SGE am Scheideweg! Folgt der Euphorie das böse Erwachen?
21.03.2023 | 18:59 Uhr
Aus in der Königsklasse, Sieglos-Serie, Frust: Die Eintracht hat den Anschluss an die Champions-League-Ränge verloren und könnte das internationale Geschäft komplett verspielen. Der Unmut wächst, personelle Fragezeichen bleiben bestehen. Auf Sportvorstand Markus Krösche wartet eine Menge Arbeit.
"Ich bin sehr vorsichtig, denn alles, was ich sage, kann und wird gegen mich verwendet werden. Und deswegen ist es heute besser, den Mund zu halten", haderte der sichtlich geladene Frankfurt-Trainer Oliver Glasner nach der 0:2-Niederlage bei Union Berlin, legte aber weiter nach. "Wir hätten eigentlich noch drei bekommen müssen."
Die Eintracht wartet mittlerweile seit sechs Pflichtspielen auf einen Sieg. Neben dem Champions-League-Aus gegen die SSC Napoli ließ die Eintracht zuletzt auch in der Bundesliga Federn, holte nur zwei Punkte aus den letzten vier Partien. Die Eintracht ist folglich auf den sechsten Platz abgerutscht, der Rückstand auf CL-Platz vier auf sechs Punkte angewachsen.
Glasner ließ seinem Unmut weiter freien Lauf: "Ich habe noch nie über die Champions League gesprochen. Ich spreche immer nur über die Leistung. Und deswegen sage ich dazu heute nichts, denn sonst wird es kritisch für mich." Hinter der Eintracht wird es immer enger: Die Verfolger aus Wolfsburg, Leverkusen und Mainz sind an Frankfurt herangerückt, schielen bereits auf die Europapokalplätze.
Auch den erfahrenen Spielern ist der Negativlauf anzumerken: Mario Götze wartet seit mittlerweile sieben Bundesliga-Partien auf eine Torbeteiligung, fiel in den Begegnungen gegen Neapel vor allem wegen seiner beiden Gelben Karten wegen Meckerns auf. Zuletzt kassierte er wettbewerbsübergreifend fünf Gelbe Karten in den vergangenen sieben Partien, vier davon wegen Meckerns. In der Bundesliga fehlt ihm nur noch eine Verwarnung bis zur Sperre.
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"Ich habe mit Mario schon gesprochen. Das zeigt auch eine gewisse Unzufriedenheit, wie es momentan läuft bei uns. Ich habe ihm auch unmittelbar auf dem Platz gesagt: Das war jetzt die letzte wegen Meckerns", sagte Glasner vor dem Duell mit den Köpenickern. Immerhin: Gegen Union kam Götze um eine Gelbe Karte herum. Punkte gab es trotzdem keine.
Generell blieb die hochveranlagte Offensivabteilung um Randal Kolo Muani zuletzt blass, netzte in den vergangenen sechs Partien nur viermal ein. Seit der Verletzung von Jesper Lindström gelang der SGE gar nur noch ein Treffer in drei Spielen. Defensiv ist der amtierende Europa-League-Sieger dagegen anfällig wie lange nicht.
Symbolisch dafür steht das 2:0 von Unions Kevin Behrens. Der Union-Angreifer hatte sich nach einem Abschlag von Frederik Rönnow gegen Tuta und Hrvoje Smolcic Platz verschafft und letztendlich auch noch Kevin Trapp getunnelt. "Das tut mir leid, das hatte mal gar nichts mit Fußball zu tun. Wie wir uns da anstellen, das ist unterirdisch", kommentierte Glasner.
In der Folge übte der Österreicher harsche Kritik an der defensiven Qualität: "Es ist nicht das erste Mal, und wir müssen ehrlich sein. Da bringt es nichts, immer zu palavern. Fakt ist, dass wir immer auf die gleiche Weise unsere Spiele verlieren", haderte der Eintracht-Trainer. Die Lücke, die Innenverteidiger Martin Hinteregger und Schienenspieler Flilip Kostic im Sommer hinterlassen haben, spüren die Adler aktuell mehr denn je.
