Sky Experte Lothar Matthäus schreibt in seiner Kolumne "So sehe ich das" über die deutsche Nationalmannschaft und das bisherige Schaffen von Hansi Flick. Den Bundestrainer vergleicht er mit dem ehemaligen DFB-Teamchef Franz Beckenbauer.
Sieben Spiele, sieben Siege, 31:2 Tore. Das ist die Bilanz von Hansi Flick. Ein Startrekord zum Beginn seiner Amtszeit als Bundestrainer. Beeindruckend.
Sind wir jetzt wieder wer im Weltfußball? Ich meine Jein, denn die Gegner, gegen die wir in den letzten Monaten gespielt und gewonnen haben, sind bei allem Respekt nicht unser Gradmesser.
Unter Flick ist die Freude zurück
Und trotzdem muss man klar und deutlich feststellen, dass die Freude zurück ist. Die Fans glauben wieder an ihre Nationalmannschaft und jubeln ihr zu. Hansi Flick hat mit seinem Team so gut wie jeden Gegner beherrscht, dominiert und besiegt.
Das war bei seinem Vorgänger noch etwas anders. Da musste auch gegen solche Kontrahenten teilweise gezittert werden. Die Überlegenheit selbst gegen qualitativ schwächere Gegner war teilweise einfach nicht mehr vorhanden.
Jetzt herrscht wieder ein gesunder Konkurrenzkampf in der Mannschaft, auf jeder Position haben wir zwei, drei richtig starke Spieler und keiner kann sich ausruhen. Es herrscht ein neuer Geist, und der ist Hansi Flick zuzuschreiben. Man erkennt wieder ein klares System, eine Philosophie und eine richtig tolle Idee von Fußball, die nicht nur ausgesprochen, sondern mit Leben gefüllt wird.
WM-Vorrunden-Aus wird es nicht nochmal geben
Das Team begeistert, schießt Tore, glaubt an sich und ist bereit für die großen Gegner, die dann demnächst bei der Nations League und vor allem bei der Weltmeisterschaft in Katar auf uns warten. Gegner, die dann auch über 90 Minuten versuchen, den Ball zu haben, Chancen kreieren, Unterschied-Spieler in ihren Reihen haben und für die nur das Gewinnen zählt.
Aber auch die Mannschaft von Flick wird noch stärker werden, als sie es jetzt schon ist. Natürlich sind wir noch nicht so weit sagen zu können, dass wir Weltmeister werden, aber zumindest ist der Grundstein gelegt und wir müssen jetzt nicht mehr darüber nachdenken, ob wir möglicherweise in der Vorrunde ausscheiden. Das wird uns, denke ich, auf keinen Fall nochmal passieren.
Parallelen zu 1990: Flick begeistert wie Beckenbauer
Und wenn die Begeisterung, die jetzt schon wieder gut erkennbar ist, während der nächsten Weltmeisterschaft noch viel ausgeprägter sein wird und mit jedem Sieg größer wird, dann wird das die Spieler auch in Katar erreichen und sie zu Höchstleistungen antreiben. So ging es auch uns 1990 in Italien, als wir in jedem Telefonat oder in den Medien mitbekamen, wie die Hoffnung und der Glaube an das Team in der Heimat permanent stieg.
Und noch etwas lässt mich an meine damalige Zeit als Kapitän der Weltmeister-Elf denken. Ich wage einen großen Vergleich und sage: Hansi erinnert mich an Franz.
So wie wir 1990 Franz Beckenbauer an den Lippen hingen, wenn er zu uns sprach, so habe ich das Gefühl, dass auch diese Spieler-Generation gebannt zuhört, wenn Hansi zu ihr spricht. Alle mögen ihn, alle sind von ihm begeistert, alle laufen auch für ihn, um ein Spiel zu gewinnen. Es sind nicht nur die Spieler, die ihn vom FC Bayern kennen und zusammen Geschichte geschrieben haben, als sie sechs Titel in einem Jahr gewannen. Es sind auch die Jungs aus Wolfsburg, Manchester, Dortmund oder Freiburg.
Flick hat sein Glück beim DFB gefunden
Sie haben Freude, Spaß, sind zufrieden, und Hansi scheint seine Lebens-Aufgabe gefunden zu haben. Er möchte ein Wohlfühl-Umfeld, und das hatte er am Schluss bei Bayern nicht mehr. Ich möchte das nicht als persönliche Kritik von mir an Hasan Salihamidzic verstanden wissen, aber es war nun mal so, dass Flick und er nicht wirklich miteinander konnten. Die meisten Trainer hätten selbst dann Bayern niemals freiwillig verlassen.
Flick hat sich jedoch für sein persönliches Glück entschieden und dieses nun beim DFB gefunden. Er hat mit Oliver Bierhoff einen Weggefährten und Fürsprecher an seiner Seite und ein Trainerteam sowie eine Mannschaft, die ganz nach seinem Geschmack sind. Ich kenne ihn schon sehr lange und ich sehe, wie glücklich und zufrieden er ist. Und das überträgt er auf die Mannschaft und diese wiederum auf die Fans.
Er wird auch Spieler enttäuschen müssen
Es wird nicht immer so weitergehen. Hansi wird auch Spiele verlieren und vor allem wird er irgendwann auch harte Entscheidungen treffen müssen.
Aktuell waren 30, 35 Spieler bei diesem Länderspielen dabei. Wenn es darum geht, den WM-Kader zu nominieren, wird er Spieler enttäuschen und sie zuhause lassen müssen. Aber er wird es ihnen so mitteilen, dass sie es trotz aller Enttäuschung, sportlich und menschlich irgendwie verstehen können. Diese Art der Kommunikation ist eine, wenn nicht sogar Hansis größte Stärke.
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