"Ich bleibe bei Kane skeptisch"
03.10.2024 | 22:13 Uhr
Didi Hamann blickt in seiner Kolumne auf die erste Bayern-Niederlage unter Vincent Kompany. Der Sky Experte nimmt Manuel Neuer nach seinem Fehler in die Pflicht und bleibt bei Superstar Harry Kane skeptisch.
Die Niederlage gegen Aston Villa ist kein Beinbruch. Aber ich habe die Superlative am Samstag nach dem Leverkusen-Spiel nicht verstanden. Natürlich ist der FC Bayern gut in diese Saison gestartet. Nur darf man nicht vergessen, dass die Leverkusener nicht annähernd die Mannschaft sind, die sie letztes Jahr waren.
Wenn die Mannschaft so weit gewesen wäre, wie einige Leute das gesehen haben, dann hätten sie das Spiel 3:0 gewonnen und gestern bei Villa in der Champions League nicht verloren. Sie haben gegen eine sehr gute Mannschaft verloren, die aber an dem Abend nicht gut gespielt hat.
Sie haben es in beiden Partien nicht geschafft, ihre Dominanz und Überlegenheit in klare Torchancen umzumünzen und die ein oder andere davon zu machen. Das Gegentor gegen Villa fällt mehr oder weniger aus dem Nichts - natürlich durch einen Torwartfehler, das muss man ganz klar sagen.
Das war ein Stellungsfehler von Manuel Neuer. Die Regel ist: Wenn ein Mitspieler oder Verteidiger am Stürmer dran ist, dann bleibt der Torwart zu Hause. Dayot Upamecano hatte die Situation unter Kontrolle, was in der ersten Halbzeit zugegebenermaßen nicht immer der Fall war. Aber wenn der Verteidiger die Situation unter Kontrolle hat, dann hat der Torwart wegzubleiben.
Neuer hat im Nachgang gesagt, dass er zwei Meter zu weit vorne steht. Für mich steht er sechs oder acht Meter zu weit vorne. Sonst wäre es auch nicht möglich, den Ball über ihn zu heben. Deswegen ist es ein Stellungsfehler. Das Gegentor geht voll auf seine Kappe. Da gibt es keine zwei Meinungen.
Diesmal hat es ihnen das Spiel gekostet. Er war immer einer, der weit vorne gespielt hat. Nur muss man jede Situation für sich einschätzen. Es gab überhaupt keinen Grund, so weit rauszukommen. Natürlich soll er sein Spiel nicht umstellen, aber man muss die Situationen abwägen. Mal sehen, wie sich das in den nächsten Wochen verhält.
Interessant wird es auch rund um Joao Palhinha bleiben. Wenn man so einen Mann vor der Saison holt, dann gehe ich davon aus, dass er ein Teil der Achse ist. Davon ist er im Moment weit entfernt. Er hat aktuell keine Möglichkeit, ein Teil der Achse zu werden, weil er nicht spielt.
Aber man darf nicht vergessen, dass Joshua Kimmich jetzt der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft ist und es im Moment ordentlich macht. Und die Bayern haben mit Aleksandar Pavlovic einen der besten jungen zentralen Mittelfeldspieler Europas im Kader. Er ist der Spieler, der in München hoffentlich die nächsten acht oder zehn Jahre spielen wird. Die Konkurrenz ist also groß. Die Frage, die man stellen muss, wenn der Trainer kommt und Kimmich wieder in die Mitte stellt: Hätte man Palhinha überhaupt holen müssen?
Natürlich sagen die Bayern, dass seine Zeit noch kommen wird. Es sind zwar erst einige Spiele gespielt und wir sind noch frisch in der Saison, aber wenn man solch einen Spieler für viel Geld holt, dann soll er eigentlich ein elementarer Teil der Mannschaft sein. Die vier Positionen, die einem Team Sicherheit geben, sind die zwei Innenverteidiger und die zwei zentralen Mittelfeldspieler. Wenn es keinen wirklichen Grund gibt, dann werden die Pärchen nur ungern gewechselt. Und nach den letzten Spielen gab es einfach keinen Grund. Deswegen verstehe ich schon, warum Vincent Kompany an den beiden in der Mitte festhält.
Zudem gibt es mit Konrad Laimer und Leon Goretzka noch Spieler, die ab und zu vor Palhinha eingewechselt wurden. Ich würde infrage stellen, ob er aktuell überhaupt die Nummer drei im zentralen Mittelfeld ist.
Auch Harry Kane hat in Birmingham - neben der Niederlage - einen persönlich ernüchternden Abend verlebt. Ich habe schon nach der EM im Sommer gesagt, dass er den Beweis noch schuldig ist, die 100 Millionen wert zu sein - auch wenn er letztes Jahr über 30 Tore geschossen hat.
Er wurde nicht geholt, um gegen Darmstadt einen Hattrick zu erzielen. Er wurde geholt, um gegen Leverkusen und Aston Villa ein Tor zu machen und im Viertelfinale der Champions League zu treffen. Das hat er bislang nicht getan. Ich bleibe beim Stürmerstar aber weiter skeptisch.
Natürlich hoffen die Bayern, dass er Form findet, denn die Diskussionen werden kommen. Und ich glaube, sie sind nicht so weit entfernt. Wenn ich gegen Leverkusen und Villa so dominant bin, dann erwarte ich von einem der besten Spieler im Business, dass er in 90 Minuten mal aus dem Nichts eine Torchance kreiert und torgefährlich wird. Den Eindruck hat man im Moment nicht.
Abschließend noch ein paar Worte zur neuen Champions League: Ich finde den Modus hervorragend. Wir haben mit dem FC Barcelona, Real Madrid und den Bayern Mannschaften, die die meisten ganz vorne erwartet hätten, sich aber jetzt nicht mehr allzu viel zu Schulden kommen lassen dürfen. Da wird der ein oder andere große Verein nicht unter die ersten Acht kommen - und der ein oder andere kleinere Verein wird es schaffen. Das wird spannend bleiben bis zum letzten Tag.
Ich bin ein großer Fan des neuen Modus. Mir gefällt das. Die Tabelle ist aktuell noch etwas verzerrt, denn dort ist nicht die Qualität der Gegner abgebildet, auf die die Teams bisher getroffen sind. Die deutschen Mannschaften werden wir aber alle oben oder zumindest in den Playoffs sehen, davon bin ich überzeugt.
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