Hummels und Götze zur WM? Matthäus nennt die Voraussetzungen
02.11.2022 | 23:41 Uhr
In seiner Kolumne "So sehe ich das" erklärt Sky Experte Lothar Matthäus, auf welchen Torwart er bei einem eventuellen Ausfall von Manuel Neuer bei der WM setzen würde. Mats Hummels und Mario Götze würde der Rekord-Nationalspieler mitnehmen - unter bestimmten Voraussetzungen.
Aufgrund der Verletzung von Manuel Neuer wird langsam aber sicher auch darüber diskutiert, wer denn an seiner Stelle spielen sollte, wenn er tatsächlich nicht beim ersten WM-Spiel im Tor stehen sollte.
Die Torwart-Position ist traditionell in Deutschland ein großes Thema, auch weil wir immer mehr als einen großartigen Keeper haben. So ist das auch jetzt wieder. Wer die Nummer eins ist, war früher noch viel strittiger. Heute ist nach wie vor klar, dass an Manuel keiner vorbeikommt. Aber da er so kurz vor der WM nicht spielen kann, fragen sich Fans, ob Kevin Trapp oder Marc-Andre ter Stegen ihn ersetzen sollen.
Es sind zwei überragende und fantastische Schlussmänner und es fällt mir sehr schwer, mich hier für einen zu entscheiden. Ich kann wahrscheinlich auch nicht fair und richtig darauf antworten, denn ich würde einem unrecht tun. Rein gefühlsmäßig und von dem, was ich in den letzten zwei Jahren gesehen habe, würde ich mich für Trapp entscheiden. Die Erfolgsgeschichte der SGE, die auch stark mit ihm und vielen unfassbaren Paraden verbunden ist und auch zum Sieg der Europa League geführt hat, lässt mich ein kleines bisschen mehr zu ihm tendieren.
Fairerweise muss ich auch sagen, dass ich Spiele mit Frankfurt und Trapp um einiges häufiger sehe, als Partien des FC Barcelona mit ter Stegen. Ich weiß, dass er die unangefochtene Nummer eins ist, sich in diesem großen und für Torhüter schwierigen Klub über Jahre durchgesetzt hat und weiterhin oft zu Null spielt. In Barcelona gibt es jedoch seit längerer Zeit Unruhe, wirklich viele Titel gab es in jüngster Vergangenheit auch nicht und auch jetzt hat es wieder nicht einmal für die K.o.-Phase der Champions League gereicht. In der Liga bleibt Barcelona nicht zuletzt wegen der vielen tollen Paraden von Marc-Andre in Schladistanz zu Real Madrid und ich möchte alles andere als so verstanden werden, dass der Ex-Gladbacher keine großartige Nummer eins für Deutschland wäre. Aber mein Bauchgefühl würde hier zu Kevin Trapp tendieren.
Wer bei der WM hinten rechts agieren sollte, das ist eine weitere Entscheidung, die Hansi Flick treffen muss.
Niklas Süle ist eine Option auf der Rechtsverteidiger-Position für die deutsche Nationalmannschaft. Aber so wie er, sind es viele Spieler dort. Hofmann, Ginter, Kehrer. Aber es sind im Grunde alles Notlösungen, weil keiner ein richtig gelernter Rechtsverteidiger ist. Niklas macht das in Dortmund sehr gut aktuell und ich würde es ihm auch unter Hansi zutrauen.
Aber ich sehe ihn trotzdem weiterhin als Innenverteidiger neben Antonio Rüdiger. Wenn er rechts spielt, dann wird es sich ähnlich wie bei Bayern München verhalten: Alphonso Davies ist dort der Außenspieler, der die Linie permanent bearbeitet und Pavard hinten bleibt. Und so wird es auch bei Deutschland sein. Kehrer könnte den Davies "machen" und Süle hinten für Sicherheit sorgen. Fakt ist, dass Süle zur WM fährt und alles für uns geben wird. Da hab ich keine Zweifel.
