FC Bayern Transfers: De Ligt als stiller Anführer für das Vakuum in der Abwehr?
De Ligt: Stiller Anführer für das Führungsvakuum in der FCB-Abwehr?
Max Georg Brand
05.07.2022 | 13:34 Uhr
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Matthijs de Ligt will sich dem FC Bayern München anschließen. Der Niederländer könnte der nächste Transfercoup von Hasan Salihamidzic sein.
Kaum ist die Mane-Mania in München abgeebbt, könnte der in der Vergangenheit oft gescholtene Hasan Salihamidzic den nächsten spektakulären Transfercoup landen. Nach Sky Informationen möchte Matthijs de Ligt Juventus verlassen und zum FC Bayern München wechseln. Der niederländische Innenverteidiger würde unter anderem den Abgang von Niklas Süle positionsgetreu abfangen und wohl eine entscheidende Zusatzqualität mitbringen.
De Ligt ist erst 22 Jahre alt und hat in seiner Karriere dennoch schon mehr erlebt als die meisten seiner Kontrahenten. Nun könnte er seiner erstaunlichen Laufbahn das nächste Kapitel und nach Ajax und Juventus Turin auch den nächsten Klub hinzufügen. In München dürfte de Ligt ein Transfer der Kategorie "Den nehmen wir mit Kusshand" sein, gehört er nicht nur zu den besten Abwehrspielern der Welt, sondern ist zudem auch noch ein Führungsspieler, der trotz seiner Jugend über die Erfahrung eines alten Recken verfügt und immer noch Potenzial nach oben hat.
Mit dem 1,89 Meter großen de Ligt würde sich der FC Bayern einen kompletten Verteidiger ins Team holen, der sich selbst als altmodisch bezeichnet, aber durchaus moderne Qualitäten besitzt. Der Niederländer gilt am Boden und in der Luft als guter Zweikämpfer. Mit einer Zweikampfquote von 62 Prozent in der vergangenen Serie-A-Saison liegt er insgesamt auf einem ähnlichen Level wie Dayot Upamecano (61 Prozent) und Lucas Hernandez (66 Prozent).
In der Champions League packt der Niederländer mit 67 Prozent gewonnenen Zweikämpfen sogar noch eine Schippe drauf. Zudem besticht er durch sein Stellungsspiel und seine Passquote, die sich in der Regel meist bei rund 90 Prozent einpendelt und eine Qualität ist, die er sich als ehemaliger Mittelfeldspieler in der Ajax-Jugend angeeignet hat.
De Ligt verrichtet gerne die "Drecksarbeit"
Der 38-malige niederländische Nationalspieler ist sich für nichts zu schade und mag es, die "Drecksarbeit" hinten zu verrichten, wie er Mitte März dem englischen Guardian verriet: "Die Drecksarbeit ist so wichtig. Die Leute nennen es dreckig, aber ich finde es wirklich schön. Den Ball wegzuköpfen, Zweikämpfe zu gewinnen. In dieser Hinsicht bin ich ein Verteidiger der alten Schule."
Doch de Ligt würde den Bayern neben den Hard Skills noch einen möglicherweise entscheidenden Soft Skill mitbringen: Führungsqualität. Stimmen aus der Vergangenheit bezeichnen ihn als einen Anführer ohne ein Lautsprecher zu sein. Er wurde zum jüngsten Kapitän in der Geschichte von Ajax und führte die Gruppe junger Wilder 2019 ins Halbfinale der Champions League, wo er ebenfalls einen Rekord als jüngster Kapitän in einem CL-Halbfinale aufstellte.
Der "geborene Anführer" für das Führungsvakuum in der Bayern-Abwehr?
"Er ist der geborene Anführer", erklärte Dani Koks, ein ehemaliger Weggefährte de Ligts einmal gegenüber DAZN. Das tut er jedoch, ohne dabei die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen: "Es gibt diese Spieler in der Kabine", so Koks, "die wollen, dass jeder weiß, dass sie in der Kabine sind. Matthijs gehörte nicht dazu."
De Ligt ist es wichtig, dass auf dem Platz und vor allem in seinem Tätigkeitsbereich der Defensive die Ordnung stimmt. Um das zu gewährleisten, muss er nicht groß auffallen. Dabei hatte er, nachdem er selbst schon mit Ajax als Kapitän Erfolge feierte, zuletzt die Möglichkeit, von den Größten dieses Fachs zu lernen: Giorgio Chiellini, Leonardo Bonucci und Virgil van Dijk. Namen, die jedem Angreifer das Fürchten lehren - de Ligt war beziehungsweise ist ihr Partner.
