Der dramatische Union-Absturz - und wie es jetzt weitergeht
13.11.2023 | 11:18 Uhr
Union Berlin ist am Tiefpunkt. Am Sonntag setzte es die neunte Niederlage am Stück in der Bundesliga. Ein Kommentar von Sky Reporterin Lisa de Ruiter.
Die Eisernen waren gegen starke Leverkusener chancenlos. Nicht in einer Sekunde des Spiels hatte man das Gefühl, dass die Köpenicker auch nur irgendetwas entgegenzusetzen hatten.
Das Resultat dieser Krisen-Serie: Union Berlin steht auf dem letzten Platz der Tabelle, hat nur sechs Punkte. Es ist aktuell eine verkehrte Welt in Köpenick. Mittwoch noch Champions League gegen die SSC Neapel im Stadio Diego Armando Maradona, am Sonntag der komplette Absturz ans Tabellenende.
"Unser Ziel sind die 40 Punkte und der Klassenerhalt." Dieser Satz wurde spätestens nach der ersten Erstliga-Saison von Union belächelt. Denn schon im zweiten Jahr gelang den Berlinern die Teilnahme am internationalen Wettbewerb mit der Conference League. Eine Saison später folgte die Europa League, im Sommer sicherte sich die Mannschaft von Trainer Urs Fischer den Platz in der Königsklasse. "Wir müssen uns in sehr vielen Bereichen verbessern - ansonsten wird es ganz schwierig, die Klasse zu halten. Das muss man so deutlich sagen."
Ehrliche Worte von Union-Kapitän Christopher Trimmel nach der Pleite bei der Werkself. Und bittere Realität. Denn Union spielt nun wirklich um den Klassenerhalt. Es ist keine Floskel mehr, kein Understatement. Jetzt ist es die ungeschönte Tatsache im Osten von Berlin.
Den letzten Sieg gab es für Union am 26. August in Darmstadt (4:1). Seitdem warten die Berliner auf den Befreiungsschlag. Die Frage, die sich jeder stellt: Warum kommt Union nicht aus dieser Negativ-Spirale? Wie kann es sein, dass diese Mannschaft, die im Sommer noch namenhaft bestückt wurde, jetzt Richtung Abgrund taumelt?
Die Antwort hat niemand so recht parat. Fehlendes Selbstvertrauen und vor allem fehlendes Selbstverständnis ist von Woche zu Woche deutlicher zu erkennen. Einsatz und Kampfgeist kann man der Mannschaft definitiv nicht absprechen. Aber mehr geht da aktuell nicht. Das Spiel in Neapel machte ein wenig Hoffnung. Kapitän Trimmel sagte nach dem 1:1, man habe endlich wieder "union-like" gespielt. Irgendwo zwischen Italien und Rheinland ist diese Eigenschaft aber (wieder mal) auf der Strecke geblieben.
Und die Mechanismen im Profi-Fußball sind eben auch so, dass immer wieder Fragen zum Trainer gestellt werden. Ist Urs Fischer, der Aufstiegsheld und Königsklassen-Macher, noch der richtige Trainer? Noch vor eineinhalb Wochen vor dem Heimspiel gegen die Eintracht (0:3) gab es ein klares Bekenntnis von Union-Präsident Dirk Zingler - schriftlich im Stadion-Heft. Man wolle weiterhin an Fischer festhalten, "und zwar nicht aus Dankbarkeit für seine Leistungen in der Vergangenheit, sondern weil wir überzeugt davon sind, dass er ein hervorragender Trainer ist, der diese schwierige Aufgabe lösen kann."
Wie lange hält diese Überzeugung noch? Vor allem bei Urs Fischer? Das denkbarste Szenario wäre für mich nämlich kein Rauswurf des Schweizers, sondern dass Fischer selbst irgendwann seinen Hut nimmt. Aktuell, so bestätigen es die Spieler Woche für Woche, kann der Trainer die Mannschaft noch erreichen. Die Fans stehen wie eine Wand hinter Fischer, viele von ihnen würden mit ihm im "worst case" sogar in die 2. Liga gehen. Aber vorher, da bin ich mir sicher, würde Fischer selbst die Handbremse ziehen.
Die nächsten Wochen werden entscheidend. Denn jetzt kommen mit Augsburg, Gladbach, Bochum und Köln Gegner, gegen die die Berliner punkten MÜSSEN. Sollte die rote Laterne auch noch an Weihnachten am Christbaum hängen, da bin ich mir sicher, werden sich die Wege von Union und Fischer trennen. Friedlich und respektvoll. Aber getrennt. Bis Weihnachten aber werden Mannschaft und Trainer noch Zeit haben, das Ruder herumzureißen.
Ein großes Problem wird wohl auch das bittere Kontrastprogramm in den nächsten Wochen sein. Zuhause gegen Augsburg, dann in der Champions League nach Braga - und zwischen den wichtigen Partien gegen Gladbach und Bochum in der Liga gastiert nebenbei noch mal eben Real Madrid in der Hauptstadt. Hier ist es jetzt entscheidend, irgendwie die Balance zu finden. Der Fokus, so betonen alle immer, liegt auf der Bundesliga. Dennoch: Ein Überwintern in der Europa League wäre mit einem Sieg gegen Braga tatsächlich drin und realistisch.
Die Realität ist aber eben auch, dass Union Berlin aktuell Tabellenletzter ist.
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