Kolumne: Matthäus über Trainer Julian Nagelsmann und FC Bayern

Matthäus: Nagelsmann muss genau überlegen, auf wen er bauen kann

''So sehe ich das'' - die Sky Kolumne von Lothar Matthäus.
Image: ''So sehe ich das'' - die Sky Kolumne von Lothar Matthäus.  © Sky

In seiner Kolumne "So sehe ich das" schätzt Sky Experte Lothar Matthäus die Situation von Trainer Julian Nagelsmann beim FC Bayern München ein und benennt das größte Problem im Spiel des deutschen Rekordmeisters.

Julian Nagelsmann ist weiterhin der richtige Trainer für den FC Bayern München. Das vorneweg.

Schön, dass Oliver Kahn ihm direkt nach der Pleite beim FC Augsburg und der katastrophalen Serie von vier nicht gewonnenen Spielen in Folge, den Rücken stärkt. Das war genau das Richtige und auch das, was Julian jetzt vom Klub benötigt.

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Wackelt Trainer Julian Nagelsmann beim FC Bayern? Der Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn wird deutlich bezüglich der Spekulationen um den Coach und Thomas Tuchel.

Ja, es ist mit Sicherheit die schwierigste Phase in der noch jungen Karriere dieses tollen Trainers und trotzdem glaube ich, dass er das Ruder herumreißen und die richtigen Schlüsse ziehen wird.

Nagelsmann wird viel nachdenken

Was kann er tun, obwohl die Länderspielpause ansteht und viele Spieler nicht da sind?

Nachdenken! Viel nachdenken und analysieren. So wie er es bereits in der Pressekonferenz nach dem Spiel kundgetan hat. Ich bin auch nicht der Meinung, dass er mit dem Gedanken spielt hinzuwerfen. Er wird über den Fußball nachdenken, den er spielen lassen will oder muss. Ich höre aus dem Umfeld nichts Schlechtes oder Negatives in Richtung Nagelsmann.

Der Trainer hat die Kabine nicht verloren

Ich glaube nicht, dass er die Kabine verloren hat, dass die Mannschaft gar gegen ihn spielt oder ihn loswerden will. Ich glaube eher, dass aktuell wieder ein wenig fahrlässig mit den Chancen und der Leistung umgegangen wird. Möglicherweise hat das damit begonnen, dass die Spieler nach der Pleite in der letzten Saison in Mainz nach Ibiza fliegen durften. Und die Parallele jetzt dazu ist, dass man sich ein wenig ablenken hat lassen vom überragenden Saisonstart.

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"...dann reicht es für keinen Gegner"

Ja, auch ich war nach den ersten Spielen sicher, dass diese Saison quasi ein Selbstläufer wird und wir eine noch nie dagewesene Dominanz erleben. Vielleicht haben sich die Spieler vom Lob der Allgemeinheit dahingehend hinreißen lassen, nicht mehr ganz so konzentriert, fokussiert, zielstrebig und gierig zu sein. Und wenn dann Mannschaften alles aus sich herausholen, gegen die man versucht im Schongang zu gewinnen, dann kommen solche Spiele dabei heraus. Und dann reicht es nicht gegen Augsburg, Stuttgart Union oder Gladbach. Dann reicht es für keinen Gegner.

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Keine Wohlfühl-Oase für Spieler, die Leistung nicht bringen

Natürlich wird es unzufriedene Spieler auf der Bank geben, die von ihrem Selbstverständnis immer spielen müssen, fette Gehälter bekommen und nun enttäuscht sind, dass sie nicht in jedem Spiel von Anfang an auf dem Platz stehen. Aber die Enttäuschten dürfen sich jetzt nicht hängen lassen, miese Stimmung verbreiten und gemütlich die Zeit absitzen.

Der FC Bayern darf nicht die Wohlfühl-Oase für Spieler sein, die keine Leistung bringen. Es sollen sich im Erfolgsfall alle wohl fühlen, aber wenn es nicht läuft, müssen alle dafür sorgen, dass sich das ändert. Sonst ist man kein Team.