Im Sommer dürften weitere Leistungsträger wegbrechen. Die Verträge von Evan N'Dicka und Daichi Kamada laufen aus, ein ablösefreier Abgang droht. Manchester United soll zudem an einer 120-Millionen-Euro-Offerte für Shootingstar Kolo Muani basteln. Zwar betonte Timmo Hardung, Leiter Lizenzspielerabteilung, dass die Eintracht bei einer solchen Offerte "nein" sagen könne. "Am Ende liegt das nicht allein in meiner Entscheidung. Aber ja, es ist verdammt viel Geld für einen Spieler - auch der Kategorie", fügte er am Sky Mikro hinzu.
Auch die Zukunft von Glasner ist nach wie vor ungewiss. Nach Sky Informationen streben die Frankfurter eine Vertragsverlängerung an und wollen den 48-jährigen Erfolgstrainer auf keinen Fall ablösefrei verlieren. Glasner möchte sich bei der Entscheidung jedoch Zeit lassen und sieht keine Eile, den Vertrag zu verlängern. Nach Sky Informationen hat er das erste schriftliche Angebot abgelehnt, konkretere Verhandlungen werden allerdings folgen. Sollte der Trainer sein bis 2024 gültiges Arbeitspapier erweitern wollen, wird er einen neuen Ein- oder Zweijahresvertrag unterschreiben.
"Glasner hat ganz klare Bedingungen. Er knüpft das auch an die sportliche Perspektive an. Das wird ein harter Verhandlungspoker", schätzte Sky Reporter und Transfer-Experte Florian Plettenberg bei Transfer Update - die Show ein. Anfragen aus der Premier League hat Glasner bereits abgelehnt.
Ebenfalls unklar ist die Zukunft von Vorstandssprecher Axel Hellmann nach der Auseinandersetzung mit Aufsichtsratschef Philip Holzer. Verliert die Eintracht nun auch noch die Konstante im Verein und den Macher des Frankfurter Höheflugs? Nach Sky Informationen ist es durchaus möglich, dass Hellmann zur DFL wechselt und die Eintracht nach über 20 Jahren verlässt.
Auf der Zugangsseite könnten VfB-Verteidiger Konstantinos Mavropanos und Wolfsburg-Angreifer Omar Marmoush dazukommen. Krösche gilt als Fan des griechischen Innenverteidigers. Zudem möchte Mavropanos (Vertrag bis 2025) den VfB im Sommer verlassen, Gespräche hat es bereits gegeben. Weitere sollen folgen. Im Fall von Marmoush sind die Eintracht-Verantwortlichen zwar optimistisch, eine finale Einigung über einen ablösefreien Sommertransfer (Vertrag läuft aus) gibt es allerdings noch nicht.
Nach frustrierenden Wochen mit ausbleibenden Ergebnissen haben die Verantwortlichen mit der langfristigen Verlängerung von Routinier Makoto Hasebe ein positives Zeichen gesetzt. "Frankfurt ist meine Heimat geworden, die Eintracht ist mein Klub. Deshalb freue ich mich auch jetzt schon darauf, nach der Karriere Teil dieses Vereins zu sein", betonte Hasebe, der sein Arbeitspapier um ein weiteres Jahr verlängert hat und danach einen Anschlussvertrag bis 2027 erhält.
Auch Krösche präsentierte sich nach dem Vollzug zufrieden: "Mit bald 40 Jahren ist er eine Bundesligagröße und auch über die Landesgrenzen hinaus ein Botschafter für Eintracht Frankfurt und den deutschen Fußball." Für Hasebe sei die Verlängerung "keine schwere Entscheidung" gewesen.
Königsklassen-K.o., Sieglos-Serie und personelle Unklarheiten. Die Eintracht setzt ein positives Signal in Zeiten des ersten sportlichen Tiefs seit geraumer Zeit: Und dennoch könnte am Ende das internationale Geschäft verpasst werden, ein großer Umbruch bevorstehen und damit auf die Euphorie das böse Erwachen folgen.
Ob Europa oder nicht - letztendlich ist ohnehin klar: Auf Krösche wartet eine Menge Arbeit.
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