Knappen haben bereits zehn Punkte auf dem Konto
21.09.2019 | 21:35 Uhr
Schalke 04 feiert gegen Mainz 05 den dritten Bundesliga-Sieg in Folge und ist drauf und dran, die miserable vergangene Saison vergessen zu machen. Überragender Mann war dabei erneut Amine Harit, doch der junge Marokkaner ist nicht der einzige Grund, warum es bei S04 wieder läuft.
Fünf Spiele, null Punkte, 2:9-Tore, Platz 18. Der FC Schalke erwischte in der Spielzeit 2018/19 einen fatalen Fehlstart, von dem sich die Mannschaft nie erholen sollte. Ein Jahr später sieht die Welt auf Schalke komplett anders aus. Gegen Mainz 05 feierten die Knappen beim 2:1-Sieg den dritten Dreier in Folge in der Bundesliga und stehen zumindest für eine Nacht punktgleich mit Tabellenführer RB Leipzig auf Tabellenrang zwei.
Matchwinner gegen die Rheinhessen war Amine Harit, der kurz vor Schluss mit seinem Traumtor per Außenrist (!) den Siegtreffer erzielte (89.). Zuvor hatte der 22-Jährige auch das 1:0 durch Suat Serdar mustergültig vorbereitet (36.). Bereits beim Kantersieg in Paderborn überragte Harit mit seinem ersten Doppelpack als Profi und sammelte damit in den vergangenen zwei Partien mehr Scorerpunkte als in der kompletten abgelaufenen Saison, als er auf zwei Tore und eine Vorlage kam.
Nach dem Sieg gegen Mainz gab sich der junge Familienvater jedoch ganz bescheiden: "Mein Fokus hat sich seit dem letzten Jahr verändert. Nun versuche ich, es mit meiner Leistung zurückzuzahlen", so Harit bei DAZN. Und weiter: "Ich bin auch glücklich für meine Mannschaft, dass wir den nächsten Sieg einfahren konnten. David Wagner ist sehr wichtig für mich, aber ich arbeite auch sehr hart und erst dann kann man auch etwas zurückgeben."
Harit ist so etwas wie das Sinnbild des Schalker Aufschwungs. Der "Rookie des Jahres" der Bundesliga von vor zwei Jahren ist drauf und dran, wieder an die Leistungen aus seiner Premierensaison in Gelsenkirchen anzuknüpfen. Doch der Instinkfußballer ist nicht der einzige Faktor, warum Schalke in dieser Saison wieder in die Spur gefunden hat. Sky Sport liefert weitere 04 Gründe für den guten Saisonstart:
Seit dieser Saison hat Eurofighter David Wagner an der Seitenlinie das Sagen auf Schalke und hat dem Team neues Leben eingehaucht. In den vergangenen beiden Bundesligaspielen stand mit Rechtsverteidiger Jonjoe Kenny nur ein Neuzugang in der Startformation, aber dennoch war die Mannschaft im Vergleich zur abgelaufenen Saison kaum wieder zuerkennen.
Neben dem wiedererstarkten Harit ist vor allem Omar Mascarell endlich die erhoffte Verstärkung auf der Sechs. Wagner machte den Abräumer zum Stellvertreter von Kapitän Nübel und schenkt dem Spanier das Vertrauen. Und Mascarell zahlt dieses mit Leistung zurück und räumt im Mittelfeld alles ab und initiiert auch eigene Angriffe.
Vor allem in Paderborn überzeugte Schalke und auch wenn die Leistung gegen Mainz nach der Pause noch verbesserungswürdig war: Die Handschrift des Trainers ist bereits nach wenigen Wochen zu erkennen. Schalke attackiert den Gegner deutlich früher als noch in der Vorsaison und der Coach wird auch nicht müde zu betonen, dass man nur auf sich schaut. Sprich: Schalke orientiert sich nicht mehr so sehr am Gegner, sondern versucht sein eigenes Spiel zu etablieren. Hilfreich ist dabei auch, dass der 47-Jährige derzeit kaum verletzungsbedingte Ausfälle zu beklagen hat und fast jede Position hart umkämpft ist.
