Klare Kante: Hamann begründet Verzicht auf BVB-Stars & Gündogan
16.11.2021 | 23:55 Uhr
Didi Hamann hat seinen DFB-Kader für die WM 2022 in Katar zusammengestellt, wenn heute Stichtag für die Nominierung wäre. Der ehemalige Nationalspieler würde auf einige namhafte Spieler verzichten und erklärt gegenüber Sky seine Entscheidungen.
Auf den ersten Blick fällt auf: Didi Hamann würde nach heutigem Stand keinen einzigen Profi von Borussia Dortmund für die WM 2022 in Katar nominieren - auch nicht Marco Reus. Den Sky Experten stört nach wie vor dessen kontrovers diskutierte EM-Absage im vergangenen Sommer.
"Er hat in den sechs Monaten davor mit den besten Fußball seiner Karriere gespielt. Er wäre zur EM eingeladen worden und ich glaube auch, dass wir ihn gut hätten gebrauchen können", blickt Hamann in der Spezial-Sendung "Projekt Weltmeister - Road to Qatar" zurück, ehe er deutlich wird: "Aus meiner Sicht: Wenn du aus freien Stücken ein großes Turnier sausen lässt, dann ist deine Karriere als Nationalspieler beendet."
Diese Ansicht scheint Hansi Flick nicht zu teilen. Der Bundestrainer lud den 32-Jährigen bisher zu jedem Länderspiel ein. Und obwohl Reus sportlich mit jeweils zwei Toren und Vorlagen in vier Partien zu überzeugen wusste, sieht Hamann in der Personalie "nach wie vor großes Konfliktpotenzial. Wenn du sieben Spiele in Folge gewinnst, gibt es keine Diskussionen, aber das kann sich schnell drehen". Und dann könnte Reus dessen EM-Absage zum Verhängnis werden.
"Ich könnte mir vorstellen, dass vor allem die Bayern-Fraktion sagt: 'Im letzten Jahr sagt er ab, weil er sich körperlich nicht in Verfassung zeigt. Wie soll er denn im nächsten Jahr in der Lage sein, ein Turnier zu spielen, wenn er es schon letzten Sommer nicht konnte?'", so Hamann, der überhaupt kein Problem damit haben würde, wenn Reus kurz vor WM-Start nominiert werden würde.
"Wenn er jetzt überragende zwölf Monate spielt und dann mit nach Katar fliegt, wäre das völlig okay. Dann trifft man eine kurzfristige Entscheidung", findet er, "aber ihn jetzt schon immer einzuladen, passt für mich nicht."
Reus ist nicht der einzige prominente Name, der in Hamanns WM-Aufgebot fehlt. Auch auf den derzeit verletzten EM-Shootingstar Robin Gosens würde der Sky Experte verzichten. "Er hat das toll gemacht, aber seine defensiven Defizite hat man auch bei der EM gesehen", sagt Hamann und ergänzt: "Ich will Verteidiger haben, die erstmal verteidigen." Daher würde er auch auf den Gladbacher Jonas Hofmann verzichten, der unter Flick zum Rechtsverteidiger umgeschult wurde.
"Er hat das zuletzt wunderbar gemacht und ist ein Härtefall, die es immer gibt", sagt Hamann, der bei Hofmann vor allem ein großes Fragezeichen sieht: "Kann er das auch in Partien gegen größere Kaliber wie Frankreich so spielen?" Zweifel hegen den Vize-Weltmeister von 2002 auch bei Mats Hummels. Der Dortmunder hat in dieser Saison häufig mit Knieproblemen zu kämpfen.
"Es gibt ja auch in Dortmund immer wieder die Diskussion über sein Tempo. Bei der WM hast du sieben Spiele innerhalb kürzester Zeit und bei einem möglichen Halbfinale oder Finale wäre er 34 Jahre alt - und schneller wird er nicht", sagt Hamann, für den eine Nicht-Nominierung des Weltmeisters von 2014 alles andere als eine einfache Entscheidung wäre, aber: "Ihn mitzunehmen macht nur Sinn, wenn er spielt. Und Rüdiger und Süle machen das derzeit hervorragend."
Mit Ilkay Gündogan würde Hamann einen weiteren hochdekorierten Spieler zuhause lassen. "Gündogan ist ein herausragender Vereinsspieler, aber nur ein durchschnittlicher Nationalspieler", begründet Hamann seine Entscheidung und sieht vor allem ein Problem: "Ich wüsste nicht, wo und mit wem er spielen sollte."
Bei Manchester City spiele der 31-Jährige in einer Mannschaft, die unheimlich dominant agiere und in den meisten Spielen 75 bis 80 Prozent Ballbesitz habe. Ins System von Star-Coach Pep Guardiola passe er mit seinen Qualitäten als Ballbesitzspieler daher auch wie kein Zweiter. In der Nationalmannschaft sieht es nach Ansicht von Hamann dagegen anders aus.
Flick präferiert derzeit ein System mit zwei Zentrumsspielern, die im Normalfall Joshua Kimmich und Leon Goretzka heißen. Sollte Kimmich mal ausfallen, würde Hamann Goretzka etwas zurückziehen, aber an dessen Stelle nicht Gündogan einsetzen.
"Daneben brauchst du einen Spieler, der Dynamik hat. Und die besitzt Gündogan nicht", urteilt Hamann. Er würde die jüngeren Spieler bevorzugen. "Wir haben einen Wirtz, Musiala oder Neuhaus, die jetzt spielen müssen." Dass in Spielen wie beim 4:1 gegen Armenien auch ein Zentrum bestehend aus Gündogan und Neuhaus funktionieren kann, erklärt Hamann folgendermaßen.
"Die letzten Partien waren für Deutschland wie für Manchester City in der Premier League, weil sie dort 80 Prozent Ballbesitz hatten. Dass Gündogan dann ein herausragender Spieler ist, steht außer Frage. Aber er hatte kaum defensive Aufgaben in diesen Spielen."
Schaffen es Gündogan, Reus oder Hummels dafür in das Aufgebot von Sky Experte Lothar Matthäus? Am Dienstag, 16. November, zeigen wir euch, wie der deutsche Rekordnationalspieler den DFB-Kader für die WM 2022 zusammenstellen würde.
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