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Entscheidende Wochen beim Hamburger SV

Weichenstellung im Volkspark: High noon statt Honeymoon?

Simon Terrodde wartet seit drei Partien auf einen eigenen Treffer.
Image: Simon Terrodde wartet seit drei Partien auf einen eigenen Treffer.  © Imago

Es ist ja alles immer eine Sache der Perspektive. Bereits am kommenden Freitag könnte der HSV die Tabellenspitze zurückerobert haben. Darauf setzen die Optimisten - und natürlich gehören alle Verantwortlichen im Volkspark quasi per Job-Beschreibung zu dieser Kategorie.

Zwei Siege gegen Kiel und in Bochum wären dafür nötig. Eine Rechnung, die die Pessimisten nach den jüngsten HSV-Auftritten für einigermaßen unrealistisch halten und sich mit der Befürchtung plagen, dass der derzeit strauchelnde Aufstiegsfavorit nach den nächsten beiden Spielen eine deutliche Distanz zu den ersten beiden Rängen verkraften müssen wird.

Dass mit dem Tabellenzweiten aus Schleswig-Holstein ein bis zum Bersten mit Selbstvertrauen aufgepumpter Gegner in Hamburg anreist, gegen den der HSV in der 2. Liga noch nie gewonnen hat, kommt quasi als vergorenes Sahnehäubchen oben drauf.

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Selbstverständlich hat der HSV die Qualität, die nächsten beiden Partien erfolgreich zu gestalten. Dabei spielen allerdings diverse komplizierte Aufgabenstellungen eine Rolle, die vor allem Daniel Thioune in eine nicht gerade beneidenswerte Rolle zwingen.

Wer übernimmt Verantwortung?

Toni Leistner, Klaus Gjasula und Tim Leibold stehen nicht zur Verfügung. Dabei brauchen die Hamburger nach dem rätselhaften Systemabsturz in Würzburg und der schmerzhaften Derby-Pleite mehr denn je stabile Charaktere, die den Kopf oben behalten, wenn der Wind rauer wird und in der Lage sind, dem Gegner Respekt einzuflößen.

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Der HSV vor dem Nord-Duell gegen Holstein Kiel. (Videolänge: 56 Sekunden)

Andere sollen nun die Gelegenheit ergreifen und aus dem Schatten treten - das ist in solchen Fällen meist der angestrebte Lösungsansatz. Aber können Kinsombi, Dudziak, Ambrosius, Heyer oder Gyamerah das notwendige Verantwortungsbewusstsein tatsächlich problemlos anknipsen, ohne Reibungsverluste bei der eigenen Leistung zu riskieren? Zuletzt war nicht selten der Eindruck entstanden, dass viele HSV-Profis ausreichend damit ausgelastet sind, sich auf ihre eigenen Füße zu konzentrieren.

Boldt stärkt Ulreich den Rücken

Dass es Simon Terodde bei seinen wenigen Chancen zuletzt an Abschluss-Glück mangelte, hilft natürlich genauso wenig wie die vernehmlichen Zweifel an Sven Ulreichs Stabilität im Tor. Gewiss, die Auftritte des Torhüters werden im Zusammenhang mit den unbefriedigenden Ergebnissen in den jüngsten vier Spielen kritischer beurteilt, als es nach einer Siegesserie der Fall wäre. Auffällig viele Wackler mit dem Fuß tragen aber schon über einen längeren Zeitraum zu erhöhter Wachsamkeit bei den Krisenanalytikern bei.

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HSV-Sportvorstand Jonas Boldt spricht Klartext zu den Gerüchten um einen Wechsel zu Eintracht Frankfurt. (Video: 00:37 Sekunden)

Und der denkbare destabilisierende Einfluss auf die Hintermannschaft? Jonas Boldt dreht die Kausal-Kette. "Ich nehme da auch die Defensivspieler in die Pflicht. Es gibt Situationen, in denen es nicht notwendig ist, den Torhüter anzuspielen. Damit tun sie ihm keinen Gefallen", sagt der HSV-Boss zu Sky, "es sieht nicht immer super aus, aber in der 2. Liga fallen viele Tore, weil man es manchmal zu elegant lösen will. Manchmal gehört es dazu, den Ball konsequent aus der Gefahrenzone zu entfernen."