Der Engländer war Schalkes erster Sommer-Neuzugang und entpuppt sich bisher als absoluter Volltreffer. Während die Millionentransfers Ozan Kabak und Benito Raman auch aufgrund von Verletzungen bislang noch keine große Rolle bei den Knappen spielen, ist Kenny gesetzt und verpasste noch keine einzige Minute.
Kenny beackert die rechte Seite und setzt auch in der Offensive Akzente. Mit einem Treffer und zwei Vorlagen hat Kenny die meisten Scorerpunkte aller Verteidiger in der Bundesliga. Positiver Nebeneffekt: Daniel Caligiuri, der in der abgelaufenen Spielzeit oft als Rechtsverteidiger aushelfen musste, kann wieder auf seiner Stammposition im rechten Mittelfeld auflaufen.
Schalke hat sich im Sommer bewusst neu aufgestellt. Neben Wagner wurde Sascha Riether als Koordinator der Lizenzabteilung installiert und fungiert als Bindeglied zwischen Mannschaft und Verein. Auch einen Sportpsychologen holte Schalke neu ins Boot. Eine sinnvolle Ergänzung des Funktionsteams, wie Mark Uth in einem Interview mit Schalke-TV erklärt:
"Ich finde schon, denn wenn du wirklich mal was hast, hast du einen Ansprechpartner, der wirklich Ahnung davon hat und dir wirklich helfen kann. Er kann dir dann sagen, was du besser machen kannst oder was du ändern musst", antwortete der Angreifer auf die Frage, ob ein Psychologe für eine Profimannschaft sinnvoll sei.
Und weiter: "Ich finde das schon wichtig und gerade in diesen Dingen hat Schalke im Sommer ordentlich nachgelegt. Man sieht, dass hier was wächst und wir uns weiterentwickeln wollen."
Zudem verpflichtete Schalke mit Massimo Mariotti einen Integrationsbeauftragten, der sich speziell um "Problemkinder" wie Harit kümmern soll. "Mariotti hat in Dortmund schon mit Leuten wie Aubameyang und Dembele zusammengearbeitet und kennt sich mit solchen Leuten aus und der hat den Jungen richtig im Griff", analysiert Sky Reporter Dirk große Schlarmann. Auch Neuzugänge wie Linksverteidiger Juan Miranda oder eben Kenny hilft Mariotti und macht ihnen die Integration leichter.
In der Vorsaison brachten Spieler nach zahlreichen Negativerlebnissen teilweise einfache Querpässe über fünf Meter nicht mehr zum Mitspieler. "Keiner wollte so richtig mehr den Ball haben und du hast gehört, es wird sehr sehr unruhig, weil wir einfach schlechten Fußball gespielt haben. Ich glaube schon, dass der ein oder andere da die Flatter bekommt - auf jeden Fall", erinnert sich Uth.
Kapitän Nübel pflichtet dem Angreifer im Interview bei Sky Sport bei: "Wir sind dann leider in einen Strudel reingekommen, wo wir nicht mehr rausgekommen sind. Jetzt haben wir alle die Köpfe frei und können befreit aufspielen", analysierte der Torhüter nach dem Spiel in Paderborn den Unterschied zur Vorsaison.
In der Tat ist zu sehen, dass die jüngsten Erfolgserlebnisse dafür gesorgt haben, dass die Spieler mutiger agieren und sich mehr zutrauen. Dennoch waren Schalkes Verantwortliche nach dem Sieg in Mainz darum bemüht, den Ball flach zu halten und nicht in Euphorie zu verfallen. "Der Sieg war sehr wichtig für uns. Allerdings muss man sagen, dass es keine gute Leistung war. Wir freuen uns, dass es so gut läuft, aber wir schauen derzeit nicht auf die Tabelle", erklärte beispielsweise Riether bei DAZN.
Und Wagner stellte klar, dass Europa sportlich und finanziell in dieser Saison unrealistisch sei. Allerdings ergänzte er mit einem Schmunzeln, dass der Klassenerhalt mit Huddersfield vor zwei Jahren in der Premier League das auch gewesen sei...