Inter Mailand News: Robin Gosens im exklusiven Sky Interview
Gosens über Brehme-Vergleiche, seinen Marktwert & WM-Ambitionen
11.02.2022 | 13:39 Uhr
Robin Gosens spricht im exklusiven Sky Interview über seinen Wechsel zu Inter Mailand, seine Ablöse, die Ziele mit Klub und Nationalmannschaft, die Situation beim FC Schalke sowie den BVB-Coup um Niklas Süle.
Sky Sport: Herr Gosens, hinter Ihnen leuchtet das Logo von Inter Mailand. Können Sie uns erklären, warum Sie jetzt gewechselt sind?
Robin Gosens: Ich glaube, weil es einfach der richtige Schritt zur richtigen Zeit ist. Ich habe mich als Persönlichkeit reif genug gefühlt, um den Schritt zu einem Top-Klub zu gehen. Ich glaube, ich habe viereinhalb Jahre sehr, sehr wichtige Erfahrungen bei Atalanta gesammelt, die mir wirklich alles ermöglicht haben, was jetzt so passiert. Gleichzeitig habe ich natürlich immer die Ambition gehabt, das Maximale rauszuholen. Deswegen bin ich froh, jetzt hier zu sein.
Sky Sport: Wie liefen die letzten Tage für Sie ab? Viele sind davon ausgegangen, dass es Sie nach England zu Newcastle United zieht.
Gosens: Das stimmt, da gingen viele von aus. Ich glaube tatsächlich alle. Außer ich selbst (lacht). Das war schon real und die Verhandlungen waren auch so weit, wie das beschrieben wurde. Nur ohne die Tatsache, dass ich ja gesagt habe. Und dann kam Inter, die dann relativ schnell alles abschließen wollten. Und dementsprechend hat sich eigentlich der komplette Transfer innerhalb von 48 Stunden realisiert. Das ging dann vom ersten Gespräch mit dem Trainer bis hin zu den Verhandlungen und dann über die Präsentation. Das war dann eigentlich in 48 Stunden geritzt und das war schon Wahnsinn und auch irgendwie unerwartet, weil ich natürlich aus einer Periode komme, wo ich drei Monate nicht gespielt habe. Aber selbstverständlich bin ich mega happy hier zu sein. Wir sprechen hier von einem der größten Vereine Europas. Vor allem bin ich wirklich stolz, dass ich das durch harte Arbeit geschafft habe, zu so einem Verein zu wechseln.
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Sky Sport: Ihr letztes Liga-Spiel war gegen Inter Mailand am 25. September. Ein paar Tage später dann die Oberschenkel-Verletzung gegen die Young Boys Bern. Wie fit sind Sie, wann wollen Sie wieder zurückkommen? Wie ist der Plan?
Gosens: Also ich bin jetzt wieder sehr, sehr fit. Natürlich fehlt mir letztlich dann der Rhythmus, aber den krieg ich auch nur dadurch, dass ich wieder Minuten auf dem Platz mache. Ich fühle mich aber sehr gut und top vorbereitet. Ich will jetzt aber nicht sagen: 'Okay, pass mal auf, nächste Woche Mittwoch bin ich wieder dabei!' Ich will mich jetzt nicht selber unter Druck setzen, weil ich glaube, dass das Problem gewesen ist beim letzten Mal, dass ich zu schnell zurückwollte. Es fehlt nicht mehr viel, aber wie viele Tage genau, kann ich aktuell nicht sagen.
Sky Sport: Hatten Sie auch mal Ängste während dieser langen Verletzung? Das war bisher die längste Ausfallzeit Ihrer Karriere.
Gosens: Natürlich macht man sich auch Mal Gedanken. Aber Angst ist da vielleicht nicht das richtige Wort. Ich meine, ich komme aus zwei überragenden Saisons, konnte mir einen Platz bei der Nationalmannschaft erkämpfen. Alles lief wie im Film die letzten Jahre. Und dann kommt auf einmal so ein Paukenschlag mit der Verletzung und auf einmal ist man vier Monate weg vom Fenster. Die Konkurrenz schläft nicht. Die Nationalmannschaft ist top besetzt. Und jedes Spiel, das ich nicht bestreite, ist natürlich gut für Christian Günter. Klar gönne ich ihm das alles, aber ich selber will natürlich auch weiterspielen und dementsprechend geht das nur über Leistung. Und die konnte ich leider in den letzten vier Monaten nicht bringen.
Sky Sport: Wir kommen gleich nochmal auf die Nationalmannschaft zurück. Aber zuerst: Was sind Ihre Ziele mit Inter Mailand?
