Pavard: So ticken Pogba und Griezmann
VfB-Star über seine erste WM mit Frankreich
09.06.2018 | 09:15 Uhr
Für den 22-jährigen Benjamin Pavard vom VfB Stuttgart geht ein Traum in Erfüllung. Er wurde von Trainer Didier Deschamps in den WM-Kader berufen. Warum es bei der Vorstellung des Kaders kurz zu Missverständnissen kam und welches Land für ihn Favorit ist, erklärt Pavard exklusiv im Sky Sport Interview.
Sky Sport: Benjamin, wenn jemand Ihnen vor zwei Jahren gesagt hätte, dass Sie 2018 zur WM fahren würden, was hätten Sie geantwortet?
Benjamin Pavard: Zunächst habe ich schon immer davon geträumt, eines Tages eine Weltmeisterschaft für Frankreich zu spielen. Also hatte ich den Gedanken immer in meinem Kopf. Aber es stimmt, dass ich vor zwei Jahren nicht wirklich dran geglaubt hätte. Ich habe einen weiten Weg hinter mir. Ich komme aus Lille und war dort ein talentierter Junge, aber kein Überflieger. Ich habe dort auch nicht viele Einsätze bei den Profis gehabt. Dann habe ich mich 2016 entschieden, zu Stuttgart zu gehen. Viele haben mir gesagt: Das ist ein Fehler! Aber dieselben Leute sagen heute: Glückwunsch, das war genau der richtige Schritt. Niemand hätte mir es zugetraut, aber dann wurde ich für die U21 nominiert und kurz darauf für die Nationalmannschaft. Mein Weg zeigt: Harte Arbeit zahlt sich immer aus.
Sky Sport: Wo waren Sie, als Didier Deschamps den Kader bekanntgegeben hat?
Pavard: Ich war zu Hause in Lille. Zusammen mit meiner Familie und meiner Freundin saßen wir vor dem Fernseher.
Sky Sport: Was war los, als Ihr Name genannt wurde?
Pavard: Deschamps hat den Kader alphabetisch vorgelesen. Genau vor mir war Benjamin Mendy an der Reihe. Als Didier dann "Benjamin" sagte, haben schon alle geschrien. Dann kam aber "Mendy" und alle waren ein bisschen enttäuscht. Aber direkt danach war ich dann dran! Wir lagen uns alle in den Armen, ich habe minutenlang geweint. Es gibt doch für einen Fußballer nichts Schöneres, als die erste WM-Teilnahme. Das alles verdanke ich vor allem meinen Eltern. Schon mit zehn Jahren bin ich in ein Fußballinternat gezogen und wir waren weit voneinander weg. Das war für uns alle keine einfache Zeit. Jetzt mit einer WM belohnt zu werden, ist unglaublich schön für uns als Familie.
Sky Sport: Was sind Ihre ersten Erinnerungen an eine WM?
Pavard: Ganz klar, die Bilder von unserem jetzigen Coach Didier Deschamps bei der Heim-WM 1998. Er und Zidane mit dem Pokal, das hat sich bei mir eingebrannt. Es ist für mich Traum, mit 22 Jahren auch die Chance zu haben, diesen Titel zu gewinnen. Jetzt bin ich dabei, jetzt will auch den Pokal!
Sky Sport: Sie haben jetzt vier Länderspiele absolviert. Wie sind Sie von Griezmann, Pogba und Co. aufgenommen worden?
Pavard: Sehr gut! Schon als ich im November zum ersten Mal dabei war lief es auf Anhieb optimal. Ich kannte noch einige aus der U21, ich habe mich direkt wohlgefühlt. Paul und Antoine (Pogba, Griezmann) mögen vielleicht große Namen sein, aber sie sind total auf dem Boden geblieben. Es ist sehr einfach, mit ihnen gut klar zukommen. Die beiden kamen auf mich zu und haben mir gesagt, dass sie froh sind, mich dabei zu haben. Das hat mir natürlich sehr geholfen.
Sky Sport: Didier Deschamps schätzt vor allem Ihre Vielseitigkeit. Sie können in der Innenverteidigung, rechts in der Viererkette oder sogar im defensiven Mittelfeld spielen. Was ist denn jetzt eigentlich Ihre Lieblingsposition?
Pavard: Ich sehe mich schon als Innenverteidiger. Aber ich fühle mich auch rechts wohl, da habe ich jetzt sowohl in Stuttgart als auch für die Nationalelf schon ein paar Spiele gemacht. Ich bin flexibel und stelle mich auf jede Position neu ein. In Lille bin ich sogar als Linksverteidiger eingesetzt worden. Ich kann überall spielen und das ist eine meiner großen Stärken. Ich fordere nichts ein und gebe dort Vollgas, wo der Coach mich sehen will.
Sky Sport: Frankreich gilt als einer der Mitfavoriten auf den Titel. Neben den bereits erfahreneren Spielern wie Griezmann, Lloris oder Pogba gibt es die ganz jungen rund um Mbappé und Dembélé. Wie schätzen Sie die Chancen auf den Titel ein?
Pavard: Favorit sind wir für mich nicht. Dafür ist die Konkurrenz zu stark. Deutschland, Brasilien, Spanien, Portugal…In unserer Gruppe mit Peru, Australien und Dänemark sagt jeder, dass wir im Spaziergang Erster werden. Ich sehe das ganz anders. Jedes Spiel wird schwierig. Aber es ist schon richtig, dass wir extrem viel Talent in unseren Reihen haben. Dazu kommen viele, die bereits einige Jahre auf höchstem Niveau spielen. Auch unser Trainer ist ein wichtiges Puzzleteil: Er strahlt eine große Ruhe aus und gibt seine Erfahrung an uns weiter. Er hat eine große Glaubwürdigkeit innerhalb der Mannschaft.
Sky Sport: Haben Sie in Stuttgart mit Mario Gomez über ein mögliches Aufeinandertreffen gesprochen?
Pavard: Darüber haben wir nicht geredet. Wir wussten nämlich beide noch nicht, ob wir wirklich im Kader stehen. Aber wir haben dem anderen natürlich die Daumen gedrückt. Ich hoffe, dass wir uns im Finale sehen und wir dann nach unserem Sieg alles nachholen werden.
Sky Sport: Werden Sie nächste Saison weiter in Stuttgart spielen?
Pavard: Ich kann das nicht versprechen. Wenn ich das mache und am Ende doch gehe, sind alle Fans zurecht sauer auf mich. Ich möchte Champions League spielen. Das ist mein großes Ziel und das verstecke ich auch nicht. Ich habe das auch den Stuttgarter Verantwortlichen bereits gesagt. Aber mein Berater und ich werden uns nicht unter Druck setzen lassen. Jetzt steht erstmal die WM im Vordergrund. Jetzt wissen alle, was ich möchte, das ist mir wichtig. Doch jetzt konzentriere ich mich auf das Turnier mit Frankreich.
Sky Sport: Wie haben die Verantwortlichen in Stuttgart reagiert?
Pavard: Jetzt wollen Sie mich locken, oder? Darüber möchte ich nicht sprechen, das ist auch nicht meine Aufgabe. Mein Berater kümmert sich darum. Aber beim VfB wissen Sie Bescheid und alles was ich will ist so schnell es geht in der Champions League zu spielen.