Wenn sogar Guardiola zum Fanboy wird
28.02.2024 | 10:47 Uhr
Jetzt ist auch er ins Blickfeld des FC Bayern geraten: Roberto De Zerbi ist neben Xabi Alonso einer der umworbensten Trainer des kommenden Sommers. Roberto De Wer? Sky Sport stellt einen der kommenden Trainer-Stars vor, der auch schon den deutschen Fußball inspiriert hat.
Als Spieler hat Roberto De Zerbi den Fußball nicht nachhaltig geprägt. Er war kein Metronom wie Xabi Alonso oder weltklasse auf seiner Position wie Pep Guardiola, deren Weg in den Trainerjob früh vorgezeichnet war. Ausgebildet beim AC Milan durchlief der offensive Mittelfeldspieler viele unterklassige Vereine innerhalb Italiens, ohne aber den ganz großen Durchbruch zu schaffen. Für Neapel lief er in der Saison 2007/08 immerhin drei Mal in der Serie A auf.
Größere Fußstapfen hinterließ der Linksfuß in der Serie B, wo er in 132 Spielen immerhin 20 Tore erzielte. Seine mit Abstand erfolgreichste Zeit erlebte er im Ausland. In Rumänien wurde er mit CFR Cluj 2010 und 2012 Meister - und machte in der Champions League sogar Bekanntschaft mit dem FC Bayern. 2010 steuerte er in der Gruppenphase bei der 2:3-Niederlage in München eine Vorlage zur zwischenzeitlichen Führung bei, im Rückspiel gab es dann ein klares 0:4. 2013 verkündete er sein Karriereende - und widmete sich dem Trainer-Dasein.
De Zerbi machte im November 2013 in der viertklassigen Serie D bei Darfo Boario seine ersten Schritte als Trainer und arbeitete sich fortan immer weiter hoch. Über Foggia, US Palermo, Benevento landete er 2018 beim Erstligisten US Sassuolo. Eigentlich als Abstiegskandidat gehandelt, führte er den Underdog trotz bescheidener finanzieller Mittel einmal auf Platz elf und zweimal auf Platz acht. Mit seinem fast schon revolutionären Ansatz sorgte er auch außerhalb Italiens für Furore, Schachtjor Donezk wurde auf ihn aufmerksam und nahm ihn unter Vertrag.
Mit dem Klub gewann er den ukrainischen Superpokal und holte damit seinen ersten Titel, doch aufgrund des russischen Angriffskrieges wurde die Zusammenarbeit nach einem Jahr einvernehmlich beendet. Seit September 2022 ist der 44-Jährige in der Premier League bei Brighton Hove & Albion tätig und führte den Klub in der vergangenen Saison erstmals in dessen Vereinsgeschichte in den Europapokal. "Er hat uns mit seiner Spielidee noch mal auf ein anderes Level gehoben", lobte der deutsche Nationalspieler Pascal Groß seinen Vorgesetzten.
Der Italiener verfolgt einen spielerischen, ballbesitzorientierten Ansatz und einen ungewöhnlichen Spielstil, der nicht so einfach von heute auf morgen zu implementieren ist. Wenn zudem noch ein Dolmetscher die Inhalte und radikalen Änderungen des Trainers den Spielern vermitteln muss, kann das Zeit in Anspruch nehmen. So geschehen in Brighton.
Die Seagulls blieben in den ersten fünf Spielen unter de Zerbi sieglos, ehe mit einem fulminanten 4:1-Sieg gegen den FC Chelsea das Vertrauen in das Konzept des Trainers stieg - und mit jeder weiteren Partie verinnerlicht wurde. Doch was sind die prägenden Merkmale?
In Kurzform: "Je höher der Druck, desto vertikaler die Weiterentwicklung. Je weniger Gegnerdruck, desto größer die Spielkontrolle und der Ballbesitz", erklärte der Verfechter des Offensiv-Fußballs selbst seine Spielidee.
Die Grundordnung beläuft sich zumeist in einem 4-2-3-1-System, doch Brighton baut sein Spiel nahezu immer flach über den Torwart auf, der aktiv miteingebunden wird. Der Aufbau findet daher in einem 3+4 statt, wobei die Außenverteidiger auf Höhe der beiden Sechser vorrücken, um dort eine Überzahl zu erzeugen. Ziel ist, den Gegner mit fast schon provozierend langen Ballbesitzphasen vor dem eigenen Tor zu locken und ein Pressing zu initiieren.
"Er lädt mit seinen Mannschaften die Gegner regelrecht zum Pressing ein, damit sich dahinter Räume öffnen", führte Sebastian Hoeneß aus, der kurz vor seinem Engagement beim VfB Stuttgart einen Tag lang bei den Südengländern hospitieren durfte.
Für seinen Plan benötigt De Zerbi insbesondere pass- und ballsichere Spieler, die auch unter Gegnerdruck die Nerven bewahren. Sobald das Pressing des Gegners ausgelöst wurde, sollen die sich öffnenden Räume zügig und flach mit pedantisch einstudierten Spielzügen bespielt werden.
Bemerkenswert: Egal, ob Sheffield United oder Manchester City - De Zerbi zieht seinen Stil gegnerunabhängig durch. In der Premier Legaue verzeichnet nur der amtierende Triple-Sieger durchschnittlich einen höheren Ballbesitz (65 Prozent) als die Seagulls (62 Prozent).
De Zerbi gilt as Perfektionist, arbeitet detailversessen. Im Training wird auf die Sekunde getimt, wann eine Pressingsituation ausgelöst wird und es in die nächste Handlung geht. Trotz namhafter Abgänge wie Moises Caicedo oder Alexis MacAllister hat er es in dieser Saison zudem geschafft, Neuzugänge zu integrieren, junge Spieler weiterzuentwickeln und Brighton in der oberen Tabellenhälfte zu etablieren (aktuell Platz sieben).
Mit seiner innovativen Spielphilosophie zählt er mittlerweile zu den Vorreitern der nächsten Trainer-Generation. Andere Coaches orientieren sich an ihm, neben Hoeneß und dem VfB Stuttgart wendet in Deutschland beispielsweise auch der FC St. Pauli in der 2. Bundesliga mit dem aufstrebenden Trainer-Talent Fabian Hürzeler Elemente von Brighton in seinem Spiel äußerst erfolgreich an.
Beim FC Bayern im Blickfeld und auch beim FC Barcelona hoch im Kurs - was macht das mit dem 44-Jährigen aus Brescia? Angesprochen auf das Interesse von Topklubs sagte er kürzlich in einem Interview mit Sky Sports: "Wenn ich höre, dass große Klubs an mir interessiert sind, dann ehrt mich das. Ich bin stolz, fokussiere mich aber auf die Arbeit, die täglich ansteht."
Der begehrte Coach hat sich schon früh an Guardiola orientiert. "Ich wurde Trainer wegen ihm, weil ich sein Barcelona liebte", verriet er und gab zu: "Ich möchte niemanden kopieren, aber ich habe Ideen übernommen, als ich anfing."
Sein Fußballer-Herz schlägt für seinen Jugendverein - die AC Milan. "Milan ist kein gewöhnlicher Verein für mich, weil ich als Fußballer bei AC Milan geboren wurde. Ich werde dem Klub mein ganzes Leben lang dankbar sein", sagte er.
Zudem strebt er in Zukunft wieder einen Job in seinem Heimatland an. "In mein Land zurückzukehren, um dort zu arbeiten, gehört auf jeden Fall zu meinen Zielen, aber ich weiß nicht, wann das passieren wird."
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