sechs, sieben Jahre her, dass ich das letzte Mal als Feldspieler auf dem Platz stand. Diese Emotionen werden niemals wiederkommen als Spieler, weil dieses Gefühl, dieses Adrenalin, diese Genugtuung, die du als Fußballer bekommst, bekommst du nie mehr im Leben wieder. Am nächsten ist es dann an der Seitenlinie. Es gibt keinen schöneren Ort, Trainer zu sein, als bei uns im Signal Iduna Park. Wenn dann auf meiner linken Seite die Südtribüne ist und ich als Cheftrainer von Borussia Dortmund an der Seitenlinie stehe, darauf freue ich mich sehr."
Das Interview führte Jesco von Eichmann
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