So hat sich Polen in Lostopf eins der WM-Auslosung getrickst

Auslosung zur Gruppenphase der WM 2018 ab 16 Uhr

Robert Lewandowski ist in der FIFA-Weltrangliste mit Polen an Position sechs gelistet.
Image: Robert Lewandowski ist in der FIFA-Weltrangliste mit Polen an Position sechs gelistet.  © Getty

Ab 16 Uhr heißt es heute Vorhang auf für die Auslosung der Gruppen zur Weltmeisterschaft 2018 in Russland. Einige Lostöpfe sind zur Überraschung der Fans leicht kurios zusammengestellt. Polen findet sich im ersten Topf wieder, weil unser Nachbarland eine Schwäche der FIFA-Weltrangliste ausnutzt.

Polen, das die Weltmeisterschaft 2014 sogar verpasste und keine Punkte sammeln konnte, ist bei der Auslosung (ab 15 Uhr im Liveblog auf skysport.de) zur WM 2018 in Russland überraschend in Lostopf eins wiederzufinden. Die Loskugeln für die Top-Fußballnationen Spanien und England nur im zweiten. Der gemeine Fußballfan reibt sich darüber verwundert die Augen.

Polen verzichtet auf Testspiele

Unser Nachbarland um Starstürmer Robert Lewandowski kletterte seit 2013 von Platz 76 der Weltrangliste auf Position sechs. Aber wie hat Polen das geschafft?

Liveblog zur WM-Auslosung 2018 in Russland
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Bei Sky Sport erfährst Du alle Infos zur WM-Auslosung 2018: Wann findet die Auslosung statt? Auf wen trifft unsere Mannschaft? Hier informieren.

Die Rot-Weißen marschierten mit nur einer Niederlage durch die WM-Qualifikation - ein sportlicher Erfolg, der sich durchaus auszahlte. ABER: Polen vermied in diesem Zeitraum gänzlich Freundschaftsspiele zu bestreiten - und das aus gutem Grund.

DENN: Die Gesamtpunktzahl eines Landes in der Weltrangliste ergibt sich nicht durch Addition der erspielten Punkte, sondern aus dem Punkteschnitt; wobei die letzten zwölf Monate (in denen Polen auf Testspiele gänzlich verzichtete) mit 100, die drei Jahre zuvor mit 50, 30 bzw. 20 Prozent in die Wertung eingehen.

Fußballzwerg ruiniert den Schnitt

Aufgrund der Formel "P = M x I x T x C" * ist es besser gar nicht zu spielen als ein Spiel zu verlieren.

WM- oder EM-Qualifikationsspiele werden mit dem Faktor 2,5 gewertet. Freundschaftsspiele können mit ihrem Faktor 1 somit sogar kontraproduktiv enden. Ein Testspiel gegen einen "Fußballzwerg" wie Luxemburg kann den ganzen Punkteschnitt ruinieren.

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Die Strategie der Polen ist aber kein Einzelfall. Wales "spielte" sich 2015 plötzlich in die Top Ten der FIFA-Weltrangliste, indem die Insulaner zwischen September 2014 und Oktober 2015 kein einziges Testspiel bestritten, Rumänien in einem ähnlichen Zeitraum nur eines. Plötzlich war Rumänien Siebter.

Spielerwechsel mit Folgen

Auch die Belgier haben ein Schlupfloch im System entdeckt: Obwohl die Roten Teufel ein Freundschaftsspiel gegen Luxemburg mit 5:1 gewannen, erkannte die FIFA das Spiel nicht als Länderspiel an. Der damalige Belgien-Coach Marc Wilmots nahm einfach sieben statt der erlaubten sechs Spielerwechsel vor und damit wurde das Ergebnis nicht gewertet. Selbst dieser hohe Sieg war Belgien nicht attraktiv genug, weil Luxemburg im FIFA-Ranking zu schlecht positioniert ist, um den Punkteschnitt zu verbessern.

Was tun? Die FIFA versucht alle Konföderationen mit den unterschiedlichen Quali-Modi gleichermaßen zu behandeln. Aber die Lücken im System haben auch die Funktionäre erkannt und wollen die derzeitige Methode, sich für eine WM zu qualifizieren, überdenken.

*Die Formel beschreibt, wie viele Punkte (P) eine Nation im Ranking für ein Länderspiel erhält. Die entscheidenden Faktoren: Endete die Partie mit einem Sieg, Remis oder einer Niederlage (M)? Wie wichtig war sie von Test- bis WM-Spiel (I)? Wie gut war der Gegner in der Weltrangliste positioniert (T) und aus welcher Konföderation stammt er (C)?