Sky exklusiv || Ter Stegen über Neuer-Duell & Nagelsmann-Euphorie
12.10.2023 | 15:12 Uhr
Vor dem Länderspiel-Doppelpack in den USA gegen die Vereinigten Staaten und Mexiko spricht DFB-Torhüter Marc-Andre ter Stegen im exklusiven Sky Interview über den neuen Bundestrainer Julian Nagelsmann, die Heim-EM im kommenden Jahr, die Konkurrenzsituation mit Manuel Neuer und den FC Barcelona.
Marc-Andre ter Stegen, wie bewerten Sie die ersten Tage unter dem neuen Bundestrainer Julian Nagelsmann?
Marc-Andre ter Stegen: "Er hatte am Dienstag die ersten Momente mit uns, hat dann auch seine erste Besprechung gemacht. Er hat versucht, seine Ideen so schnell wie möglich zu erklären. Das wird jetzt ein paar Tage dauern und dann auch in der nächsten Länderspielpause weitergehen. Aber ich glaube, dass wir versuchen, die Ideen, die er dann hat, direkt im Training immer wieder umzusetzen. Wir werden unser Bestes tun, dass es so schnell wie möglich umgesetzt wird."
Was haben Sie für einen Austausch bislang mit Julian Nagelsmann: Gab es schon ein persönliches Gespräch am Telefon oder haben Sie sich in den USA mal zusammengesetzt?
Ter Stegen: "Wir haben schon vorher Kontakt gehabt, haben miteinander gesprochen und uns ein bisschen ausgetauscht. Jetzt ist es aber das erste Mal, dass ich ihn als Trainer kennenlerne. Jeder Trainer hat seine eigene Art, in den Besprechungen oder bei seinen Abläufen. Ich bin sehr gespannt auf die Zeit mit ihm und wünsche mir natürlich, dass seine Zeit beim DFB erfolgreich ist."
Warum glauben Sie, ist Nagelsmann der richtige Mann zur richtigen Zeit für diese Mannschaft und für die Heim-EM?
Ter Stegen: "Weil er trotz seines Alters schon sehr viel vorweisen kann und auch sehr präzise ist in dem, was er möchte. Deshalb glaube ich, dass er der richtige Mann ist. Dass er die Ideen, die er hat, dann auch umsetzen kann und sie uns verständlich macht. Ich glaube, dass er jetzt auch eine gewisse Euphorie wieder ausgelöst hat in Deutschland. Und ich hoffe, dass wir sie dann über gute Ergebnisse auf den Platz bringen und diese Euphorie beibehalten bzw. noch weiter entfachen können."
Mal Hand aufs Herz: Thomas Müller hat neulich bei einem Award gesagt, dass er der deutschen Nationalmannschaft keine Titel Chancen einräumt bei der EM. Wie steht es um Ihre Meinung: Hat Deutschland die Möglichkeit, Europameister zu werden?
"Wir reden über nächstes Jahr im Sommer. Wir haben jetzt noch relativ viele Möglichkeiten, konzentrieren uns erst mal auf das Hier und Jetzt. Natürlich ist die EM im Hinterkopf. Natürlich wollen wir auch dafür arbeiten, dass wir dort am Ende erfolgreich sein werden. Für uns ist es jetzt erst mal wichtig, dass wir die beiden anstehenden Länderspiele (USA und Mexiko, Anm. d. Red.) gut bestreiten. Das Wichtigste ist, dass wir am Samstag im Spiel mutig sind und dass wir Leidenschaft zeigen. Und das ist das, was ich mir jetzt wünsche, unabhängig davon, was dann in einem Dreivierteljahr passiert."
Sind Sie aktuell die Nummer eins im deutschen Tor, weil Manuel Neuer verletzt ist oder weil Sie so gut sind?
Ter Stegen: "Ich mache meine eigenen Leistungen nie abhängig von anderen. Ich glaube, dass ich über die letzten Jahre immer auf sehr hohem Niveau gespielt habe. Das ist auch mein Anspruch an mich selbst. Ich hoffe, dass ich das sowohl beim DFB als auch bei meinem Klub immer wieder unter Beweis stellen kann. Für mich zählt das Hier und Jetzt. Ich genieße, dass ich diesen Rückhalt von der Mannschaft habe und vom Trainer. Ich glaube, dass ich das absolut zurückzahle. Das ist das, worauf ich mich am meisten konzentriere: gute Spiele zu liefern und immer mit mir im absoluten Gleichgewicht zu sein."
