Jürgen Klinsmann wirft sein Amt als Cheftrainer der Hertha hin. Sky Sport fasst die Reaktionen zum Rücktritt zusammen.
Heribert Burchhagen ist über die Art und Weise überrascht, grundsätzlich verwundert ihn Klinsmanns Aus bei der Hertha aber nicht. "Wenn Klinsmann sagt, er könne sein Potential nicht ausschöpfen, dann muss sich Hertha BSC die Frage stellen, was man eigentlich erwartet hat", so der Sky Experte im Telefoninterview mit Sky Sport News HD.
"Es kann nicht einfach jemand aus den USA anreisen, fernab der Bundesliga, und einen Pal Dardai ersetzen, der die Hertha viele Jahre lang gelebt hat und ein totaler Insider war. Mit Sätzen wie, 'Wir hauen die Polen durch die Wand', wie man sie von ihm schon gehört hat, kann man in der heutigen Bundesliga nicht mehr bestehen. Ich glaube, dass das Vertrauen bei den Hertha-Verantwortlichen geschwunden ist."
Klinsmann versteht sich als "Projektleiter"
Sky Reporter Uli Köhler, langjähriger Weggefährte von Jürgen Klinsmann, vertritt eine andere Meinung zu dessen Trainer-Qualitäten: "Ob man ihn jetzt mag oder nicht, er ist eine Bereicherung, weil er etwas bewegen will." Köhler erinnert an Klinsmanns großen Erfolg als Bundestrainer vor und während der Heim-WM 2006: "Niemand hätte Deutschland nach der katastrophalen EM in Portugal so zurückgeführt."
Klinsmann verstehe sich als Projektleiter. "Er beaufsichtigt alles und für die Einzelteile holt er sich die richtigen Leute." Deswegen verwundert Köhler die Überraschung auf Seiten der Hertha: "Wer Jürgen Klinsmann einkauft, der weiß, was auf ihn zukommt - kurzfristig und mittelfristig."
Klinsmann missachtet formales Vorgehen
Bruchhagen kritisiert außerdem Klinsmanns Rücktrittsverkündung über die sozialen Medien: "Es gilt einen formalen Weg einzuhalten, der immer über die Erklärung des Vereins oder eine gemeinschaftliche Erklärung geht. [...] Wenn das hier nicht der Fall war, ist das ein Indiz dafür, dass jemand eher auf sich selbst achtet und nicht auf die Gepflogenheiten, die in einem Bundesligaverein von Nöten sind"
Köhler glaubt daher nicht, dass es für Klinsmann noch einmal einen Weg zurück in die Bundesliga geben wird: "Das war ein One-Way-Ticket nach LAX. Das kann nicht weitergehen. Ich sehe das im Moment als schwierig."
Hertha-Neuaufbau braucht Zeit
Bruchhagen mahnt die Hertha nun zur Geduld: "Sie wollten den nächsten Schritt machen - Hauptstadt-Klub - wir haben dann auch von dem Investor gehört. [...] Aber das Fußballgeschäft ist ein träges Schiff, aber dafür braucht es viele Maßnahmen", betont Bruchhagen: "So einfach ist das nicht, da hinzukommen und ein paar Millionen reinzustecken. Damit kann man die Struktur des Vereins nicht von heute auf morgen ändern."
Bruchhagen beobachtet in Berlin aktuell sogar die gegenteilige Entwicklung: "Aktuell stagniert der Verein nicht nur, er hat sogar ein bisschen Kontakt nach unten. Das gefällt der Hertha und vor allem auch dem Investor nicht."