Der 1:0-Sieg im Rückspiel des Champions-League-Viertelfinals bei Paris Saint-Germain hat dem FC Bayern nicht zum Weiterkommen gereicht. Sky Sport blickt mit der Lupe auf die Duelle gegen die Franzosen und liefert fünf Erkenntnisse zum Aus der Münchner.
1. Hernandez beweist (endlich) seinen Wert - der scheidende Boateng aber auch
Die Enttäuschung beim FC Bayern nach dem Ausscheiden in der Champions League war den Akteuren am Sky Mikro sichtlich anzusehen und auch verständlich. Doch selbst in derartigen Momenten kann man beim Rekordmeister auch positive Aspekte finden. Ein solcher war im Rückspiel gegen PSG Lucas Hernandez. Der Franzose ist mit einer Ablösesumme von 80 Millionen Euro, die der FC Bayern im Sommer 2019 an Atletico Madrid bezahlt hat, nach wie vor der Rekordtransfer der Münchner.
Bislang konnte der Defensivspieler in seiner Zeit an der Säbener Straße nicht wirklich überzeugen - auch aus Verletzungsgründen. In den vergangenen Wochen und Monaten fand sich Hernandez aber immer besser zurecht, verdrängte zwischenzeitlich sogar einen fitten Alphonso Davies auf der linken Abwehrseite und deutete an, warum die Münchner ihn aus Madrid geholt haben. Den Höhepunkt dieser Entwicklung konnten die Bayern-Fans im Rückspiel bei PSG beobachten. Hernandez, diesmal auf der für ihn vorgesehenen Position als Innenverteidiger eingesetzt, zeigte eine der - wenn nicht sogar DIE - beste Leistung im FCB-Trikot und bewies seinen Wert, den er für die Münchner haben kann und warum Bayern so viel Geld für ihn gezahlt hat.
Die Noten der Bayern-Profis gegen PSG
Hernandez machte unter allen Bayern-Spielern den fittesten Eindruck und war ein Hauptfaktor für den letztlich wertlosen Zu-Null-Sieg. Das belegen auch seine starken Zahlen, die mit der Sky Note 2 untermauert werden. Mit 71,4 Prozent gewonnener Zweikämpfe brachte er die beiden PSG-Stars Neymar und Kylian Mbappe immer wieder zur Verzweiflung und verhinderte so teilweise im letzten Moment einen Gegentreffer. Zudem setzte er vier Tacklings, eroberte zwölfmal den Ball und fing drei Pässe der Franzosen ab, so dass er in fast allen Kategorien der Führende beim FC Bayern war. Kann er diese Leistung für die kommenden Monate konservieren, bewirbt er sich ganz klar als Teil der neuen Bayern-Innenverteidigung um Neuzugang Dayot Upamecano.
Ein anderer, der gegen PSG seinen Wert für die Bayern unter Beweis gestellt hat, ab der kommenden Saison aber nicht mehr an der Säbener Straße kicken wird, ist Jerome Boateng. Der ehemalige DFB-Kicker lieferte wie so häufig in dieser Spielzeit eine starke Partie ab. Eine starke Zweikampfquote (knapp 90 Prozent), zahlreiche erfolgreiche Tacklings und klärende Aktionen (inklusive seiner lässigen Klärungsaktion kurz vor Schluss), sowie Diagonalbälle aus dem Bilderbuch waren Bestandteil seiner guten Leistung.
Aus objektiver Beobachter-Sicht muss man sich deshalb schon fragen, wieso die Münchner einen solchen Spieler im Sommer ablösefrei ziehen lassen und nicht mit ihm verlängern. Selbst nur als Back-up-Option hätte Boateng den Bayern in der kommenden Saison in der qualitativen Breite sicherlich gut getan.
2. Breite im Bayern-Kader reicht auf Dauer nicht aus
Apropos Breite im Kader. Für einen gewissen Zeitraum und gegen bestimmte Gegner reicht diese im Bayern-Kader aus. In den beiden Duellen gegen PSG hat sie jedoch merklich gefehlt. "Es ist so, dass wir auch ein wenig aus dem letzten Loch pfeifen und dann ist es schwierig, wenn man gegen so eine Mannschaft spielt", erklärte Kapitän Manuel Neuer die personelle Lage beim FCB. Natürlich darf nicht verschwiegen werden, dass der Rekordmeister in der entscheidenden Saisonphase mit Verletzungen und Krankheiten und damit mit den Ausfällen von vorrangig Robert Lewandowski, Serge Gnabry, Leon Goretzka und Niklas Süle extrem viel Pech hatte. Doch diese Situation hat offenbart, dass die Münchner in dieser Hinsicht für die kommende Saison tätig werden müssen.
Bestes Beispiel dafür war die Einwechslung von Defensivspieler Javi Martinez für Angreifer Eric Maxim Choupo-Moting in der 85. Spielminute. Bayern-Coach Hansi Flick hatte keine einzige wirkliche Offensivkraft auf der Bank und musste so für die Brechstange auf den großgewachsenen Spanier zurückgreifen. Eine solche Situation muss in der kommenden Saison vermieden werden, will man wieder bis zum Ende um alle Titel mitspielen.
