Diesen Kampf kann Geraerts nicht gewinnen
19.09.2024 | 14:10 Uhr
Karel Geraerts steht nach den Fehlleistungen des Saisonstarts von Schalke 04 schwer in der Kritik. Doch selbst wenn die Knappen im Schicksalsspiel gegen Darmstadt siegen: Langfristig kann der Coach den internen Kampf nicht gewinnen.
"Wenn wir nicht zusammenstehen, kriegen wir Probleme", erklärte ein sichtlich angespannter Karel Geraerts bei der Pressekonferenz vor dem Heimspiel gegen den SV Darmstadt 98. Nach dem schlechten Saisonstart von Schalke 04 hat sich der Verein längst in ein Pulverfass verwandelt. Der Trainer weiß: Die Partie gegen die schwer strauchelnden Südhessen ist ein Schicksalsspiel - doch auch bei einem Sieg ist es für Geraerts maximal ein Verbleib auf Zeit. Den internen Kampf gegen Kaderplaner Ben Manga kann der Belgier nicht gewinnen.
Als Geraerts Schalke im Oktober 2023 übernahm, stand der noch relativ junge und unerfahrene Trainer vor einer großen Aufgabe. Doch der 42-Jährige hievte die verletzungsgeplagten Knappen aus dem Tabellenkeller. Mit einem Fokus auf verbesserte Fitness und mit rückläufigen Ausfällen distanzierte Schalke den Relegationsplatz auf elf Punkte und hielt die Klasse. Der anspruchsvolle Akt schien Geraerts anschließend ganz offensichtlich ins Grübeln zu bringen: Interesse vom FC Brügge, bei dem er lange als Spieler aktiv war, stand im Raum. Der Trainer vermied über Wochen das Bekenntnis zum Pott-Klub - und büßte dafür auch intern viel Kredit ein.
Manga reagierte und hatte nach Informationen von Sky bereits zwei Trainer-Kandidaten zum Ersatz des Belgiers parat - am Ende verblieb Geraerts auf Schalke. Doch die Beziehung zum Top-Scout war spätestens zu diesem Zeitpunkt schwer belastet. Der riesige Kaderumbruch des Planers verfolgt ein klares Konzept, das Geraerts nicht zu teilen und auch auf dem Platz nicht umzusetzen vermag.
Der Coach macht sich mit seinen Aufstellungen angreifbar: Neuzugänge wie Felipe Sanchez und Martin Wasinksi durften in der Innenverteidigung bisher selten wirken, trotz guten Leistungen in der Vorbereitung baute der Trainer auf Erfahrung - und ließ dabei gleichzeitig den gerade erst dazugestoßenen Ilyes Hamache zwei Mal Beginn an spielen.
Der Franzose, erst Tage vor der Partie gegen den 1. FC Magdeburg vom Drittligisten FC Valenciennes gekommen, zeigte sich mit seiner Rolle gänzlich überfordert, spricht zudem kein Deutsch und wurde so zum Sinnbild von Geraerts konzeptionellen Problems. Nach außen lässt er keine klare Linie erkennen, wechselt häufig zwischen Akteuren der vergangenen Saison und neuen Kräften und nimmt seinen eigenen Erklärungen die Glaubhaftigkeit. Mangas Verständnis dafür ist offensichtlich klein.
Die öffentliche Aufstellungskritik des Kaderplaners kommentierte Schalkes Übungsleiter mit Spitzen: "Ich schaue immer nach meiner Mannschaft - aber ich betreibe keine Politik", so Geraerts nach dem Test gegen NAC Breda. Ein klärendes Gespräch unter Vermittlung von Sportdirektor Marc Wilmots und Vorstandschef Matthias Tillmann fand nicht statt - auch weil Manga die Länderspielpause für einen Urlaub nutzte. Für den Trainer ist die Sache nach einem kurzen Anruf vor dem anstehenden Heimspiel sowieso "abgeschlossen".
Manga selbst kann Geraerts nicht entlassen - hierfür wären Wilmots sowie der Vorstand und Aufsichtsrat gefordert. Doch die Gemengelage ist komplex: Der Sportdirektor scheut sich vor Aussagen gegen den Coach. "Ich will nur eins sagen: Es gibt keine Trainerdiskussion", erklärte dieser nach der Niederlage in Karlsruhe vor einer Woche am Sky Mikrofon. Das mag unter anderem daran liegen, dass Wilmots intern selbst schwer in der Kritik steht - Geraerts gilt als sein letzter verbleibender Unterstützer. Und der Vorstand? Der sehnt sich weiter nach Kontinuität, zu einer klaren Reaktion konnte er sich bisher nicht durchringen.
Für Geraerts reicht auch ein Sieg im Schicksalsspiel gegen Darmstadt nicht aus - selbst drei Punkte bei Preußen Münster eine Wochen darauf werden die grundlegenden Probleme auf Schalke nicht beheben. Der Trainer kann seinen Abschied nur hinauszögern.
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