Watzke verteidigt geplanten Restart: "Wollen nicht im Ansatz eine Sonderstellung"
26.04.2020 | 23:27 Uhr
BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hat bei Sky die geplante Bundesliga-Fortsetzung mit Geisterspielen verteidigt.
Soll der Ball in der Bundesliga schon im Mai wieder Rollen? Über diese Frage und das vorgelegte Konzept der DFL zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs wird derzeit fleißig diskutiert. Vorwürfe, der Fußball dürfe keine Sonderbehandlung im Umgang mit der Coronakrise bekommen, hält Dortmund-Boss Watzke für unangebracht.
"Wir wollen nicht im Ansatz eine Sonderstellung (...) Wir fordern keine staatlichen Hilfen und nichts", so der 60-Jährige in der Sendung "Wontorra - Allein zu Hause" auf Sky Sport News HD: "Wir haben ein Konzept entwickelt, was uns viel Geld kostet. Aber das tun wir alles, damit wir wieder unserem Beruf nachgehen. Darum geht es ja. Um nichts anderes. Und das bei maximaler Sicherheit."
Man dürfe nicht den Fehler machen, die Lage der Bundesliga-Klubs mit dem Breitensport zu vergleichen. Es ginge um die Möglichkeit, seinen Beruf wieder auszuüben und die Sicherung von 56.000 Beschäftigten in der Liga.
Und "um nicht mehr und nicht weniger als um die Rettung des Fußballs. Wenn wir die nächsten Monate nicht spielen, dann säuft die ganze Bundesliga ab. Dann wird es die in der Form nicht mehr geben, wie wir sie gekannt haben", so Watzke weiter.
Die Politik wird wohl kommende Woche über eine mögliche Fortsetzung der ersten und zweiten Bundesliga im Mai entscheiden. Sollten die Vorschläge der DFL abgelehnt werden, sieht Watzke unkorrigierbare Entwicklungen auf den Fußball zukommen.
"Wenn es nicht weitergeht, dann wird es Insolvenzen geben. Sobald es Insolvenzen gibt, gibt es die weißen Ritter, die sagen: 'Ich gebe euch Geld. Aber dann müsst ihr auch dafür sorgen, dass 50+1 fällt.' Und dann wird alles, was wir immer jetzt schon kritisieren: Hohe Eintrittspreise, zu hohe Ablösesummen, Exzesse schlimmer werden", warnt der BVB-Geschäftsführer.
Dass es erstmal nur mit Geisterspielen weitergehen kann, findet BVB-Boss Watzke genau wie die Fans auch nicht schön, aber ein notwendiges Übel. Der BVB käme immerhin schon länger ohne Zuschauereinnahmen aus als die meisten Klubs. "Weil wir die letzten Jahre viel auf die Seite gelegt haben und weil wir eine komfortable Situation haben. Aber da müssen wir uns nichts drauf einbilden, es wird auch uns hart treffen. Der BVB hat seit sechs Jahren nicht einen Euro Schulden gemacht. Da werden wir auf Dauer jetzt auch nicht mehr dran vorbei kommen", so Watzke.
Die Angst davor, dass sich Fans in größeren Gruppen vor den Stadien treffen, hält Watzke derweil für überzogen: "Ich kenne keine Gruppierung, die gesagt hat, wir machen das. Wir sollten das Thema, wenn dann diskutieren, wenn es so etwas mal gegeben hätte. Den Fußball jetzt schon unter Generalverdacht zu stellen, das ist nicht in Ordnung."
Abgesehen von den direkt spürbaren Auswirkungen der Coronakrise auf den Fußball, versucht der 60-jährige Geschäftsführer auch Chancen in der aktuellen Situationen zu sehen.
"Wir tun alle gut daran, darüber nachzudenken, wie es kommt, dass Teile der Gesellschaft uns jetzt so kritisch sehen. Dass Ablösesummen und Gehälter zu hoch sind, wissen wir. Wir sind aber nicht in Deutschland auf einer Insel der Seeligen und müssen uns international mit allen messen, das ist schwierig. Dennoch glaube ich, wenn international jetzt alle mal erkennen, dass das Eis dünner ist als alle geglaubt haben, hilft das vielleicht."
Auch Spielern würden gerade eventuell lernen, was sie für einen privilegierten Job haben. "Dass Themen wie Goldsteaks und andere Verfehlungen das Ganze auch negativ belastet haben. Ich wünsche mir, und wir werden intensiv drüber reden, dass nach Corona vielleicht doch alles wieder etwas zurückgedreht wird. Dass der Fußball mehr zu Maß und Mitte findet - ein bisschen Demut tut manchmal auch gut."