Kolumne: Matthäus über die Pfiffe der Bayern-Fans gegen Leroy Sane
Matthäus nimmt Sane in Schutz: "Erinnert mich manchmal an Arjen Robben"
25.08.2021 | 00:01 Uhr
Sky Experte Lothar Matthäus schreibt in seiner Kolumne "So sehe ich das" über die Pfiffe der Bayern-Fans gegen Leroy Sane und erklärt, was der FCB-Star nach der bitteren Erfahrung nun tun muss.
Leroy Sane wurde am Sonntag von den eigenen Fans ausgepfiffen und seine Auswechslung höhnisch beklatscht. Das ist bitter und sehr hart für einen Fußball-Spieler. So etwas lässt niemanden kalt.
Ich habe mich vor zwei Wochen mit Leroy privat unterhalten. Er hat mir einen selbstbewussten, sehr sympathischen und kämpferischen Eindruck vermittelt. Er will in dieser Saison den Bayern und Deutschland-Fans beweisen, dass er wirklich alles für seine Mannschaften gibt. Ich habe ihm das total abgekauft, denn es war glaubwürdig.
Sanes Körpersprache erhitzt die Gemüter
Der Unmut und die Wut gegen ihn liegen in meinen Augen vor allem an seiner Körpersprache. Die ist bei Künstlern oft so, dass sie die Schultern hängen lassen und auch sonst den Eindruck erwecken, einfach keine Lust zu haben, wenn es mal nicht so gut läuft oder sie den Ball nicht bekommen. Da erinnert mich Leroy manchmal auch an Arjen Robben. Wenn dann noch große Chancen vergeben werden und eine hohe Ablösesumme oder Ähnliches hinzukommen, dann lassen die Fans ihren Frust und Enttäuschung freien Lauf.
Sane braucht jetzt einen Trainer, der zu ihm steht, ihn aufbaut und spielen lässt. Diese Chance muss er dann so schnell wie möglich nutzen und beweisen, dass er trotz der sehr starken Konkurrenz durch Gnabry, Coman und Musiala einen Einsatz verdient.
Sane muss die Liebe der Fans jetzt zurückgewinnen
Er hat wie viele andere auch eine schlechte Europameisterschaft gespielt und die ersten beiden Spieltage der Saison waren noch nicht so, wie sie von ihm erwartet werden. Die Geduld nimmt langsam ab und er muss jetzt liefern. Ihm verzeiht man Fehlpässe und verlorene Zweikämpfe nicht so sehr wie den anderen. Zum einen, weil er noch nicht so wertvoll für die Mannschaft war und zum anderen treibt die teilweise lustlose Ausstrahlung die Menschen auf den Rängen zur Weißglut.
Es ist etwas ganz Besonderes für den FC Bayern spielen zu dürfen. Das schaffen aus gutem Grund nur ganz wenige. Leroy ist ein genialer Spieler, seine Dribblings können verzaubern. Aber er muss das öfters zeigen und sich jetzt die Liebe der Fans sowie den Respekt der Medien zurückgewinnen.
Starker Wille und Charakter sind jetzt gefragt
Natürlich kann man in ein tiefes Loch fallen, wenn man im eigenen Stadion von den Anhängern verhöhnt und eine Auswechslung beklatscht wird. Das trifft und belastet und jeder geht mit solchen Erlebnissen anders um.
Manuel Neuer hat sich mit Paraden und wahnsinnigen Leistungen in die Herzen der FCB-Anhänger "gehalten", nachdem diese ihn lange abgelehnt hatten und Arjen Robben hat nur ein Jahr nach der bitteren Erfahrung und den Pfiffen 2012 den entscheidenden Treffer im Champions-League-Finale von London gegen den BVB erzielt.
Diesen starken Willen und Charakter braucht jetzt auch Leroy. An seinen fußballerischen Qualitäten liegt es selbstverständlich nicht. Leroy ist ein Top-Junge und ich wünsche ihm, dass er mit seinen Leistungen und einer positiveren Ausstrahlung die Zuneigung der vielen Bayern-Liebhaber für sich gewinnt.
Bei Flick könnte Sane wieder Selbstvertrauen tanken
Er bringt so ziemlich alles dafür mit. Jeder, der ins Stadion geht, will in erster Linie sehen, dass die Profis alles für den Verein geben. Leidenschaft, Kampf, Wille, Tricks und Tore. Und natürlich wird dann auch das eine oder andere schlechte Spiel verziehen. Wenn man aber den Eindruck hat, ein Star spielt den Beleidigten oder hat keine Lust, wird aus der Fan-Liebe schnell Wut und Abneigung.
Sollte ihn Bundestrainer Hansi Flick für die Länderspiele nominieren, könnten dies auch Tage sein, in denen Leroy wieder aufgebaut wird, Selbstvertrauen tankt und stärker nach München zurückkommt. Ich wünsche ihm das und glaube an seinen Durchbruch bei Bayern.