Diskussionen um den Videobeweis: Pro und Contra
Was lief gut? Wo hapert es noch?
22.09.2017 | 11:26 Uhr
Der Videobeweis ist weiter umstritten. Schalke schimpft über eine ungleiche Regelauslegung bei Handspiel und auch der 1.FC Köln hadert nach den Entscheidungen gegen den BVB und Frankfurt. Andererseits wurden auch einige erwiesene Fehlentscheidungen korrigiert. Dennoch wirft der Video-Assistent bislang mehr Fragen auf, als er beantwortet. Sky Sport diskutiert Pro und Contra der neuen Technik.
Vor der Einführung des Videobeweises befürchteten Kritiker, dass es an den Stammtischen der Nation anschließend nichts mehr zu diskutieren gibt. Nach rund einem Monat ist klar, dass diese Ängste unbegründet waren.
Im Gegenteil: Es wird mehr diskutiert als je zuvor - auch weil immer noch nicht allen klar ist, wann der Video-Schiedsrichter eingreifen darf und soll. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen findet ihr hier.
Elf Entscheidungen wurden bisher korrigiert
Insgesamt elf Entscheidungen hat der Video-Schiedsrichter bislang nachträglich korrigiert: Fünf Elfmeter wurden gegeben, zwei Strafstöße wurden zurückgenommen, zwei Tore wurden annulliert, ein Treffer wurde anerkannt und ein Platzverweis ausgesprochen.
Unklar bleibt allerdings, wie der Videoschiedsrichter einen "offensichtlichen Fehler des Schiedsrichters auf dem Platz" beurteilt.
"Das ist unfassbar, unglaublich. Bei uns wird in jeder Szene eingegriffen, und auf der anderen Seite kriegen wir einen klaren Elfmeter nicht", schimpfte beispielsweise Kölns Torhüter Timo Horn nach einigen strittigen Szenen im Spiel gegen Eintracht Frankfurt bei Sky.
Markus Merk übt deutliche Kritik
Schiedsrichter Martin Petersen hatte zuvor einen umstrittenen Strafstoß für die Eintracht gegeben, obwohl Horn in der Szene gegen Mijat Gacinovic zuerst den Ball spielte und erst danach den Frankfurter am Fuß traf.
In zwei weiteren Szenen (je einmal für Köln und die SGE) ließ der Unparteiische weiterspielen und der Video-Schiedsrichter griff nicht ein, obwohl Fernsehbilder ein Foulspiel zeigen.
"Der Schiedsrichter muss alle drei Situationen besser beurteilen", sagt Sky Schiedsrichter Experte Markus Merk. "Es ist sein erstes Spiel, aber das ist bitter."
Für Merk handelt es sich dabei um keinen Einzelfall. "Die Schiedsrichter sind sehr verunsichert und lassen solche Szenen gerne laufen und hoffen dann auf die Information des Video-Schiedsrichters", schimpft der ehemalige Welt-Schiedsrichter. "Da fehlt es uns an der Präzision und und Definition, was 'glasklar' ist."
Auch Dietmar Hamann sieht die Thematik kritisch. "Wir sprechen von klaren Foulspielen oder klaren Fehlentscheidungen, aber das ist mittlerweile reine Willkür", bemängelt der Sky Experte. "Wenn wir denken, dass wir gerechtere oder bessere Entscheidungen treffen, dann laufen wir in die falsche Richtung."
Schalke hadert mit Regelauslegung
Das sehen auch die Protagonisten in Gelsenkirchen derzeit so. Schalke-Sportvorstand Christian Heidel und mehrere Spieler haderten nach der Niederlage gegen den FC Bayern mit der Entscheidung des Videoschiedsrichters.
Bastian Dankert hatte nach Studium der TV-Bilder auf Handspiel von Naldo und Strafstoß entschieden und damit Marco Fritz korrigiert, der zunächst Eckball gegeben hatte.
"Wenn man so ein Bein gestellt bekommt, tut es weh. Es ist total zum Kotzen", echauffierte sich Kapitän Ralf Fährmann bei Sky.
Sauer stößt dem Torhüter vor allem auf, dass eine vergleichbare Szene zugunsten Schalkes im Spiel bei Hannover 96 vom Videos-Assistenten anders beurteilt wurde. Schalke erhielt beim Stand von 0:0 keinen Elfmeter und verlor letztlich mit 0:1.
Sky User sind gespalten
In einer Facebook-Umfrage auf Sky Sport DE ist eine knappe Mehrheit von 43 Prozent trotz all der Probleme für den Video-Schiedsrichter. 39 Prozent fordern allerdings mittlerweile die Abschaffung nach dieser Saison.
UEFA-Präsident will Transparenz
Auch UEFA-Präsident Aleksander Ceferin ist froh, dass man sich noch in der Testphase befindet, fordert aber eindeutigere und transparentere Entscheidungen.
"Die Fans verstehen vieles nicht und fordern bei jedem Pfiff, mit dem sie nicht einverstanden sind, den Videobeweis", so Ceferin, der allerdings auch weiß, dass "es wahrscheinlich kein Zurück mehr gibt".
Der Video-Assistent wird also auch in der Zukunft Teil des Fußballs bleiben - und sicher weiter fleißig Diskussionsthemen für die Stammtische bieten…