Kolumne: Lothar Matthäus über Hertha BSC, Felix Magath und DomenicoTedesco
Felix Magath hat sich diese Chance verdient
14.03.2022 | 15:20 Uhr
Sky Experte Lothar Matthäus erklärt in seiner Kolumne "So sehe ich das", warum Felix Magath der richtige Trainer für Hertha BSC ist und kritisiert die Berliner Spieler. Dem Chefcoach eines anderen Vereins stellt er ein sehr gutes Zeugnis aus.
Fredi Bobic musste reagieren. Fredi Bobic hat reagiert. Und ich finde die Idee mit Felix Magath als neuen Trainer von Hertha BSC ziemlich gut. Felix ist kein Mann der große Worte, aber was er sagt, hat Gewicht und sitzt.
Seinen Spitznamen "Quälix" wird er in dem kommenden Wochen nicht großartig pflegen, denn er kann die Spieler im Saison-Endspurt nicht permanent die Stufen im Olympiastadion hochjagen. Er wird versuchen, ihnen eine fußballerische Idee und vor allem den bisher nicht vorhandenen Teamgeist einzupflanzen. Und ich bin sicher, dass er beides kann.
Herthas Spieler hatten es lange Zeit viel zu gut
Das Experiment Tayfun Korkut ist gescheitert. Das hatte sich schon länger abgezeichnet und die Entscheidung wurde ohnehin von Anfang an sehr kritisch gesehen. Ich denke, die Hertha-Spieler haben und hatten es einfach seit langer Zeit viel zu gut in Berlin. Im übertragenden Sinne habe ich den Eindruck, dass die Spieler sich nicht so gerne schmutzig machen. Sie leben in einer Weltstadt, genießen das Flair, verdienen sehr viel Geld und irgendwie wird es am Ende schon reichen. Tut es aber nicht immer - und wenn's dumm läuft, dann steigen sie ab.
Natürlich wird Fredi Bobic am Ende dieser Saison auch an seinen Trainer-Entscheidungen gemessen und sollte es mit Magath nicht klappen, würde er viele unangenehme Fragen bekommen. Aber lassen wir den Konjunktiv und bleiben im Hier und Jetzt.
Felix Magath hat sich diese Chance verdient, auch wenn er schon länger nicht in der Bundesliga trainiert hat. Als er allerdings in unserer Meisterschaft bei vielen verschiedenen Klubs den Cheftrainerposten inne hatte, war dies meistens eine erfolgreiche bis sehr erfolgreiche Zeit.
Magath kann Hertha vor dem Abstieg retten
Bis zum heutigen Tag hat es immer noch kein Trainer geschafft, mit dem Bayern das Double zu wiederholen. Er hat aus einem abstiegsgefährdeten VfL Wolfsburg einen Deutschen Sensations-Meister geformt und er hat mehrere Mannschaften von dem Abstieg gerettet. Deshalb glaube ich auch, dass er die Fähigkeit hat, dies mit der Hertha zu schaffen.
Augsburg, Bielefeld, Stuttgart und Co. haben dieser Berliner Mannschaft eines voraus. Sie sind eine. Und Hertha ist eben keine Mannschaft. Zumindest nicht, wenn sie auf dem Platz steht. Felix braucht schnell seine ersten 13 oder 14 Stammspieler, denn auch das haben die letzten Trainer diesem Team nicht vermitteln können. Permanente Aufstellungsänderungen oder neue Stammtorhüter im Wochentakt sorgen nicht für Vertrauen und gute Leistungen.
Magath weiß, wie man gewinnt
Felix Magath ist nicht irgendein ehemaliger deutscher Spieler oder Trainer, sondern einer der erfolgreichsten überhaupt. Er weiß, wie man gewinnt. Und wenn die Berliner eines brauchen, dann sind es Punkte. Es ist eine Lösung bis zum Saisonende und in acht Spielen kann man noch einiges bewegen.
Ich hätte die Idee mit Friedhelm Funkel auch durchaus nachvollziehbar empfunden. Ich glaube, dass Hertha BSC jetzt genau so einen Trainer braucht, der nicht Drumherum redet, aber es schafft, aus Individualisten eine Einheit zu bilden. Selbst wenn er mal zu etwas rigoroseren Mitteln greifen muss.