Was würde Ihnen das bedeuten, die Nummer eins bei der Heim-EM zu sein?
Ter Stegen: "Es ist eines der größten Events, das man im eigenen Land haben kann und für das man selber verantwortlich ist. Ich werde alles dafür tun, dass ich am Ende in bester Verfassung bin für das Turnier. Bis dahin hoffe ich, dass ich gute Leistungen gezeigt habe und auch dieses Selbstverständnis mitbringe. In jedem Spiel, in jeder Sekunde. Höhen und Tiefen gibt es bei jedem Fußballer. Aber ich hoffe, dass ich mich über die Saison dahin arbeite und dass ich am Ende immer den Fokus halten kann."
Sie haben neulich Ihren Vertrag verlängert bei Barcelona bis 2028. Haben Sie vor, bei Barcelona Ihre Karriere 2028 oder noch später zu beenden?
Ter Stegen: "Ich habe nicht den Vertrag unterschrieben, um jetzt über mein Karriereende nachzudenken. Für mich ist es so, dass ich mich sehr gut fühle, dass ich mich fit fühle. Seit meinem vierten Lebensjahr spiele ich Fußball und genieße es, jeden Tag auf dem Platz zu sein mit den Jungs, weil es einfach Spaß macht. Solange es mir Spaß macht, werde ich Fußball spielen. Ich habe nicht darüber nachgedacht, dass dann (2028; Anm. d. Red.) vielleicht Schluss ist. Ich habe darüber nachgedacht, dass es ein guter Schritt für beide Seiten ist."
Barcelona hat sich unter anderem mit Joao Cancelo und Joao Felix verstärkt. Wie stark ist Ihre Mannschaft wirklich?
Ter Stegen: "Wir haben jetzt zwei Joaos dazubekommen, die uns auf jeden Fall helfen werden. Ich glaube, dass wir sehr wettbewerbsfähig sind und eine sehr gute Mannschaft haben. Und ich hoffe, dass wir jetzt nicht noch viel mehr Verletzte dazubekommen, weil die Ausfälle immer schwerwiegend sind. Gerade wenn es um Frenkie de Jong, Robert Lewandowski, Rafinha oder Pedri geht. Also all die Spieler, die dann hoffentlich schnell wieder zurückkommen, um uns in der wichtigen Phase der Saison zu helfen."
Warum ist Ilkay Gündogan der richtige Kapitän für die deutsche Nationalmannschaft?
Ter Stegen: "Ich glaube durch seine Persönlichkeit, durch seine Art und Weise Fußball zu verstehen, Fußball zu spielen. Ich glaube, dass er insgesamt ein sehr ausgeglichener Mensch ist, der uns als Team sehr guttut. Dass er ein toller Kapitän sein wird, davon brauche ich mich eigentlich nicht hier überzeugen zu lassen, sondern das weiß ich. Er ist erst seit ein paar Wochen bei uns bei Barca und hilft mir und Sergi (Roberto, Barca-Kapitän; Anm. d. Red.) tatkräftig jeden Tag, uns erfolgreich zu machen."
Die USA-Reise wird in Deutschland kritisch gesehen. Wie kann die Mannschaft sie nutzen, um eine Aufbruchstimmung zu erzeugen, um wirklich Fußball-Deutschland heißzumachen für die EM?
Ter Stegen: "Erst mal geht es jetzt bei der Kritik wahrscheinlich auch um die Distanzen. Wenn ich bei uns im Verein mit Spielern wie Ronald Araujo (Uruguay, Anm. d. Red.) spreche, dann ist es relativ normal, dass sie in der Länderspielpause 14 bis 15 Stunden im Flieger sitzen, spät wiederkommen und auch wieder spielen. Und die machen es viel häufiger als wir. Für uns ist es wichtig, uns auf den Fußball zu konzentrieren. Unser primäres Ziel ist es, dass wir erfolgreich sind. Dass wir jetzt auch mit Julian Nagelsmann an der Seitenlinie einfach einen guten Start schaffen und hoffentlich gute Ergebnisse erzielen."
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