Auch der anstrengende Sommer mit Europameisterschaft und Olympia lässt keine nennenswerte Pause für die Profis zu, so dass die Führungsetage um Karl-Heinz Rummenigge, Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic dringend in die qualitative Breite im Kader investieren müssen, will man die Ziele erreichen. Kommen weitere Neuzugänge neben Upamecano, müssen diese auf jeden Fall besser einschlagen als die in dieser Saison geholten, aber kaum berücksichtigten Marc Roca, Bouna Sarr und Douglas Costa.
3. Lewandowski-Einfluss hat gefehlt
Nicht in diese Kategorie fällt jedoch Eric Maxim Choupo-Moting, der Back-up des verletzten Starstürmers Robert Lewandowski. Der Kameruner hat gegen PSG zweimal funktioniert, hat sowohl im Hin- als auch im Rückspiel einmal getroffen und somit seine Aufgaben auf dem Papier erfüllt.
Doch gerade im Hinspiel, als der FC Bayern mit 31 Torschüssen unzählige Chancen und teilweise auch Hochkaräter hat liegen lassen, hat sich gezeigt, dass ein Stürmer mit der Qualität, der Torquote und dem überragenden Einfluss eines Lewandowskis fehlt. Man stelle sich mal vor, der Pole hätte mit der Form, die er vor seiner Knieverletzung hatte, auf dem Platz gestanden. Schwer zu glauben, dass die Münchner in diesem Fall nur zwei Tore geschossen hätten.
Und auch im Rückspiel hätte ein Einsatz von Lewandowski sicherlich gut getan - auch wenn insgesamt deutlich weniger Torchancen herausgespielt wurden und der Pole so weniger Einschussmöglichkeiten gehabt hätte. Doch ein Stürmer mit der Qualität und der Präsenz von Lewandowski hätte sicherlich in der einen oder anderen Situation gleich zwei oder mehrere Verteidiger auf sich gezogen, so dass seine Nebenmänner wie Kingsley Coman oder Leroy Sane mehr Platz gehabt hätten und so torgefährlicher in Erscheinung hätten treten können.
4. Königstransfer Sane in Big-Point-Spielen unscheinbar
Besonders von Letztgenanntem haben sich die Verantwortlichen an der Säbener Straße im Sommer bei der Verpflichtung viel erhofft. Leroy Sane galt als Königstransfer, als Unterschiedsspieler und als kommender Superstar, der das Spiel der Münchner über den Flügel in der Post-Robbery-Ära neu prägen könne. Mit seinem Speed und seinen technischen Fähigkeiten hat er dies in der Saison bereits das eine oder andere Mal bewiesen, doch beim deutschen Nationalspieler fehlt aktuell noch die Konstanz.
Gerade in den wichtigen Spielen in der Champions League, wie jetzt gegen Paris Saint-Germain sollte Sane einer der entscheidenden Faktoren werden. So zumindest die Theorie. Doch der Flügelflitzer kann gerade in diesen Duellen noch nicht den Einfluss ausüben, den er von sich selbst erwartet und den sich die FCB-Bosse erhoffen. Seine Zahlen gegen PSG - drei Torschüsse, drei Torschussvorlagen, 71,4 Prozent gewonnen Zweikämpfe - lassen sich zwar sehen, doch gefühlt trifft der Neu-Münchner noch zu häufig die falsche oder eine unglückliche Entscheidung. So beispielsweise kurz vor Schluss in Paris, als er über rechts den Ball bereits auf Höhe des Fünf-Meter-Raums kontrolliert, dann aber den flachen Querpass wählt, anstatt selbst abzuschließen oder einen besser postierten Mitspieler im Rückraum anzuspielen.
5. Bestform der Akteure notwendig, um weiterzukommen
Es zeigt sich also, dass Sane seiner Topform noch hinterherhinkt, so wie einige andere Leistungsträger in den Duellen gegen PSG auch. Lautsprecher und Führungsspieler Joshua Kimmich beispielsweise lieferte im Rückspiel eine sehr unauffällige Partie ab und ließ die sonstige Galligkeit streckenweise vermissen. Und auch ein Davies zeigte sich alles andere als in Bestform, die er besonders in der vergangenen Saison nahezu in jedem Spiel auf den Platz gebracht hatte.
Coman, der gefeierte Champions-League-Finalheld im vergangenen August, wurde zu Beginn der Saison von vielen Beobachtern noch als Flügelspieler Nummer eins betrachtet, hängt seit gut einem Monat aber auch etwas in den Seilen und kann in den Spielen nicht mehr glänzen. Dies liegt mit großer Wahrscheinlichkeit auch an den hohen Belastungen, die gerade bei Profis wie Coman, die sich über Schnelligkeit und Spritzigkeit in den Beinen und im Kopf auszeichnen, extrem sichtbar werden.
Und auf diesem hohen Niveau - im Viertelfinale der Champions League - hat sich gezeigt, dass Akteure ihre Bestform erreichen müssen, um sich in den K.o-Duellen durchzusetzen.