Kolumne: Lothar Matthäus über Süle, BVB und Bayern

Matthäus-Kolumne: "Schonfrist für Hernandez & Upamecano ist vorbei"

''So sehe ich das'' - die Sky Kolumne von Lothar Matthäus.
Image: ''So sehe ich das'' - die Sky Kolumne von Lothar Matthäus.  © Sky

Sky Experte Lothar Matthäus ordnet in seiner Kolumne "So sehe ich das" die Niederlage des FC Bayern beim VfL Bochum ein und erklärt, warum Niklas Süle auch nicht für mehr Geld in München geblieben wäre.

Die 2:4-Blamage der Bayern in Bochum lag nicht an der Aufstellung, sondern an der Einstellung! Das Team von Julian Nagelsmann hat eine katastrophale Defensivleistung angeboten. Ich habe selten gesehen, dass eine Bayern-Mannschaft so vorgeführt wurde. Die einen hatten Spaß im Fußball und die anderen dachten es ginge mit 80 Prozent. Leider muss man sagen, dass die Bayern jetzt schon öfter solche Vorstellungen abgeliefert haben. Auffällig ist: immer gegen Mannschaften, die viel weiter unten in der Tabelle stehen.

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Der FC Bayern München am Tag nach der Niederlage gegen den VfL Bochum. (Videolänge: 50 Sekunden)

Auch wir haben damals Spiele verloren, aber nicht regelmäßig gegen Teams, die 20 oder noch mehr Punkte hinter uns waren. Der Deutsche Meister hat sich nun Ausrutscher gegen Frankfurt, Augsburg, Gladbach und Bochum geleistet. Das darf in dieser Form nicht passieren. Zwar bin ich der Meinung, dass man als der starke FC Bayern nicht mit vier gelernten Innenverteidigern auf einer Linie spielen sollte, weil das ein Zeichen von Schwäche ist. Das hab ich mir damals schon bei Trapattoni in Salzburg gedacht. Wir sind die beste Mannschaft, wir spielen offensiv und wir brauchen keine vier Innenverteidigern. In Bochum hatte der FC Bayern die falsche Einstellung, zu wenig Willen, keine defensive Einheit und hat auch alles andere vermissen lassen.

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Ich bin nicht der Meinung, dass ein System mit Gnabry, Sane, Müller und Coman zu offensiv ist. Das Problem ist die Rückwärtsbewegung der gesamten Mannschaft. Wenn da nicht alle mitmachen, dann bekommt man auch gegen Bochum große Probleme. Natürlich wird jetzt auch durch die bitteren Abwehrfehler in Bochum die Verteidiger-Diskussion noch mehr befeuert. Erst recht nach dem Abgang von Süle.

Upamecano und Hernandez können nicht führen

Bei Bayern ist es generell so: entweder man schafft es dort oder man schafft es einfach nicht. Ich habe viele Spieler gesehen, die bei ihrem Verein großartige Leistungen gebracht haben, aber in München nie angekommen sind. Womit wir bei Dayot Upamecano und Lucas Hernandez wären. Der eine hatte lange Zeit mit Verletzungen zu kämpfen und der andere musste sich erst akklimatisieren. Aber mittlerweile ist Lucas fit und Upamecano seit sieben Monaten in München.

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Julian Nagelsmann äußert sich nach dem enttäuschenden 2:4-Pleite gegen den VfL Bochum. (Länge: 47 Sekunden)

Die Schonfrist ist für beide längst vorbei. Sie mögen in der Viererkette Frankreichs ihre Aufgaben gut erfüllen. In München müssen sie die Hintermannschaft aber führen und dirigieren. Und das können sie bisher überhaupt nicht. Der Ex-Leipziger macht viel zu viele Fehler und das gepaart mit einem Tempo-Defizit. Sie sind viel zu sehr mit ihrem Spiel beschäftigt, als das sie Leader-Qualitäten zeigen könnten. Nicht falsch verstehen, ich hätte ungern gegen einen Verteidiger wie Hernandez gespielt. Denn entweder er trifft den Ball oder den Gegner. Mia-san-mia und souveränes Klären von Angriffen ist weder von Upamecano noch von Hernandez über einen längeren Zeitraum zu sehen. Und das bei Ablösesummen und Gehältern, die im obersten Regal zu finden sind.