Die Zeit der Schönrederei ist vorbei
Die Zeit der Schönrederei ist in Berlin jetzt vorbei. Das ging mir ohnehin viel zu lange. Auch bei der Niederlage am Wochenende in Gladbach. Da stellen sich die Verantwortlichen danach vor unsere Kamera und versuchen uns zu erklären, dass nicht alles so schlecht war. Die Einstellung hätte gestimmt und man hätte ja auch ein paar Chancen gehabt.
Ein paar Chancen hatte die SpVgg Greuther Fürth gegen RB Leipzig auch und hat dabei sogar ein Tor geschossen. Der letzte richtig gute Auftritt von Hertha war der Sieg gegen Borussia Dortmund Ende des vergangenen Jahres. Da müssen sie wieder hinkommen. Und offensichtlich ist das Team auch dazu fähig. Es reicht aber nicht, das nur alle drei Monate abzurufen.
Happiges Auftaktprogramm für Magath
Die ersten drei Partien werden für Magath nicht leicht, denn es geht gegen Mannschaften aus der oberen Tabellenregion. Aber dann kommen die direkten Konkurrenten und die Mannschaft muss liefern.
Da würde es mit Sicherheit auch nicht schaden, wenn die persönlichen Eitelkeiten der Bosse bis Mitte Mai pausieren. Denn diese Nebengeräusche stören auch eine Mannschaft. Magath muss das weglächeln und versuchen, dass er die zwei, drei Leader Leader aus der Mannschaft findet und diese noch stärker macht, damit das Team diesen Führungsspielern folgen kann.
Bobics Idee war ja, dass Kevin-Prince Boateng diese Rolle einnimmt. Und wäre dieser Spieler körperlich fit gewesen, hätte er es womöglich auch getan. War er aber so gut wie nie. Und Mitspieler registrieren es, wenn derjenige, der in der Kabine den Ton angeben soll, mehr in der Zeitung als auf dem Feld steht. Boateng war ein klasse Fußballspieler und der geborene Leader auf dem Feld. Jemand, der die Mannschaft wie in Frankfurt zu Höchstleistungen mitreißen kann. Aber das ist nun mal ein paar Jahre her und deshalb war es ein Fehler zu glauben, dass das wieder geht. Das spielt jetzt aber auch keine Rolle mehr.
Magath "alles andere als langweilig und beliebig"
Ab jetzt ist Felix da; und ab jetzt wird in Berlin gearbeitet und zwar richtig. Ich werde Hertha BSC jetzt noch lieber verfolgen als bisher. Die Auftritte von Felix Magath vor der Kamera sind oftmals ein Genuss und alles andere als langweilig und beliebig. Und in den meisten Fällen spielen seine Mannschaften auch richtig gut Fußball. Ich bin gespannt, ob er es schafft und drücke ihm von Herzen die Daumen. Magath und der Klub hätten es verdient. Es ist noch nichts verloren.
Mitzlaff hatte mit Tedesco den richtigen Riecher
Wie ein Trainerwechsel auch mal so richtig funktionieren kann, sieht man bei RB Leipzig. Dort hatte Oliver Mintzlaff offensichtlich einen richtig guten Riecher. Im Grunde kann man fast sagen, dass RB das beste Team in diesem Jahr bisher in der Bundesliga ist. Souverän in der nächsten Pokalrunde, in der Liga eilen sie von Sieg zu Sieg und in der Europa League spielen sie auch noch um den Titel.
RB kann in dieser Saison noch drei Titel holen. Nämlich zwei Pokale und die Qualifikation für die Champions League, die nach dieser Hinrunde mit einem Titel gleichzusetzen wäre. Jeder Spieler scheint zufrieden zu sein, die Mannschaft funktioniert total und spiel attraktiven, erfolgreichen Fußball. Tedesco hat bisher herausragende Arbeit geleistet.Mehr zu den Autoren und Autorinnen auf skysport.de
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