Duell der Superlative in Manchester: Darum ist Liverpool im Vorteil
10.04.2022 | 10:14 Uhr
Didi Hamann spielte für Manchester City und den Liverpool, gewann mit den Reds 2005 die Champions League. Vor dem Topspiel der Premier League am Sonntag (ab 16:30 Uhr live auf Sky Sport 1) vergleicht der Sky Experte die Teams von Pep Guardiola und Jürgen Klopp.
Wenn am Sonntag Manchester City und der FC Liverpool im Toppiel der Premier League (ab 16:30 Uhr live auf Sky Sport 1) um die beste Ausgangsposition im Endspurt um die Meisterschaft aufeinander treffen, stehen sich zwei Teams voller Superlative gegenüber.
"Pep Guardiola ist der beste Trainer der Welt", stellte Jürgen Klopp auf der Pressekonferenz am Freitag sein eigenes Licht vielleicht etwas unter den Scheffel. Nicht wenige Experten sehen Liverpools Coach nach seinen Erfolgen der vergangenen Jahre auf einer Höhe mit dem Katalanen.
"Im Moment ist Liverpool beste Mannschaft Europas", sagt Didi Hamann in seiner Sky Kolumne. Manchester ist - zumindest tabellarisch, die beste Mannschaft der stärksten europäischen Liga.
Seit dem 15. Spieltag führt Manchester die Tabelle vor Liverpool an. Mit 73 Punkten stehen Pep Guardiolas Sky Blues vor dem Spitzenduell knapp vor Jürgen Klopps Mannschaft.
Im Winter lagen die Citizens noch bis zu 14 Punkte vor den Reds, die damals jedoch wegen der Corona-Pandemie weniger Spiele ausgetragen hatten. In den vergangenen Wochen und Monaten hat Liverpool mit einer fulminanten Aufholjagd den Rückstand auf nur noch ein Pünktchen verkürzt.
Das Momentum spricht für Liverpool, so sieht es auch der Experte. "Die Spielweise von Manchester City ist doch sehr eintönig, sie versuchen, die Gegner müde zu passen", erklärt Hamann: "Ich finde Liverpool viel variabler, sie sind auch durch Standards gefährlich und ich sehe sie am Sonntag leicht im Vorteil, obwohl City zuhause spielt."
Beim Blick auf die einzelnen Mannschaftsteile sind Sky Blues und Reds fast gleichauf.
Das Team mit den wenigsten Gegentoren empfängt die Elf mit den meisten erzielten Treffern. City hat die meisten Siege (23), Liverpool musste die wenigsten Niederlagen (2) hinnehmen.
Liverpools Torhüter Alisson Becker hat in 40 Pflichtspielen in dieser Saison 27 Gegentore hinnehmen müssen, Manchesters Ederson musste in 38 Partien 26 Mal hinter sich greifen. Bei den weißen Westen (Spiele ohne Gegentor) liegt Alisson mit 22:20 vorn.
City hat mit nur 18 Gegentoren die zahlenmäßig beste Defensive der Premier League, muss jedoch seit Anfang März auf Abwehrchef Ruben Dias (Oberschenkelprobleme) verzichten. Liverpool hat hingegen mit Virgil van Dijk einen Anführer in der Verteidigung, der nach seiner Kreuzbandverletzung wieder in Topform spielt.
"Van Dijk hat in der Anfangsphase der Saison einige Wochen gebraucht, um wieder richtig in Tritt zu kommen. Seit Januar kassieren sie aber kaum Gegentore, das ist vor allem van Dijk geschuldet, der Zweikämpfe gewinnt und die Mannschaft führt", erklärt Hamann.
Zudem dürfte Klopps Elf in Trent Alexander-Arnold und Andrew Robertson über eines der besten, wenn nicht das beste, Außenverteidiger-Duo im Weltfußball verfügen.
Alexander-Arnold kam aus der eigenen Jugend, Robertson wurde 2017 für neun Millionen Euro von Hull City verpflichtet. "Beide haben sich unter Klopp zu Weltklasse-Außenverteidigern entwickelt", findet Hamann.
Dass sich bei Liverpool Talente entwickeln können, sieht der ehemalige Mittelfeldspieler als einen der großen Pluspunkte gegenüber dem Kontrahenten aus Manchester.
"Bei City werden die Spieler fertig geholt und wenn sie nicht funktionieren, müssen sie wieder gehen", so Hamann. Zudem würden sich neue Spieler besser ins Team einfügen. "Liverpools Luis Diaz war mit 45 Millionen Euro ein Schnäppchen im Vergleich zu Jack Grealish", meint der Experte: "Diaz spielt, als wäre er schon seit drei Jahren in Liverpool, Grealish, der mehr als 100 Millionen Euro gekostet hat, spielt unter Guardiola kaum keine Rolle."
"Klopp hat ein unglaubliches Vertrauen in seine Spieler", so Hamann, "Guardiola nimmt seinen Spielern durch seine taktischen Vorgaben häufig die Stärke. Wenn du eine der besten Mannschaften hast, musst du den Jungs auch mal die Freiheit geben, sich etwas austoben zu können." Das mache Guardiola nicht und dadurch fehle seinem Team häufig das gewisse Extra.
Noch ein Plus für die Reds: Klopp kann im Sturm aus vier Topleuten wählen. "Ich kann mir vorstellen, dass er mit Salah, Mane und Jota spielt und Diaz erst einmal draußen lässt", vermutet Hamann. "Bei City stellt sich die Mannschaft mehr oder weniger selbst auf. Ich gehe davon aus, dass sie so spielen wie am Dienstag gegen Atletico."
"City wird wahrscheinlich viel Ballbesitz haben, Liverpool wird das nicht unrecht sein", glaubt der Experte: "Sie stehen gerne mal etwas tiefer und spielen auf Konter. Sie haben unheimliche Wucht und unheimliches Tempo im Spiel nach vorne. Das hat City in dieser Fülle einfach nicht."
Hamanns Fazit: "Liverpool ist eine Mannschaft, den Eindruck habe ich bei City nicht." Man darf gespannt sein, ob City am Sonntag im Topspiel Liverpools Aufholjagd stoppen kann.