Vom einstigen Sicherheitsrisiko zum Fels in der Brandung: Chelsea-Star Antonio Rüdiger durchlebt unter Trainer Thomas Tuchel die beste Phase seiner Karriere und gehört inzwischen zu den überragenden Verteidigern der Premier League. Die Fans feiern ihn mit eigenen Sprechchören und hoffen, dass er den Blues noch lange erhalten bleibt.
"Kommt schon, EA Sports... 35,8 km/h Top-Speed auf dem Platz und ich bekomme nur eine 75 bei der Geschwindigkeit bei FIFA 22", beschwerte sich FC-Chelsea-Verteidiger Antonio Rüdiger über seine Tempobewertung bei der neusten Ausgabe des Videoklassikers via Twitter. Und weiter: "Was brauche ich denn für eine 90-Pace-Wertung? 50km/h?"
Die Reaktion des Videospielherstellers auf den humorvollen Tweet folgte prompt: "Schlag Christian Pulisic und wir können miteinander reden", forderten die Entwickler von Electronic Arts. Der ehemalige BVB-Star kommt auf eine 89er Tempo-Bewertung.
Sprinter, Abräumer, Fanliebling
Wie schnell Rüdiger wirklich ist, zeigte er auch beim jüngsten Champions-League-Duell mit Zenit St. Petersburg, als er mit dem Ball zu einem verrückten 80-Meter-Sprint ansetzte, vier Gegenspieler stehen ließ und am Ende selbst den Abschluss suchte. Das Tor verfehlte er zwar knapp, dennoch erhielt er für seine Aktion Standing Ovations und "Rüüüüdiiii"-Sprechchöre.
Auch defensiv ließ er nichts anbrennen. Die Gegenspieler prallten regelrecht an ihm ab oder wurden abgelaufen. Seine überragende Partie wurde folglich mit einem Zu-Null-Sieg und drei wichtigen Punkten im Auftaktmatch in die Champions-League-Gruppenphase belohnt. Nach dem Abpfiff ordnete er den 1:0-Erfolg über den russischen Meister ein: "Solche Spiele, bei denen kein frühes Tor erzielt, werden schwer. Aber wir sind drangeblieben", sagte er via chelseafc.com.
Defensive ist der Tuchel-Trumpf
Wichtig sei dabei besonders die Konterabsicherung gewesen: "Das haben wir sehr gut gemacht. Wir haben gut gespielt, gut verteidigt und das eine Tor bekommen", zeigte sich der 28-Jährige zufrieden. Auch Trainer Thomas Tuchel konnte nach dem Sieg und dem nahezu makellosen Saisonstart ein positives Fazit ziehen: "Wir haben mit einer hohen Intensität gespielt und viele Bälle erobert. Wir wussten, dass wir in der Defensive sehr konzentriert agieren müssen. Insgesamt bin ich zufrieden."
Der amtierende Champions-League-Sieger setzt seinen beeindruckenden Lauf fort. Auch in der Premier League ist die Tuchel Elf auf Kurs und mit zehn Punkten in vier Spielen hervorragend gestartet. Lediglich gegen den FC Liverpool musste er sich in Unterzahl mit einem Punkt begnügen. Die anderen Spiele wurden klar und vor allem zu Null gewonnen. Die Blues haben in der noch jungen Saison lediglich einen Gegentreffer hinnehmen müssen - auch dank Abwehr-Boss Antonio Rüdiger.
Dauerbrenner Rüdiger
Rüdiger ist der Dauerbrenner in der Tuchel-Elf und verpasste sowohl im Supercup, in der Champions League als auch in der Premier League keine einzige Spielminute. Trotz namhafter Konkurrenz um Brasilien-Routinier Thiago Silva, Youngster Trevoh Chalobah und Ex-Gladbach-Star Andreas Christensen ist er nicht mehr aus der ersten Elf wegzudenken. "Ich kann nur sagen, dass er seit einiger Zeit exzellent und konstant spielt", sagte Tuchel vor dem Match of the Week gegen Tottenham Hotspur (Sonntag, ab 17 Uhr live auf Sky Sport und im Liveticker auf skysport.de).
Rüdiger befindet sich aktuell in der Form seines Lebens, dabei galt er vor der Tuchel-Installation noch als Auslaufmodell und Abschiedskandidat. Unter Frank Lampard hatte Rüdiger keinen leichten Stand, pendelte zwischen Bank und Tribüne - Einsätze blieben eine Seltenheit. Und wenn er einmal spielte, konnte er seinen Coach nicht überzeugen und war in jeder Partie für einen Schnitzer gut.
Welches Trikot trägt er 2022?
Doch dieses Sicherheitsrisiko ist längst behoben. Rüdiger sprintet, grätscht, fightet und spielt sich in die Herzen der Blues-Anhänger - avancierte inzwischen zum absoluten Publikumsliebling. Doch wie lange bleibt er den Blues noch erhalten? Sein Vertrag läuft 2022 aus, Vereine wie Real Madrid und Paris Saint-Germain sollen ihr Interesse bereits hinterlegt haben.
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Die Chelsea-Verantwortlichen möchten einen Abgang jedoch mit allen Mitteln verhindern, der Vertragspoker läuft. Nach Informationen des Telegraph hat Rüdiger ein erstes Angebot abgelehnt. Demnach soll der amtierende Champions-League-Sieger bereit gewesen sein, sein wöchentliches Salär von 100.000 auf 140.000 Pfund (rund 164.000 Euro) zu erhöhen - für die Rüdiger-Seite noch zu wenig. Der Poker wird sich aller Voraussicht nach auch noch über einige Zeit erstrecken.
"Im Moment ist es zwischen dem Verein und dem Spieler und dem Agenten", erklärte Tuchel, hofft aber auf eine Einigung: "Es gibt keine Neuigkeiten von meiner Seite. Aber ich denke, Toni fühlt sich bei Chelsea sehr, sehr gut." Demnach spüre er den Respekt seiner Teamkollegen, seine Bedeutung in der Mannschaft und die Liebe der Fans. "Wohlverdient, denn er liefert", so Tuchel.
Avanciert er auch gegen die Spurs zum Fels in der Brandung?
Und weiter: "Er spielt in der stärksten Liga Europas, bei einem großen Verein. Es gibt also nicht viele Gründe, das zu ändern." Auch am Sonntag gegen die Spurs (ab 17 Uhr live auf Sky Sport und im Liveticker auf skysport.de) wird er wieder starten und versuchen, Kane, Alli und Co. in Schach zu halten und im engen Titelkampf das nächste Ausrufezeichen zu setzen.
Der 28-Jährige trägt seit 2017 die Farben der Blues, ist aktuell allerdings so stark wie nie zuvor und sowohl in London als auch bei der Nationalmannschaft unersetzlich. Und unabhängig davon, ob er sich für eine Verlängerung oder eine neue Herausforderung entscheidet, ist klar: Ein Antonio Rüdiger in dieser Über-Form wäre für jedes Team ein Gewinn.