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Möglicherweise muss sich Julian Nagelsmann ähnlich wie Hansi Flick nun in diesen zwei Wochen überlegen, auf welche 13, 14 Spieler er wirklich bauen und vertrauen kann. Ich denke, Müller, Musiala, Kimmich, Goretzka, Pavard, Neuer, Davies und Upamecano sind gesetzt. Nagelsmann muss sich jetzt ganz genau überlegen, wer bisher in jedem Spiel an seine Grenzen gegangen ist und wer immer nur 30, 40, 50 Minuten das wahre Gesicht eines Bayern-Spielers gezeigt hat.

"Ich glaube nicht, dass Nagelsmann wackelt"

Weder glaube ich, dass Julian Nagelsmann wackelt, noch dass man sich beispielsweise mit Thomas Tuchel auseinandersetzt. Das wäre auch das nächste Schuldeingeständnis, nachdem man so sehr von diesem Trainer überzeugt war. Man hat Nagelsmann nicht umsonst einen Fünfjahresvertrag gegeben und viel Geld für ihn bezahlt. Das ist die längste Vertragslaufzeit, die je ein Trainer in München erhalten hat und deshalb werden alle miteinander versuchen, aus dieser Situation wieder herauszukommen.

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Die Bayern stecken nach ihrer Niederlage in Augsburg in der Krise. Wackelt nun der Trainerstuhl von Julian Nagelsmann? Und ist der entlassende Chelsea-Coach Thomas Tuchel ein Kandidat? Sky Reporter Torben Hoffmann schätzt die Situation ein.

Chancenverwertung ist das Hauptproblem

Es geht hier vor allem um die Chancenverwertung. Zum einen sind es nicht mehr so viele Torgelegenheiten pro Partie und zum anderen werden diese auch nicht genutzt. Das muss endlich ein Ende haben. Die Spieler müssen die Situation ordentlich zum Abschluss bringen und die Chancen, die sie haben, zum Großteil nutzen. Das ist das, was einen Bayern-Spieler auszeichnet.

Ich glaube nicht, dass der Verein im Winter nach einer weiteren Nummer neun die Augen aufhalten wird und hier nachlegt. Ja, natürlich fehlt Robert Lewandowski und seine Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor. Aber das wusste man vorher auch und deshalb glaube ich nicht, dass man sich jetzt von diesem Plan abwendet. Die Diskussionen um Robert helfen wirklich keinem und sollten beendet werden.

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Systemänderung wäre eine Überlegung wert

Worüber man eventuell nachdenken könnte, ist wieder zum altbewährten 4-2-3-1 zurückzukehren und mit einem richtigen Stürmer zu spielen. Das kann in meinen Augen der junge Tel sein. Dann muss man ihm eben vertrauen und ihn von Anfang an spielen lassen. Denn wenn er bisher gespielt hat, dann hat er überzeugt.

Ich glaube, dass Julian aber an seinem 4-2-2-2 festhalten will und das perfektionieren möchte. Ich traue ihm auch zu, genau das zu schaffen. Die Qualität ist da. Der Fußball, den die Mannschaft in den ersten Wochen gespielt hat, war ja kein Zufall, sondern zeigt, was sie können. Und das können sie nicht verlernt haben.

Erfolge müssen her - sonst wird's richtig ungemütlich

Das Julian in der Pressekonferenz nach so einem bitteren Spiel geknickt, traurig nur ratlos ist, finde ich völlig normal. Das hat aber nichts damit zu tun, dass er diese Aufgabe nicht im Kreuz hat oder nicht weiß, wie er da wieder rauskommt. Ich glaube weiterhin, dass er die richtigen Worte finden kann und wird. Dafür ist er viel zu ehrgeizig, begabt und versiert.

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Ja, es wird nicht ganz leicht und es sollte am besten direkt nach der Länderspielpause mit Erfolgen weitergehen, sonst wird's richtig ungemütlich. Aber wenn Nagelsmann diese Krise erfolgreich übersteht und es schafft, die Mannschaft wieder von dem Fußball zu überzeugen, den wir gegen Leipzig, Frankfurt und Gladbach gesehen haben, wird in ein paar Wochen anders über ihn und den FC Bayern gesprochen.

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