Matthäus zum BVB: "Wenn es Probleme gibt, verstecken sich alle"
23.08.2022 | 09:47 Uhr
In seiner Kolumne "So sehe ich das" spricht Sky Experte Lothar Matthäus dieses Mal über die "neuen" starken Bayern, was dem BVB im langen Titelkampf fehlt & warum er sich "maßlos" über den VAR geärgert hat.
Einen spannenden Meisterkampf in dieser Saison? Nein! Weil Leipzig, Dortmund und Leverkusen schon nach drei Spieltagen einige Punkte Rückstand auf die Bayern haben? Ja, auch. Aber der Hauptgrund sind die Bayern selbst.
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Spielfreude, absolute Dominanz, nur Luxusprobleme für den Trainer und eine Mannschaft, die jetzt schon Woche für Woche in Deutschland jeden an die Wand spielt. Fünf Tore gegen Leipzig, sechs gegen Frankfurt, sieben gegen Bochum und ab und zu ein normales 2:0 wie gegen Wolfsburg. De Ligt, Upamecano oder Hernandez. Sané, Gnabry, Mané oder Musiala. Stand jetzt, völlig egal. Ich denke, selbst in einem Champions-League-Finale hätte Nagelsmann so gut wie jede Aufstellung bringen können und alles hätte seine Berechtigung gehabt.
Der FC Bayern hat sich im Grunde neu erfunden, denn die zehn letzten Meisterschaften fanden mehr oder weniger im 4-2-3-1-System statt. Jetzt hat Nagelsmann durch den Weggang von Lewandowski und den Kauf von Mané die Möglichkeit, sein favorisiertes 4-2-2-2 spielen zu lassen. Jetzt schießt nicht einer 41 Tore, sondern alle treffen. Auch die Dortmunder haben gut eingekauft, der Kader von Leverkusen und Leipzig ist auch sehr gut. Aber dem einen fehlt der Leader, dem anderen regelmäßig die Mentalität, wenn's mal nicht so läuft und der dritte hat zwar Ballbesitz, macht aber nichts daraus. Und so hat jeder seine Probleme außer der FC Bayern.
Der Meister muss nur schauen, dass alle bei Laune bleiben. Ja, wenn es im März um das Halbfinale in der Champions League geht, muss Nagelsmann schauen, wen er spielen lässt und vielleicht etwas mehr erklären. Aber bis dahin muss man hoffen, dass sich keiner schwer verletzt und genießen.
Bei Dortmund ist es so, dass viele Leader auf dem Platz stehen, wenn es gut läuft. Wenn es Probleme gibt, verstecken sich alle. Ich würde mir mehr Schlotterbecks in diesem Team wünschen. Wenn man einen solch engagierten und auch guten Trainer hat, sechs Punkte aus zwei Spielen ergattern konnte und dann zu Hause vor 80.000 Fans nach 89 Minuten 2:0 gegen einen Aufsteiger führt, darf man sich nie im Leben so kläglich noch drei Gegentore einfangen. Ich dachte, die wollen am Ende der Saison endlich mal wieder was in den Trophäen-Schrank stellen. Das kann doch nicht wahr sein.
Dass es da keinen gibt, der dafür sorgt, dass man nach dem Anschlusstreffer der Bremer sich mit acht oder neun Mann hinten rein stellt und den Sieg einfach dreckig über die Zeit rettet, versteht kein Mensch. Führungsspieler zeichnen sich genau in solchen Situationen aus. Wenn's eng wird, wenn's knapp ist. Aber da war mal wieder keiner. Vielleicht war es ja auch nur ein Ausrutscher, denn ansonsten ist die Meisterschaft noch schneller entschieden als ohnehin in den letzten Jahren. Die Bayern haben mich für meine Kader-Kritik im letzten Jahr kritisiert und waren oft sauer. Jetzt haben sie sich in allen Mannschaftsteilen wunderbar und top verstärkt und das Ergebnis ist beeindruckend.
Was mich auch an diesem Wochenende wieder maßlos geärgert hat, sind die klaren Fehlentscheidungen trotz der Unterstützung des VARs. Die Frankfurter, die ohnehin schon durch die Terminplanung der DFL stark benachteiligt wurden in dieser Saison - Stichwort DFB-Pokal, europäischer Supercup und Liga-Start - müssen jetzt auch noch zuschauen, wie sie sportlich benachteiligt wurden.
Es war ein klares Abseitstor der Kölner, Kevin Trapp wurde eindeutig beim Torschuss die Sicht genommen. Und die Herrschaften benötigen zum einen gute fünf Minuten, um dann dafür zu sorgen, dass der Schiedsrichter sich die Bilder selbst anschaut und am Ende doch falschliegt. Wie kann das möglich sein?
In Berlin wird Timo Werner klar an der Schulter gezogen und dann auch noch unten am Fuß getreten. Ergebnis: kein Elfmeter. In Freiburg wurde letzte Woche falsch entschieden, in Berlin war die Eintracht der Leidtragende und statt möglichen sechs Punkten, stehen sie jetzt mit nur zwei unten drin.
Ja, der Fußball ist durch den VAR gerechter geworden, aber das muss noch viel besser werden. Ich habe den Eindruck, die Schiedsrichter und ihre VAR-Kollegen schützen sich mittlerweile gegenseitig. Der Unparteiische auf dem Feld muss in Zukunft mehr Eier zeigen und das Heft des Handelns wieder in die Hand nehmen. Dann hat er vielleicht mal falsch entschieden, weil er es nicht richtig gesehen hat, aber er hat wenigstens irgendwas entschieden. So kann es jedenfalls auch im sechsten VAR-Jahr nicht weiter gehen.
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