Beim FC Bayern würden sie genau so einen Spieler benötigen, der sich vor allem das Führen von diesen Defensiv-Granden abgeschaut hat. Nach den Abgängen von Jerome Boateng und David Alaba ist gerade zwischen Joshua Kimmich auf der Sechs und Manuel Neuer im Tor ein Führungsvakuum entstanden, dass Upamecano, Hernandez und auch Süle nicht füllen konnten. Für de Ligt könnte diese Rolle wie geschaffen sein.
Matthijs De Ligt: Vom Tennisspieler zu einem der teuersten Verteidiger
Dass ihm in seiner Karriere, wie bei seinem steilen Aufstieg zu vermuten ist, nicht immer alles in den Schoß fiel, dürfte ihm auf diesem Niveau schon des Öfteren geholfen haben. So spielte er in der Kindheit zunächst lieber Tennis als Fußball und hatte in jungen Jahren schon mit Gewichtsproblemen zu kämpfen. Dass er diese in den Griff bekam und von einem soliden Jugendfußballer aus einem Amsterdamer Vorort, zum "Golden Boy"-Gewinner und einem der teuersten Verteidiger der Welt avancierte, spricht für ihn.
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Und dennoch war der Weg auch als Profi nicht immer einfach. Nach seinem kometenhaften Aufstieg und dem viel beachteten Wechsel zu Juventus hatte de Ligt bei der Alten Dame Probleme richtig Fuß zu fassen. Zwischendurch machten ihm eine Schulterverletzung und individuelle Fehler zu schaffen. Beides hat er jedoch zuletzt in den Griff bekommen. Letzteres vor allem, weil er sehr selbstkritisch ist: "Ich weiß genau, wann ich etwas falsch gemacht habe. Um zu wachsen, muss man manchmal akzeptieren, dass man die falschen Entscheidungen getroffen hat", sagte de Ligt einmal gegenüber The Guardian.
Generell verlief die Zeit bei Juventus nicht so erfolgreich wie ursprünglich gedacht. Der ehemalige Serienmeister musste sich nun im zweiten Jahr in Folge gegen die Mailänder Klubs geschlagen geben, in der Champions League war jeweils früh im Achtelfinale gegen nominell schwächere Klubs Schluss.
Neuer Ajax-Block bei Bayern?
Mit Bayern könnte er nun einen neuen Angriff auf die Champions-League-Trophäe starten wollen. Gefallen dürften ihm die Transfers von Sadio Mane und vor allem von Noussair Mazraoui und Ryan Gravenberch. Die beiden Letztgenannten kennt er aus Amsterdam und würde einen neuen Ajax-Block bei den Bayern etablieren. Mit 82 gemeinsamen Spielen gehört Mazraoui sogar zu den Spielern, mit denen er am häufigsten auf dem Platz stand. Beide kennen sich vor allem aus der U19 und schafften es gemeinsam ins Halbfinale der Königsklasse.
De Ligt aktuell noch viel zu teuer für Bayern
120 Millionen Euro beträgt jedoch die Ausstiegsklausel für den 22-Jährigen, dessen Vertrag bei der Alten Dame noch bis 2024 läuft, um das Ajax-Trio wiederzuvereinigen. Eine Summe, die die Bayern nie zu zahlen schworen und auch aktuell gar nicht zahlen könnten. Bei 80 Millionen Euro könnte man in Italien schwach werden, erklärte Sky Transfer Experte Marc Behrenbeck in Transfer Update - Die Show. Zum Vergleich: Ähnlich viel zahlte man auch für Hernandez. Doch das ist den Münchnern vor allem nach Corona zu viel Geld für einen Spieler.
Nach Einschätzung von Sky könnte die Schmerzgrenze bei 60 Millionen Euro . Ein Betrag, bei dem Juventus lieber auf die Angebote anderer spendablerer Klubs wie den FC Chelsea zurückgreifen würde. Und selbst diese Summe dürfte Kahn, Salihamidzic und Co. immer noch Kopfzerbrechen bereiten, weil sie dazu noch Einsparungen vornehmen müssten. Helfen könnten dabei zum Beispiel die Verkäufe von Robert Lewandowski, Bouna Sarr oder Omar Richards.
Voting: Würde de Ligt den Bayern helfen?
Im Dezember vergangenen Jahres verriet der kürzlich verstorbene Spielerberater Mino Raiola, dass der FC Bayern sich schon einmal die Dienste de Ligts sichern wollte. Juventus konnte 2019 jedoch mehr bieten und es scheiterte letztlich wegen des Geldes. Auch aktuell könnte es am Ende wieder an den Finanzen scheitern. Doch Bayerns Sportvorstand hat in diesem Sommer schon bewiesen, dass man ihn und die Münchner auch auf dem Transfermarkt nicht zu früh abschreiben sollte. Erst recht nicht, wenn man der Meinung ist, dass sie genau diesen stillen Anführer noch benötigen.