Den Moment zu erkennen, wann die rustikale Variante gefragt ist, ohne dabei den konstruktiven und zielorientierten Spielaufbau zu vernachlässigen - das fällt ins Ressort der abgezockten Taktgeber. Leuten wie Leistner, Gjasula oder Leibold.

Thioune kann mit Rückschlägen umgehen

Trotz einiger offensichtlicher Widrigkeiten wäre der Abgesang fürs Aufstiegsrennen am 24. Spieltag ganz sicher eine übereifrige Reaktion. Natürlich steigt der Druck mit jedem Misserfolg. Aber es lässt sich nicht belastbar belegen, dass Daniel Thioune und sein Team derselbe Ablauf blüht, wie es Hannes Wolf und Dieter Hecking mit deren Teams bei den Wiederaufstiegs-Missionen 1 und 2 geschehen ist.

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Am Ende des vergangenen Jahres hat der aktuelle Trainer gezeigt, dass er Rückschläge verarbeiten und seine Mannschaft aus einer Negativserie herausführen kann. "Wir bleiben zusammen", verspricht Sportchef Michael Mutzel mit dem Gedanken an die Zersetzungsprozesse, die in den vergangenen Spielzeiten den gesamten HSV-Kosmos befallen hatten.

Boldt lehnt populistische Maßnahmen ab

Jonas Boldt formuliert es sogar noch spitzer und erinnert an den gescheiterten Versuch seines ehemaligen Vorstandsvorsitzenden, den Kurs mit einer zünftigen Ruckrede zu drehen. "Honeymoon is over", sagte Hoffmann vor ziemlich genau einem Jahr nach einem 0:3 in Aue. Der Versuch, durch öffentlichen Druck die Sinne aller Beteiligten zu schärfen, misslang und sollte sich in der Nachbetrachtung sogar als Beschleuniger für die ohnehin schon vergiftete Atmosphäre zwischen den Entscheidungsträgern herausstellen. Für Boldt offenbar eine prägende Erfahrung.

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Jonas Boldt begründet seine Einschätzung mit einem spitzen Hinweis auf die

Gefragt nach dem angemessenen Führungsstil in angespannten Zeiten sagt er zu Sky: "Ich kann verstehen, dass manche finden: Jetzt muss man mal draufhauen und dazwischenfegen." Für den 39-jährigen Sportvorstand ist das keine Option. Er sei kein Freund populistischer Maßnahmen, bekräftigt Boldt und ergänzt: "Es bringt nichts, dass hier einer krakeelt 'Honeymoon is over' oder irgendsoetwas. Das macht man nur, um sich nach außen darzustellen."

HSV vor wegweisenden Monaten

Die letzten elf Spiele der Saison werden so oder so zu einem robusten Belastungstest für das aktuelle HSV-Konstrukt. Im April wird die neue Abteilungsleitung der Supporters, die den Großteil der Mitglieder stellen, gewählt. Spätestens im Juli entscheiden diese Mitglieder, wer nach dem geschlossenen Rücktritt der Streithähne Marcell Jansen, Thomas Schulz und Moritz Schäfer künftig das e.V.-Präsidium besetzt.

Dieses Präsidium ist maßgeblich mitverantwortlich für die Zusammenstellung des AG-Aufsichtsrates, der den AG-Vorstand bestellt oder entlässt. Ob der HSV zu dem Zeitpunkt in der 1. oder in der 2. Liga spielt, wird ohne Zweifel erheblichen Einfluss auf sämtliche Personalentscheidungen haben. Bei Nichtaufstieg wäre an Honeymoon jedenfalls in keiner Hinsicht zu denken. Dann stünde im Volkspark eher High noon auf dem Programm.

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