Aber es gibt aktuell noch zwei andere großartige deutsche Fußballspieler, um die es heiße WM-Diskussionen und eine mögliche Nominierung gibt: Mario Götze und Mats Hummels.
Ich freue mich aktuell unheimlich für Mario. Jedem von uns geht das Herz auf, wenn er ihn mit seinem Mut, seiner Fantasie und der unnachahmlichen Prise Frechheit auf dem Platz sieht. Er ist gereift, erwachsen geworden und spielt wieder so wie es alle sehen wollen, weil es wenig andere gibt, die das können. Es war ja nicht leicht für ihn. Auch ich habe ihn vor vielen Jahren kritisiert. Der Umweg über Holland und der gewagte Schritt zurück nach Deutschland waren genau richtig. Die Fans, der Klub und die Mannschaft haben ihn in Frankfurt so aufgenommen wie man das von diesem fantastischen Fußballverein erwartet hat. Sie alle haben ihn mit offenen Armen empfangen und nun hat er sich auch noch in ihre Herzen gespielt. Er ist auf jeden Fall ein Kandidat für die WM. Und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass er selbst bei Einwechslungen, immer noch für diese ganz besonderen Momente zuständig sein kann. So wie 2014.
Auf seiner Position können natürlich die Herren Florian Wirtz und Marco Reus spielen, die aktuell ausfallen oder gerade erst zurückkommen. Aber auch Jamal Musiala und Thomas Müller buhlen um diesen Platz. Ein Mario Götze in Bestform - und das ist er ja gerade - würde auch unserer Nationalmannschaft mit Sicherheit sehr gut zu Gesicht stehen.
Ähnlich ist es bei Mats Hummels, der in den letzten Wochen wieder sehr stark performt und auch eine gute Figur im DFB-Trikot abgeben würde. Aber wenn, dann muss er als wichtiger Spieler mit nach Katar fahren. Vielleicht nicht als absoluter Stammspieler und in jedem Spiel von Anfang an, aber auch nicht als Nummer 23 und für die gute Laune im Team oder um seine Erfahrung weiterzugeben. Dafür ist er zu schade und sein Name zu groß. Mats und Mario müssen, wenn sie mitgehen dürfen, das Gefühl haben, sie können dort etwas bewegen und der Mannschaft helfen.
Ich habe Mats vor kurzem dafür kritisiert, dass er in meinen Augen zu oft den Weg in die Öffentlichkeit sucht um Kritik zu äußern. Er soll, darf, kann und muss als Führungsspieler für Borussia Dortmund natürlich den Finger die Wunde legen, so wie ich das auch für den FC Bayern damals getan habe. Und natürlich gefällt das den Mitspieler nicht und geht ihnen auf den Zeiger. So war es auch damals zu meiner Zeit.
Im Grunde ist es so, dass es die Trainer freut, wenn die Führungsspieler den Rest wachrütteln und öffentlich kritisieren. Denn dann müssen sie es schon nicht so sehr machen und können das Spielchen good Cop bad Cop spielen. Mir war es bei Hummels nur in der Häufigkeit zu viel. Und ich kaufe es keinem Spieler ab, dass er alles vorher mit der Kabine abspricht, aber teilweise fünf Minuten nach Abpfiff am Sky-Tisch steht. Dann kann man vorher nicht die Mannschaft informiert haben.
Aber das ist auch in Ordnung, denn sonst hat es keine Wirkung. Mats soll weiterhin kritisch mit sich und seinen Mitspieler auch öffentlich umgehen, nur nicht so oft bitte.
Der VAR und die Schiedsrichter treffen viele gute und richtige Entscheidungen und ich bin weiterhin ein Freund davon.
Aber wenn ich direkt nach der Szene zwischen Adeyemi und Lindström am Samstag auf der Tribüne in Frankfurt erkannt habe, dass das zu 100 Prozent ein Elfmeter war, dann ist es nicht zu erklären, dass Menschen, die zig Wiederholungen sehen können, zu einem anderen Ergebnis kommen. Das ist dann irgendwann nicht mehr logisch zu erklären und muss endlich abgestellt werden. Egal wie.
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