Das ist untypisch für Bayern

Unter Hansi Flick gab es eine Phase, in der die Mannschaft sieben Mal einem Rückstand hinterher laufen musste, aber wenn ich mich recht erinnere, haben sie all diese Spiele gewonnen. In dieser Saison fällt eher auf, dass die Mannschaft auch Spiele verliert, in der sie in Führung liegt - und das ist absolut untypisch.

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Gegen Frankfurt, Gladbach und Bochum schoss man das 1:0 und alle drei Parteien wurden verloren. Das passt nicht zum FC Bayern.

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Ich wollte Süle Mut zusprechen

Was eigentlich auch nicht zum FC Bayern passt, ist mangelnde Wertschätzung für die eigenen Stars. Und das war der Grund, wieso Niklas Süle den Verein in Richtung Dortmund verlässt. Ich weiß das, weil ich mit ihm telefoniert habe. Nachdem er sich das letzte Mal vor der Europameisterschaft schwer verletzt hatte, habe ich zum Hörer gegriffen und habe ihn angerufen. Ich wollte ihn aufbauen und ihm Mut zusprechen.

Ich weiß, wie das ist, vor einem großen Turnier schwer verletzt zu sein und habe ihm gesagt, das ich damals nach viereinhalb Monaten zurückgekommen bin und auch er das schaffen kann. Er hat sich sehr gefreut und hat es am Ende ja auch noch hinbekommen, für die Bayern im Champions League Finale zu stehen und dort eine richtig gute Partie zu liefern.

Süle ist kein geldgieriger Spieler

Niklas hat immer alles für diesen Klub gegeben. Er ist kein geldgieriger Spieler. Bei Niklas ist es was anderes. Er wäre auch nicht für mehr Geld geblieben. Ihm fehlt die Wärme und Wertschätzung, die jeder Mensch von seinem Arbeitgeber braucht. Es fehlte ihm vor allem in der schweren Zeit eine schützende Hand und jemand, der sich öffentlich vor ihn stellt, wenn es nicht so läuft.

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Ich kann mich an Aussagen von Uli Hoeneß erinnern, der ihn daran erinnert hat, dass er die Europameisterschaft vergessen kann und sich auf die nächste Saison konzentrieren soll.

Das war von Uli bestimmt nicht böse gemeint. Trotzdem hat es Süle getroffen. Er hätte sich vor allem in solchen Situationen mehr Motivation und aufbauende Worte gewünscht. Stattdessen gab es Zurechtweisungen und unnötigen Druck. In den langen und zähen Verhandlungen mit David Alaba wurde beispielsweise permanent davon gesprochen, wie wichtig dieser Spieler für den Klub doch sei und wie gerne man ihn behalten möchte. Süle musste lesen, dass er Gewichtsprobleme hat. Verteidigt hat ihn von den Verantwortlichen selten jemand.

Wie wichtig er für diese Mannschaft auf und auch neben dem Platz ist, zeigen all die Aussagen von Müller, Neuer und Co. Ich glaube, der FC Bayern wird diesen Spieler noch sehr vermissen. Allein der Umstand, dass er sich für einen anderen Verein entscheidet, obwohl er aktuell einen Trainer hat, den er wahrscheinlich wie keinem anderen vertraut und der ihn seit Jahren fördert und fordert, sagt alles.

Bayern wird in Salzburg anderes Gesicht zeigen

Man könnte nach der Pleite in Bochum denken, dass vielleicht auch die Salzburger in der Champions League vor allem durch ihre schnellen Spieler eine Chance gegen den FC Bayern hätten. Aber für Salzburg hätte es nicht schlechter laufen können.

Nach so einer derben und peinlichen Niederlage wird der FC Bayern ein komplett anderes Gesicht in Salzburg zeigen. Nämlich das Beste, das sie haben. Zweimal in Folge blamiert sich der FC Bayern nicht. Nagelsmann wird genau wissen, wo er anzusetzen hat. Aber im Grunde weiß das ein Bayern-Spieler in dieser Situation ganz von allein. Da bedarf es keiner großen Motivation.

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