Didi Hamann: "Anti-Kovac-Stimmung ist nicht in Ordnung"
"Hamanns Top 3" - Die Kolumne des Sky Experten
12.04.2019 | 21:09 Uhr
In seiner Kolumne "Hamanns Top 3" spricht der Sky Experte über Ter Stegens Rolle im DFB-Tor, Klopps Titelchancen, den Meisterschaftskampf zwischen dem FC Bayern und Dortmund und die Schlägerei zwischen Lewandowski und Coman.
TOP 1: Ter Stegen contra Neuer
Das erste Live-Spiel, bei dem ich Marc-André ter Stegen über 90 Minuten beobachten konnte, war das Champions-League-Finale 2015 in Berlin zwischen Juventus Turin und dem FC Barcelona. Bereits damals hätte er mich nicht viel mehr beeindrucken können. Wie ruhig und souverän er in einer Mannschaft spielt, bei der die Defensive mit Sicherheit nicht die oberste Priorität darstellt, ist einzigartig. Keine Abwehr steht weiter weg vom eigenen Tor, als die der Katalanen.
Da kann man als Torwart schon auch mal nervös werden, aber nicht so ter Stegen. Seine Spieleröffnung mit dem Fuß ist brillant, seine Reflexe auf der Linie ebenso. Er hat mit Barca mehrfach alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt und bleibt trotzdem, auch öffentlich, respektvoll gegenüber der aktuellen Nummer eins im deutschen Tor. Keine Parolen in Richtung Manuel Neuer. Er untermauert mit Top-Leistungen seinen Anspruch und wenn er gefragt wird, antwortet er mit ähnlicher Klasse wie zwischen den Pfosten.
Jogi Löw hat sich klar für Neuer entschieden. Er müsste sich schon mehrere grobe Schnitzer leisten, um seinen Status zu verlieren. Wenn alles so bleibt, kommt die Zeit von Marc nach der EM. Er wird jetzt 27 und kann immer noch drei große Turniere spielen.
TOP 2: Klopp und die Titel
Das sah gegen Porto schon wieder sehr souverän aus, was die Liverpooler unter Jürgen Klopp im Viertelfinale präsentiert haben. Ich gehe davon aus, dass sie auch in Portugal ein Tor erzielen und sicher ins Halbfinale einziehen. Sie sind eine Macht und Marke in Europa geworden und haben die Chance sogar zwei ganz große Titel zu erringen in dieser Saison. Aber irgendwann müssen sie jetzt dann auch mal über die Ziellinie stolpern. Denn ewig wird das Team in dieser Konstellation nicht zusammen bleiben. Real ist auf Einkaufstour. Paris, Bayern, United, Chelsea und alle anderen großen Klubs brauchen gute Spieler. Mane und Co. wecken immer größere Begehrlichkeiten und wenn mal ein unmoralisches Angebot kommt, wird auch ein Spieler irgendwann wechseln wollen. Es sieht nach einem Halbfinale zwischen Barcelona und Liverpool aus und ich glaube, dass der Finalist aus dieser Hälfte auch den Titel holen wird.
TOP 3: Bayern contra Dortmund
Es ist immer noch nur ein Punkt, den die Bayern vor dem BVB liegen. Die Chancen auf die Meisterschaft für die Borussen ist ganz klar vorhanden. Aber nach der Abreibung in München und der desolaten Anti-Leistung, könnten die Nerven der Dortmunder doch angegriffen sein. Das war natürlich Gift für das Selbstvertrauen. Wenn man so eine große Chance und neun Punkte Vorsprung hatte, kann man natürlich ins Hadern kommen. Ich glaube nicht, dass es in den nächsten fünf Jahren so einfach ist, einen solchen Vorsprung vor dem FCB zu erspielen.
Die Bayern werden eine Menge guter Spieler dazu holen und die Dortmunder müssen schauen, dass sie ihre nicht verlieren. Nichtsdestotrotz hätten sie am Anfang der Saison die aktuelle Ausgangslage unterschrieben. Jetzt haben sie es mit Mainz und die Bayern mit Düsseldorf zu tun. Hört sich vielleicht einfach an, ist es aber nicht. Mainz hat die Durststrecke beendet und was Funkel aus der Fortuna rausholen kann, ist mittlerweile auch in München bekannt. Ich glaube zwar, dass beide ihre Spiele gewinnen, aber sie werden nichts geschenkt bekommen.
Lewy und Coman "schwer zu bestrafen"
Zur Schlägerei zwischen Lewandowski und Coman muss ich sagen, dass es generell natürlich überhaupt nicht gut ist. Es zeigt aber dann doch den Eifer, mit dem die Spieler bei der Sache sind. Fakt ist, dass es schwer ist die beiden jetzt zu bestrafen, nachdem Ribery in der Vergangenheit einen Reporter geohrfeigt hat, nach dem Verzehr eines goldenen Steaks die ganze Welt beleidigt und öffentlich nichts von der Art und Weise der Bestrafung bekannt ist. Andere Spieler kritisieren den Trainer öffentlich und auch denen ist es meines Wissens nicht wirklich an den Kragen gegangen worden. Das sind jetzt die Auswüchse der weichen Hand der Vereinsführung und das ist nicht die Schuld des Trainers.
Auch unter Ottmar Hitzfeld kam es zu solchen Undiszipliniertheiten und der konnte ausgewiesener Maßen eine Mannschaft führen wie kaum ein anderer. Deshalb stört mich an dieser Geschichte jetzt, dass so getan wird, als habe Niko Kovac die Mannschaft nicht im Griff. Der hat gerade Dortmund 5:0 geschlagen. Das schafft keiner, der die Spieler nicht im Griff hat. Die Anti-Kovac-Stimmung ist nicht in Ordnung. Ich würde mit beiden sprechen und ihnen sagen, dass das jetzt in der Form das erste und letzte Mal war. Solche Dinge kommen aber immer wieder einmal vor. Das heißt nicht, dass ich es gut finde. Die Schuld jedoch beim Trainer zu suchen, ist der falsche Ansatz.
