Lothar Matthäus Kolumne über Toni Kroos, EM und Jonathan Tah
Ballon d'Or? ... dann führt kein Weg an Kroos vorbei
03.06.2024 | 15:12 Uhr
Lothar Matthäus erklärt in seiner Kolumne, warum Toni Kroos trotz des Gewinns der Champions League nicht der Favorit auf den Ballon d'Or ist. Der Weltfußballer von 1990 schätzt Jonathan Tahs möglichen Wechsel zum FC Bayern ein und bricht eine Lanze für Vincent Kompany.
Toni Kroos ist ein Spieler mit großen Verdiensten und vielen Titeln, aber bei Weltfußballer-Wahlen blieb es ihm bisher verwehrt, sich selbst die Krone aufzusetzen.
2014 in Brasilien gewann die deutsche Mannschaft die WM als Kollektiv, andere Teams hatten überragende Einzelspieler wie Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo, der damals den Ballon d'Or gewann.
Ich bin der letzte deutsche Weltfußballer, das ist mittlerweile fast 34 Jahre her. Dazwischen lagen Erfolge deutscher Mannschaften bei Europameisterschaften, Weltmeisterschaften, im UEFA-Pokal und in der Champions League, aber trotzdem hat irgendwie immer ein anderer gewonnen.
Der deutsche Fußball wird häufiger benachteiligt
Ich habe das Gefühl, dass der deutsche Fußball, auch was die Schiedsrichterleistungen betrifft, häufiger benachteiligt wird. Das internationale Standing des deutschen Fußballs wird seiner Qualität nicht gerecht.
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Ich hoffe, dass Toni Kroos bei der Wahl des Ballon d'Or zumindest in den engen Kreis einbezogen wird. Er hätte es nicht nur aufgrund seines Lebenswerks und seiner Titel, sondern wegen der Art und Weise seines Auftretens verdient. Er schießt zwar nicht viele Tore und spielt nicht so spektakulär wie andere aber er ist ein Lenker und Denker, ein Führungsspieler, der alles mitbringt, was man für so eine Auszeichnung braucht. Wenn er nach der Meisterschaft in Spanien und der Champions League auch noch die EM mit Deutschland gewinnt, dann führt eigentlich gar kein Weg an ihm vorbei.
Vinicius Jr. provoziert mit seinem Auftreten
Es wird wieder viele Kandidaten geben, auch Konkurrenz aus seinem eigenen Team, wo andere mehr für die Show und die wichtigen Tore verantwortlich sind. Ich will gar nicht von Vorbildfunktion sprechen, aber man hat gesehen, was Vinicius Jr. am Samstag veranstaltet hat. Er beschwert sich völlig zurecht darüber, dass er häufig im Stadion beleidigt wird, aber ein Ausnahmefußballer wie er hat solche Mätzchen wie die gegen die BVB-Spieler und -Fans doch gar nicht nötig.
Nationalmannschaft profitiert von Kroos, Wirtz und Co.
Was die EM betrifft, glaube ich, dass die Sicherheit und das Selbstbewusstsein von Kroos und Antonio Rüdiger nach dem Gewinn der beiden Titel einen positiven Einfluss auf die deutsche Nationalmannschaft haben wird - genau wie das Double der Leverkusener, von denen in Jonathan Tah, Florian Wirtz und Robert Andrich im deutschen EM-Team gesetzt sind.
Mit diesen fünf Spielern und den Bayern-Profis Manuel Neuer, Joshua Kimmich, Jamal Musiala und Leroy Sane stellt sich die Mannschaft quasi von allein auf. Dahinter stellen die Stuttgarter einen starken Block. Nicht alle werden zum Einsatz kommen, das war 1990 beim Gewinn des WM-Titels auch so, aber alle bringen viel positive Energie mit und waren in ihren Vereinen in der abgelaufenen Saison Unterschiedsspieler. Das ist ein echter Segen für den Bundestrainer und für den deutschen Fußball.
An diesen Talenten werden wir noch viel Freude haben
Jeder kann sich zeigen, auch Brajan Gruda, der von Julian Nagelsmann ins EM-Trainingslager eingeladen wurde. Ich kenne Gruda seit zwei Jahren, schon damals ist er mir mit seiner Qualität und seiner Geschwindigkeit aufgefallen. Zuletzt habe ich ihn beim 3:0 gegen Dortmund live im Stadion gesehen. Gruda (20) und Maximilian Beier (21) sind Talente, an denen wir in Zukunft noch viel Freude haben werden.
Beide sind, wie auch Chris Führich, den richtigen Weg gegangen. Gruda hat in Mainz in der Jugend begonnen und dann bei den Profis viel Spielpraxis gesammelt, Beier in Hannover, dann in Hoffenheim, Führich in Paderborn, dann in Stuttgart. Ein gutes Umfeld zu haben, einen Schritt nach dem anderen zu machen, überlegte Entscheidungen zu treffen, das alles ist wichtig für die Entwicklung junger Spieler. Florian Wirtz und Jamal Musiala sind in dieser Hinsicht gute Beispiele.
Tah zum FC Bayern? Würde mir Gedanken machen
Der FC Bayern hat über Gruda und Führich nachgedacht, aber man wird nicht alle nach München holen können. Jonathan Tah (ist sich nach Sky Informationen mündlich mit dem FC Bayern einig) hat in Leverkusen eine tolle Saison gespielt. Tah war neben Wirtz und Granit Xhaka einer der Unterschiedsspieler und hat die Defensive organisiert. Er hat sich nicht nur sportlich, sondern auch von seiner Persönlichkeit her enorm entwickelt. Ob er diese Rolle bei Bayern München genauso spielen könnte, ist die Frage - zumal Bayern im Gegensatz zu Leverkusen mit Viererkette spielt.
Deswegen würde ich mir anstelle von Tah meine Gedanken machen. Er weiß, was er bei Bayer 04 hat und welche Position er dort einnimmt. Auf der anderen Seite ist er mit seinen 28 Jahren in einem Alter, in dem er bereits viele Erfahrungen gesammelt hat, nach neun Jahren in Leverkusen wäre ein Wechsel nach München der nächste Schritt. Man könnte verstehen, wenn er sich gedanklich mit dem FC Bayern beschäftigt.
Dayot Upamecano und Min-Jae Kim haben beide eine schlechte Saison hinter sich. Kims Stärken kommen in München nicht so zum Tragen wie es in Neapel der Fall war.
Gebt Kompany eine Chance!
Vincent Kompany war als Spieler ein hervorragender Innenverteidiger. Ich finde seine Verpflichtung spannend und interessant, auch wenn er alles andere als eine A-Lösung ist. Nach den vielen Absagen musste man sich irgendwann auf einen Trainer einigen.
Kompany bringt frisches Blut mit, er hat unter großen Trainern gearbeitet. Ich sage: Gebt ihm eine Chance und verurteilt ihn nicht gleich als Neuling. Xabi Alonso war auch ein Neuling - und hat das Double gewonnen.
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