Matthäus tadelt Hainer-Einmischung: "Das gehört nicht zu seinem Job"
15.05.2023 | 18:52 Uhr
Sky Experte Lothar Matthäus betont in seiner Kolumne Thomas Müllers Wert für den FC Bayern. Im Titelkampf sieht er die Münchner knapp vor dem BVB. Seinem Ex-Klub Inter Mailand drückt der in der Champions League die Daumen.
Thomas Müller hat gegen Schalke 04 gespielt, getroffen und gewonnen. Ich denke, das Thema ist jetzt genug diskutiert worden und wir haben alle die passende Antwort am Samstag von Thomas bekommen. Was jetzt ein "Thomas-Müller-Spiel" ist und was nicht, kann mit Sicherheit einer nicht mehr hören, und zwar Thomas selbst. Er muss auch nichts mehr beweisen oder zeigen.
Müller hat es alles gezeigt und alles bewiesen, was man als Fußballer nur kann. Er ist eine der größten Legenden des FC Bayern und des Deutschen Fußballs. Deshalb glaube ich auch nicht, dass er am Samstag in der Allianz Arena noch mehr Gas gegeben hat als sonst. Ich weiß wie das ist, wenn man unter Beobachtung steht und der Meinung ist, man müsse jetzt noch mehr geben, um es dem Trainer oder den Fans Recht zu machen.
Und auch wenn nicht jedes Spiel Weltklasse von ihm war, so gehört er trotzdem in die Startelf, vor allem aktuell. Thomas ballt die Faust in der Tasche und macht jetzt gute Miene zum bösen Spiel. Das zeigt Größe, Fairness gegenüber den Kollegen und Sportsgeist. Auch deshalb lieben ihn die Fans. Enttäuscht und sauer wird er trotzdem sein, dass er in einigen ganz wichtigen Spielen keine Rolle eingenommen hat. Allein die Statistik, dass er bei 18 von 19 Toren in der Ära Tuchel auf dem Platz stand, beziehungsweise daran beteiligt war, sagt alles.
Müller hat in den meisten seiner Spiele bewiesen, was er für ein wunderbarer Fußballspieler ist. Ich kann Tuchel dahingehend verstehen, dass er auf den jeweiligen Positionen Spieler hat, die von ihrer Veranlagung und ihrer Art Fußball zu spielen, besser sind.
Aber auf einen Thomas Müller kann man in den wichtigsten Partien der Saison, wie gegen Manchester City oder am Samstag gegen Leipzig, nicht verzichten. Ich sehe keinen in dieser Mannschaft, der diese Ausstrahlung, dieses Anführer-Gen in sich hat. Manchmal muss man als Trainer auch gegen seine Überzeugung aufstellen, und zwar dann, wenn es darum geht, kurzfristig ein Ziel zu erreichen. Im Falle von Bayern München ist es die Deutsche Meisterschaft. Es wäre übrigens die Zwölfte von Müller.
Wenn also einer weiß, wie es geht, dann er. Wenn Tuchel Müller am Samstag gegen Leipzig draußen lässt und die Bayern nach dem 33. Spieltag weniger Punkte auf dem Konto haben als Borussia Dortmund, wird die Stimme des Volkes, der Fans und der Bosse sehr laut werden. Und ich glaube nicht, dass sich Tuchel das antun möchte.
Wären wir mitten in der Saison, könnte man eventuelle Punktverluste oder Niederlagen kompensieren, weil noch viele Spiele anstehen würden. Aber jetzt sind es nur noch zwei, und da müssen die wichtigsten Leistungsträger auflaufen und Thomas ist einer, wenn nicht gar der wichtigste Spieler.
Dass sich nun aber der Bayern-Präsident einmischt und öffentlich der Meinung ist, dass das 1:0 von Thomas gezeigt habe, wie unverzichtbar er sei, war nicht ganz so clever.
Der Präsident sollte dem Trainer nicht öffentlich in die Aufstellung reden. Das gehört nicht zu seinem Job und ist schon wieder ein Fass, dass unnötig aufgemacht worden ist. Generell hat natürlich der Cheftrainer selbst diese Baustelle eröffnet und muss sie jetzt Woche für Woche irgendwie moderieren.
Da sieht man wieder mal, dass nicht die Journalisten die Themen liefern, sondern die Vereine immer selbst. Tuchel macht das aber gelassen, elegant und teilweise auch charmant. Das liegt aber auch ausschließlich daran, dass wir in der alles entscheidenden Saisonphase sind. In der nächsten Spielzeit wird er bei ähnlichen Themen mit Sicherheit auch in den Interviews einen ganz anderen Ton anschlagen, wenn es kritisch wird.
Jeder Fehler oder jedes unnötig störende Thema kann das Ende der Titelträume bedeuten und Bayern muss die Saison retten, um wenigstens mit einem Titel in die Sommerpause zu gehen. Ich bleibe dabei, dass der FC Bayern Deutscher Meister wird. Bayern kennt diese Situationen, hat die letzten drei Spiele gewonnen und wird auch die nächsten beiden ordentlich bestreiten.
Ich glaube, dass sowohl Bayern als auch Dortmund am Wochenende unentschieden spielen und die Entscheidung am letzten Spieltag fällt, jedoch danach der FC Bayern die Schale bekommt. Für Borussia Dortmund war es sehr unglücklich, dass RB Leipzig in letzter Sekunde gegen Werder Bremen gewonnen hat und somit viel entspannter beim FC Bayern auftreten kann und nicht unbedingt gewinnen muss. Das Restprogramm der Bayern ist schwerer, aber mein Meister-Tipp bleibt.
Wichtig für alle Beteiligten ist es jetzt, trotz der hohen Anspannung ganz locker zu bleiben, keine verrückten Dinge zu machen, die Abläufe aufrechtzuerhalten und die richtige Mischung aus An- und Entspannung zu finden. Das fängt bei den Bossen an und hört bei den Ersatzspielern auf.
Auch Dortmund hat das in den letzten Wochen und Monaten zum größten Teil richtig gut gemacht und verdient zurecht ein großes Lob für diese super Saisonleistung. Sollten sie am Ende doch noch mit dem Titel belohnt werden, hätten sie es verdient.
Die Rückspiele im Champions-League-Halbfinale stehen an, und meine Prognose lautet, dass Manchester City und Inter Mailand ins Finale einziehen. Ich weiß natürlich welch große Qualität Real Madrid hat und das Rückspiel wird für City auch vor eigenem Publikum nicht leicht.
Ich glaube, dass es ein Unentschieden gibt und das Team von Guardiola im Elfmeterschießen ins Finale einzieht, weil die aktuelle Form und der Heimvorteil für sie sprechen. Ich glaube dann auch, dass sie im Endspiel der Favorit sind und wohl als Sieger vom Platz gehen. Mein Herz würde in diesem Finale natürlich für meinen Ex-Klub schlagen, und ich drücke Inter Mailand ganz fest die Daumen.
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