Gosens: Mein erstes Ziel ist jetzt erst mal, fit werden und endlich zum ersten Mal mit dem Trikot von Inter aufzulaufen. Und dann geht es für mich darum, ein wichtiger Spieler für Inter zu werden. Ich habe schon die Ambition, das, was ich bei Atalanta gezeigt habe und gemacht habe, auch hier zu wiederholen. Ich glaube, das war gut, was da in den letzten Jahren passiert ist und was ich da gemacht habe. Und wenn ich das auf den Rasen bringe, dann bin ich mir sicher, dass das auch mit der Nationalmannschaft geht. Und dementsprechend sind das ganz klar meine Ziele.
Sky Sport: Haben Sie Kontakt zu Oliver Bierhoff oder Hansi Flick?
Gosens: Tatsächlich zu beiden während der ganzen Verletzungspause. Sie haben mir immer gesagt 'Robin, alles gut, nimm dir die Zeit, die du brauchst. Wichtig ist, erst mal auf deinen Körper zu hören und die Zeit mit der Familie zu genießen.' Sie haben mir eigentlich immer zu jeder Zeit ein sehr gutes Gefühl gegeben.
Sky Sport: Und gab es auch einen Ratschlag für Inter Mailand oder möglicherweise dagegen? Den Aufruf 'Komm in die Bundesliga' gab es schon am Telefon, oder?
Gosens: Den konkreten Appell gab es nicht. Aber der Bundestrainer hat ganz klar gesagt, wenn es sich für mich richtig anfühlt und auch für meine Familie, dann soll ich das machen. Muss ich das sogar machen. Er hat mir immer gesagt, dass das wichtigste Gefühl mein eigenes Bauchgefühl ist und der Ratschlag der Familie wichtig ist. Darauf habe ich gehört. Von daher: Alles top, so wie es ist.
Sky Sport: Es waren schon einige große deutsche Fußballer bei Inter Mailand. Das sind große Fußstapfen.
Gosens: Andi Brehme war hier, Jürgen Klinsmann war hier, Karl-Heinz Rummenigge und auch Lothar Matthäus waren hier...
Sky Sport: Und Podolski...
Gosens: Stimmt, Poldi war auch dabei. Er war, glaube ich, der Letzte, der hier war.
Sky Sport: Genau. Merkt man das bei Inter Mailand, dass jetzt wieder mal ein deutscher Spieler mit Ihnen im Klub ist?
Gosens: All die Spieler, die ich gerade aufgezählt habe, sind absolute Legenden in Deutschland und haben viel für den deutschen Fußball geleistet, und genauso haben sie das auch hier gemacht. Die Tradition der Deutschen bei Inter ist eine sehr, sehr wichtige. Das geht auch mit einem gewissen Druck einher und es werden Vergleiche gezogen, weil Brehme auch die linke Seite beackert hat. Ich weiß nicht, inwiefern ich dem Vergleich gerecht werden kann, weil wir andere Spielertypen sind und auch der Fußball heute ein anderer ist.
Sky Sport: Dieses Jahr steht die Weltmeisterschaft Katar an. Wie groß ist die Sehnsucht daran als Nationalspieler teilzunehmen?
Gosens: Natürlich ist dies das übergeordnete Ziel, weil es für mich einfach nichts Größeres gibt, als für die deutsche Nationalmannschaft bei einer WM dabei zu sein. Ich weiß es noch ganz genau, dass wir früher wirklich immer im Garten bei mir gespielt haben. Wir haben uns verschiedene Mannschaften zugeordnet, verschiedene Länder und haben dann den ganzen Sommer mit diesen Mannschaften immer gegeneinander gespielt. Dementsprechend war damals schon bei den Jungs der Traum, später mal eine WM zu zocken. Das wäre wirklich das Allergrößte. Und jetzt gibt es diese realistische Chance, wenn ich meine Leistung bringe, dabei zu sein.
Sky Sport: Ende März könnten Sie schon wieder bei der Nationalmannschaft sein, wenn die ersten beiden Testspiele stattfinden.
Gosens: Ich hoffe natürlich, dass der Bundestrainer mich anruft, ganz klar. Ich werde dann sicherlich schon wieder spielen können. Wenn alles gut geht, werde ich dann auch meine ersten Spiele auf dem Buckel haben. Ob der Bundestrainer mich dann aufruft, das kann ich natürlich nicht sagen. Aber ich werde alles geben. Und wenn es jetzt nicht im März ist, dann ist es hoffentlich im Juni für die Nations League - aber im besten Fall so früh wie möglich.
Sky Sport: Sie haben in einem anderen Interview gesagt, Katar müsse man nutzen, um Botschaften zu senden. Haben Sie da eine genaue Vorstellung, welche Botschaften Sie auch persönlich senden möchten oder senden könnten?
