FCB wieder in Reichweite, aber BVB hält den Ball flach
16.03.2022 | 23:50 Uhr
Borussia Dortmund macht das Meisterschaftsrennen mit dem Sieg in Mainz wieder spannend. Die Euphorie beim BVB hält sich aber in Grenzen - nachvollziehbar oder nicht?
Der BVB schiebt sich mit dem 1:0-Erfolg in Mainz auf vier Punkte in der Tabelle an den FC Bayern heran. Die Bundesliga hat wieder einen Titelkampf - oder auch nicht? Die Dortmunder selbst halten den Ball nämlich lieber flach und verzichten darauf, sich selbst zum Meisterschaftsanwärter auszurufen. Ganz im Gegenteil. "Es war wirklich wichtig, den Vorsprung auf die Teams unter uns auszubauen", sagte Matchwinner Axel Witsel nach Abpfiff bei DAZN.
Von Trainer Marco Rose sind ähnliche Töne zu hören. "Wir sind ordentlich im Rennen. Punktemäßig ist das schwer in Ordnung". Mehr aber ließ er sich nicht entlocken. Die Euphorie über den knappen Erfolg hielt sich bei Rose in Grenzen. Kein Wunder: Die Partie in Mainz war über weite Strecken sehr schwere Kost.
Den Gästen fiel vor allem vor der Pause sehr wenig ein. Es mangelte gegen die coronagebeutelten Mainzer an Durchschlagskraft, Tempo und Kreativität. Zur Halbzeit kam Dortmund auf einen Wert von 0,13 bei den Expected Goals, Mainz auf 0,57. Ein Fußball-Feuerwerk sieht wahrlich anders aus.
Nach dem Seitenwechsel wurde Dortmund etwas besser. Richtig brenzlig wurde es für den Mainzer Keeper Robin Zentner aber nur selten. Daran änderte auch die Einwechslung von Erling Haaland wenig. Der stark umworbene Top-Stürmer hatte eine gute Gelegenheit, die Zentner ohne Probleme parierte.
Auf der anderen Seite hätte das Spiel auch in Richtung der 05er kippen können. Anton Stach, Silvan Widmer und Karim Onisiwo verpassten die Führung für die Hausherren. So kam es, dass kurz vor Schluss ein Freistoß des eingewechselten Giovanni Reyna am langen Pfosten den Fuß von Witsel fand, der die Dortmunder zum Sieg schoss.
Ausgerechnet Witsel, der den Klub am Saisonende verlassen wird, brachte den BVB mit seinem ersten Bundesligator seit Februar 2020 wieder in Schlagdistanz zum FC Bayern.
"Man kann nicht immer schön spielen, manchmal muss man auch so gewinnen", meinte der Belgier. Die Dortmunder scheinen Gefallen an solchen Arbeitssiegen gefunden zu haben. Bereits am Wochenende gab es einen 1:0-Erfolg gegen Arminia Bielefeld.
Der neuerliche Minimalisten-Sieg in Mainz sollte das Selbstvertrauen weiter stärken. "Wenn man das Siegtor so spät schießt, ist es umso schöner. Der Sieg schmeckt sehr gut", sagte Emre Can. Der 28-Jährige hatte mit einem herausragenden Tackling gegen den Mainzer Stach (16.) maßgeblichen Anteil daran, dass die Null wieder einmal stand. Trotz Not-Abwehr wird die Defensive plötzlich zur Trumpfkarte.
Rose stellte die gleiche Vierer-Abwehrkette wie gegen Bielefeld auf: Felix Passlack, Emre Can, Marin Pongracic und Nico Schulz - und wieder blieb der BVB ohne Gegentor. In den bisherigen Rückrunden-Begegnungen war dies sogar schon viermal der Fall - häufiger als bei jedem anderen Bundesligateam. Zum Vergleich: In der kompletten Hinrunde hielt Dortmund nur in zwei Spielen die Null.
Andererseits liefert der BVB in der Offensive aktuell Minimalistenfußball ab. In den letzten drei Partien gegen Augsburg, Bielefeld und Mainz gab es insgesamt nur drei Treffer. Kann man so die Bayern noch stoppen?
Wohl kaum. Allerdings musste Rose in Mainz auf den erkrankten Marco Reus und Raphael Guerreiro sowie Mats Hummels verzichten. Mit der Rückkehr dieser Leistungsträger könnte der BVB noch mehr Fahrt aufnehmen. Zudem hat auch Haaland seine Top-Form noch nicht erreicht.
Die nächsten Gegner in der Bundesliga heißen 1. FC Köln (auswärts) und RB Leipzig (Zuhause). Zudem spielt der BVB noch im direkten Duell in München. Bei vier Punkten Rückstand auf die Bayern ist noch alles drin. Zumal die Münchner selbst zuletzt zweimal nur Unentschieden spielten (gegen Leverkusen und Hoffenheim).
Und es gibt noch einen weiteren Fakt, der dem BVB Hoffnung machen sollte: In der Vorsaison holten sie aus den letzten sieben Saisonspielen sieben Siege. Mit einer ähnlichen Serie wäre wohl 2022 noch alles möglich - auch wenn in Dortmund niemand vom Titel sprechen will ...
Mehr zum Autor Thomas Goldmann
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