Dann fragen wir halt: Den Pal
16.04.2023 | 18:39 Uhr
Sky Reporter Sven Töllner blickt in seiner Kolumne "HAU DAS DING RAUS" auf die aktuellen Ereignisse im Fußball. Dieses Mal beschäftigt er sich mit dem Trainerwechsel bei Hertha BSC.
Ich habe es - vorsichtshalber - nochmal nachgeschlagen. Die Dadaisten lehnen die bürgerliche Kultur ab und suchen nach neuen Ausdrucksformen. Die Basis ist der Zufall und die Beliebigkeit der Materialien. Bei den Dar(!)daisten läuft es ein wenig anders ab. Die setzen mit unerbittlicher Beharrlichkeit immer und immer wieder auf die altbewährte Variante.
Verlässlichkeit statt Beliebigkeit - wenn es im Gebälk modert, dann setzen sie in Berlin auf: Den Pal! Der Universalschlüssel unter den Krisen-Interventions-Ideen, die turnusgemäß und von wechselndem Personal in der Hertha-Geschäftsstelle diskutiert werden. Den Pal spannen sie vor ihren Karren, wenn der mal wieder im Dreck stecken geblieben ist. Der Pal bockt nicht lange rum, wenn er gebraucht wird. Und das Beste: Der Pal kommt mit Geh-zurück-Garantie.
Nun ist es also wieder soweit - wie damals 2015, als Jos Luhukay keinen Ausweg mehr aus der Misere fand. Und wie Anfang 2021, nachdem Dardais Nachfolger Ante Covic und dessen Nachfolger Jürgen Klinsmann, Alexander Nouri und Bruno Labbadia allesamt entnervt vom Hof geritten oder gejagt worden waren. Für die Big-City-Strategie war der treue Pal dann bekanntermaßen schnell zu klein geworden. Keine Zukunft für Dardai in Fredi Bobics Masterplan.
Zu einer klassischen Erfolgsgeschichte sind die folgenden Engagements von Tayfun Korkut und Sandro Schwarz nicht geworden - Altmeister Felix Magath hatte zwischenzeitlich ja zumindest sichergestellt, dass neben den Köpenicker Platzhirschen von Union ein zweiter Hauptstadt-Klub Erstliga-Fußball auf die Berliner Bühne bringt.
Dieses Privileg ist jetzt nachhaltig gefährdet. Nach der Rutsche auf Schalke schienen Branchen-Insidern zufolge nicht alle Hertha-Verantwortlichen klare Vorstellungen davon zu haben, wer wann was entscheidet. Sinnvolle Vorschläge, wer den Platz des zermürbten Sandro Schwarz einnehmen könnte, sollen nicht gerade im Überfluss auf den Konferenztisch geflattert sein. Was macht man an der Hanns-Braun-Straße, wenn alle Manöver in die Sackgasse geführt haben? Man fragt: Den Pal. Diesem Gestrüpp aus sportlicher Talfahrt und vereinspolitischen Ränkespielen kann nur einer gewachsen sein.
Bis zum Saisonende ist die Klub-Ikone nun also wieder als Entfesselungskünstler gefragt. Vieles spricht dafür, dass es die bislang komplizierteste Mission für den stresserprobten Hertha-Houdini wird. Sechs bedrohliche Hürden stehen auf dem Spielplan, bevor sich Dardai mit gezündeter Klassenerhalts-Zigarre in seinem Vorgarten feiern lassen kann. Nach der besorgniserregenden Aufführung auf Schalke gehen alle Kontrahenten im Saison-Endspurt als Favoriten in die Duelle mit der Hertha - eigentlich!
Denn der Pal kommt mit nem Plan. Der ist erfahrungsgemäß nicht allzu kompliziert, war bislang aber eben immer gnadenlos effektiv. Für die "Vorstellung" des "Neuen" am Montag steht Howard Carpendale dem Vernehmen nach nicht zur Verfügung. Den Soundtrack des Tages liefert er natürlich dennoch: "Hello again" - der Pal ist wieder da.
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