FC Schalke News: Sky Reporter Jesco von Eichmann zu Clemens Tönnies
Ehrenkodex von Schalke verletzt: "Tönnies' Zukunft ist offen"
24.06.2020 | 21:31 Uhr
Schalke-Aufsichtsratsvorsitzender Clemens Tönnies muss sich derzeit einige Proteste der Fans gefallen lassen. Diese klagen nach mehreren Fehltritten des Funktionärs, der Verein käme seiner sozialen Verantwortung nicht nach und würde die eigenen Werte missachten.
Nach der Hinrunde wähnten sich die Schalker in ruhigem Fahrwasser. Nach der katastrophalen Vorsaison ging man als Tabellenfünfter punktgleich mit dem Rivalen aus Dortmund in die Winterpause. Doch lange hielt das große Glück unter dem neuen Coach David Wagner nicht an und erste Gewitterwolken zogen über Gelsenkirchen auf. Eine nie dagewesene Negativ-Serie nahm seinen Lauf, die durch die Störgeräusche neben dem Platz seit der Coronapause beinahe in den Hintergrund gerückt ist.
Härtefall-Antrag und entlassene Fahrer sorgen für Fan-Aufschrei
"Bei Schalke kommt zurzeit einfach ganz viel zusammen. Die organisierten Fans sind jetzt richtig laut geworden, nachdem sie sich in den letzten Wochen eigentlich zurückgehalten hatten. Auch, um die sportliche Situation nicht noch schlechter zu machen", erklärt Sky Reporter Jesco von Eichmann.
Kritik hagelte es unter anderem für einen Härtefallantrag, in dem die Fans Gründe für die Geld-Rückerstattung von Ticketpreisen angeben sollten. Kurz darauf leistete sich der Verein einen, in den Augen der Fans, neuen Fehltritt in Sachen sozialer Verantwortung. "Jüngst wurden die Fahrer der Jugend entlassen. Das waren überwiegend Ehrenamtler, Rentner oder Menschen die auf Basis von 450 Euro arbeiten. Die wurden aus Gründen der Wirtschaftlichkeit entlassen, was viele Fans einfach nicht verstehen konnten", blickt von Eichmann zurück.
Ehrenkodex verletzt, Ehrenrat greift nicht ein
Diese Aktion geht strikt gegen den "Schalker Ehrenkodex". Ein niedergeschriebener Leitsatz für die Motivation und die Werte, für die der Pott-Klub stehen will. Dort ist der Punkt soziale Verantwortung ein wichtiges Thema. Von Eichmann: "Die sehen die Fans nicht mehr gegeben."
Nun sorgt Tönnies, der vor knapp einem Jahr eine kurze Auszeit wegen rassistischer Äußerungen genommen hatte, wieder für Aufsehen. "Da gab es den Ehrenrat, der Entscheidungen über Personen trifft, die das Bild von Schalke negativ beeinflussen. Dieser ist damals sehr milde mit Tönnies umgegangen. Der Aufsichtsratsvorsitzende durfte sich eine kurze Auszeit nehmen und dann weiterarbeiten. Ein Mitglied, das sich dazu kritisch äußerte, trat zurück und wurde nicht ersetzt", fasst Sky Reporter von Eichmann zusammen.
In Tönnies' Fleisch-Fabrik kam es in den vergangen Wochen zudem zu einer Vielzahl an Corona-Infektionen, die nicht zuletzt auf Nichteinhaltung von Infektionsschutz-Konzepten zurückzuführen sind.
Weitere Fan-Proteste in Planung
Wirtschaftlich steht der Verein mit rund 200 Millionen Euro in Misskredit. "Sie sehen in Tönnies nicht den Menschen mit sozialem Gewissen, den dieser Verein an der Spitze braucht. Sie sehen auch die Entwicklung der vergangenen Jahre. Der Verein hat über 200 Millionen Euro Schulden, was auch Tönnies zu verantworten hat", erklärt der Sky Reporter und meint: "All das legen die Fans jetzt auf den Tisch. Und am Kopf von diesem sitzt nun mal Clemens Tönnies."
Abgangs-Entscheidung muss nicht von Tönnies kommen
Die Proteste sind also nicht nur auf den sportlichen Misserfolg von 15 sieglosen Bundesliga-Partien in Serie zurückzuführen. "Die Situation ist viel substanzieller. Die Proteste wären vielleicht nicht so harsch, aber sie wären sicherlich auch da, wenn sie sich für die Champions League qualifizieren würden", ist sich der Schalke-Experte sicher.
Und wie steht es bei all dem Trubel um Tönnies? "In der Kritik steht Tönnies schon lange. Ob er das und die Probleme in seiner Fleischfabrik zum Anlass nimmt, Schalke zu verlassen, kann man schwer einschätzen. Eigentlich ist Tönnies jemand, der das Handtuch nicht so schnell wirft und den Dialog sucht", meint von Eichmann, gibt aber auch zu bedenken: "Es ist gut möglich, dass Tönnies eine Wiederwahl in den Aufsichtsrat schlichtweg nicht gewinnen würde. Seine Zukunft ist zurzeit also noch offen."