Gosens: Ich glaube, da haben wir noch ein paar Monate Zeit, um uns Gedanken zu machen. Was ich da angesprochen habe, war ja in dem Kontext genannt, dass ich der Meinung bin, dass uns die WM zumindest auch mit all dem Schrecklichen, was da sicherlich passiert ist, trotzdem eine unfassbar große Plattform gibt, um gewisse Missstände anzusprechen. Und ich glaube, wenn die gesamte Welt zuhört, weil sicherlich die ganze Welt mit Kamerateams vor Ort ist, dann hat man auch eine riesen Plattform, um solche Sachen anzusprechen. Wie das im Detail aussieht, weiß ich noch nicht. Da werde ich mir sicherlich Gedanken zu machen und hoffentlich auch wir im Gesamtkontext der Nationalmannschaft.
Sky Sport: Eine sehr verrückte Klausel in Ihrem Vertrag hat in Deutschland große Wellen geschlagen. Wenn Sie für Inter das erste Pflichtspiel-Tor schießen, dann müssen die Sie fest verpflichten - dann greift eine Kaufpflicht in mit einer Ablösesumme von 25 Millionen Euro. Kennen Sie diese Klausel?
Gosens: Ich weiß, dass ich sechs Monate ausgeliehen werde und dann diese Kaufoption greift. Das ist das, was für mich zählt. Ich glaube, da geht es nur darum, die Zahlung so aufzuteilen, dass es für beide Vereine passt. Hier in Italien ist so was gang und gäbe.
Sky Sport: Sie stehen hohen Ablösesummen durchaus kritisch gegenüber. Nun kosten Sie selbst 25 Millionen Euro. Sind Sie dieses Geld wert?
Gosens: Ich bin der Überzeugung, dass ich als Mensch nicht so viel Geld wert sein kann. Ich als Robin Gosens kann nicht von mir behaupten, dass ich 25 Millionen Euro und ein anderer Mensch weniger Wert ist. Das kriege ich in meinem Kopf einfach nicht verarbeitet. Dementsprechend stehe ich der ganzen Sache auch kritisch gegenüber. Aber das ist das Business und in diesem Kontext habe ich als Spieler einen gewissen Wert. Ich bin Nationalspieler und habe in den letzten zwei Jahren glaube ich, überragende Leistungen gezeigt. Dementsprechend bin ich dieses Geld dann scheinbar wert.
Sky Sport: Sie sind fast 32, wenn Ihr neuer Vertrag bei Inter 2026 ausläuft. Träumen Sie noch immer von Ihrem Debüt in der Bundesliga?
Gosens: Absolut, ja. Nur weil ich jetzt zu Inter gewechselt bin und weiterhin im Ausland spiele, heißt das nicht, dass ich die Bundesliga ausschließe. Ich glaube, mit 32 muss die Karriere noch nicht zu Ende sein. Das bleibt mein großer Traum. Und es wäre natürlich wunderbar, wenn sich der Zyklus dann vielleicht auch in dem Kontext schließt, dass ich dann meine Karriere in Deutschland beenden kann. Sie ist dann außerhalb angefangen, hat außerhalb ihren Lauf genommen und endet dann vielleicht mit einem glühenden Abschied in Deutschland. Das ist nach wie vor ganz klar mein Traum.
Sky Sport: Gefällt Ihnen Schalke aktuell auch wieder?
Gosens: Schalke wird immer der Verein bleiben, dem ich am meisten Sympathie gegenüber habe in Deutschland. Vielleicht haben Sie sich in vier Jahren wieder so gefangen, dass Sie wieder eine wichtige Rolle in der Bundesliga spielen. Hoffentlich. Ich wünsche Ihnen das von ganzem Herzen, weil sie das einfach verdienen. Weil es ein riesen Verein ist in Deutschland. Und vielleicht ist es dann ja tatsächlich der perfekte Moment, um da die Karriere zu beenden. Aber das ist alles Zukunftsmusik. Schauen wir mal, was passieren wird.
Sky Sport: Abschließend: Niklas Süle wechselt im Sommer ablösefrei von Bayern zu Dortmund. Hat Sie dieser Wechsel überrascht?
Gosens: Der Wechsel hat mich schon überrascht. Ich finde, das ist ein sehr interessanter Wechsel. Das ist ein guter Wechsel für die Bundesliga. Niklas ist von seinem Spielstil einer der attraktivsten Verteidiger in Deutschland und ist einer, der sicherlich eine riesen Qualität mitbringt. Er wird Dortmund guttun. Für Bayern ist es ein Riesen-Verlust, für Dortmund ein Gewinn. Dementsprechend macht diese Personalie die Liga an sich und den Titelkampf nur spannender.
Das Interview führte Florian Plettenberg.
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